EZ/OZ: 1230/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 27.04.2012, 09:08:43
Landtagsabgeordnete(r): Georg Mayer (FPÖ), Hannes Amesbauer (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Hermann Schützenhöfer, Franz Voves
Betreff:
Zwangsfusionen steirischer Bezirke
Bereits anlässlich der Erlassung des Steiermärkischen Bezirksbehörden - Reorganisationsgesetzes am 18.10.2011 wurde von uns ausgeführt, welche Bedeutung den Bezirkshauptmannschaften in der österreichischen Verwaltungsstruktur zukommt. Daraus ergibt sich, dass die Bezirkshauptmannschaften diejenigen behördlichen Stellen sind, die jetzt schon gesetzlich fast alle Arten von behördlichen Aufgaben wahrnehmen können.
Auch im Sinne einer stärkeren Bürgernähe wäre es daher angebracht, Kompetenzzentren in den Bezirken einzurichten. Dort könnten neben den bisherigen Aufgaben auch behördliche Agenden der Abteilungen der Landesregierung wahrgenommen werden. Die Bürgermeister und Gemeinderäte als gewählte Behörden könnten von vielen behördlichen Aufgaben, welche eine hohe fachliche Kompetenz und langjährige Erfahrung erfordern, entlastet werden. Durch die Stärkung der Bezirkshauptmannschaften und Baubezirksleitungen würden die Regionen aufgewertet.
Das Steiermärkische Bezirksbehörden-Reorganisationsgesetz 2012 aber regelt lediglich einen Ausschnitt der Behördenstruktur.
Wie wenig akkordiert dieser Gesetzesentwurf war, zeigen schon die im Begutachtungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen. Seitens der Fachabteilung 1A etwa wird angemerkt, "dass weder im Vorblatt noch in den Erläuterungen der Umstellungsaufwand der BH-Zusammenlegung auch nur annähernd beziffert wird. Es erfolgen zudem keine Einschätzungen hinsichtlich der zu erwartenden Effizienzgewinne. Darüber hinaus fehlt eine nähere Darlegung, was mit den "relativen Kosten" einer Bezirkshauptmannschaft gemeint ist bzw. wie solche errechnet werden".
In dieselbe Kerbe schlägt der Bundesrechnungshof, wenn er darauf hinweist, "dass mit diesen Ausführungen in den Erläuterungen weder die bisherigen Vollzugskosten noch die durch die Zusammenlegung zu erwartenden Kosten bzw. der angesprochene Einsparungseffekt näher beziffert und nachvollziehbar dargestellt werden". Der Rechnungshof führt auch an, was seitens der Expertengruppe "Verwaltungsreform" angemerkt und im vorliegenden Entwurf auch nicht berücksichtigt wurde: "Der Grundsatz, dass die Bezirksverwaltungsbehörden als umfassend zuständige erstinstanzliche Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung fungieren würden, sei nicht durchgehend verwirklicht. Teilweise würden auf Landesebene Einrichtungen des Bundes (z.B. Bundessozialämter, Arbeitsinspektorate, Bundesdenkmalamt, Wildbach- und Lawinenverbauung) tätig, deren Aufgaben allenfalls auch von den Bezirksverwaltungsbehörden, bestehenden Landeseinrichtungen oder alternativen 0rganisationsformen (z.B. Kompetenzzentren der Ämter der Landesregierung oder den im Aufbau befindlichen Stadtregionen) besorgt werden könnten". Weiters werde "die Einrichtung von One-Stop-Shops bei den Bezirkshauptmannschaften bzw. bei den Gemeinden insbesondere im Sozial-, Pflege- und Familienförderungsbereich immer wieder gefordert, aber bisher nicht ausreichend umgesetzt".
Die Wirtschaftskammer Steiermark schließlich hält fest, "dass die Optimierung der Organisationen nicht zu Lasten der Regionen erfolgen darf und schlägt daher vor, diverse Agenden des Landes den Bezirkshauptmannschaften zu übertragen und diese damit zu stärken. Mit der Übertragung von zusätzlichen Aufgaben sollen die Bezirkshauptmannschaften noch mehr als ‚One-Stop-Shops‘ für Unternehmer und Bürger etabliert werden."
Seitens der Landespersonalvertretung erging unter anderem folgende Äußerung: "Rein organisatorische Maßnahmen, ohne Hinterfragung und Reform der Aufgaben in einem grundlegenden ersten Schritt, können den Ansprüchen an eine echte Verwaltungsreform aber wohl nicht genügen, vor allem dann, wenn die Aufgabenpalette einer Dispositionsmöglichkeit, und der Vollzug in den Bezirksverwaltungsbehörden erfolgt großteils in mittelbarer Bundesverwaltung, überwiegend entzogen ist. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass Aspekte, die von der Gewichtung des ländlichen Raumes über die Frage der regionalen Identität bis hin zu den Konsequenzen betreffend die Qualität des Wirtschaftsstandortes reichen, unreflektiert bleiben, auch wenn diese als Vor- und Grundsatzfragen auf anderer Ebene zu diskutieren wären. Nicht zuletzt angesichts dessen, und diese allgemeine Vorbemerkung sei abschließend auch gestattet, erwecken derartige Maßnahmen den Eindruck einer Beseitigung funktionierender Strukturen zugunsten einer gewissen Symbolik, ebenso erscheinen behauptete Einspareffekte (auch angesichts unkonkretisierter) Kostenfolgen zumindest hinterfragenswert."
Die Wichtigkeit des Vorhabens einer Behördenreorganisation bzw. einer Verwaltungsreform in der Steiermark wird durch diese Stellungnahmen noch hervorgehoben und steht grundsätzlich außer Frage. Der Eingriff in die Behördenstruktur des Landes aber ist ein Schritt, der dem Gesetzgeber vorbehalten sein muss.
Der Landtag hat dennoch seine Gesetzgebungskompetenz aus der Hand gegeben und die Landesregierung allein ermächtigen, betreffend aktueller und zukünftiger Änderung(en) von Anzahl, Sitz und Bezeichnung seiner wichtigsten Behörden, der Bezirkshauptmannschaften, zu schalten und zu walten. Nunmehr haben die Spitzen der Landesregierung ohne Information der Bevölkerung und ohne Information der betroffenen Landtagsabgeordneten, der betroffenen Bürgermeister und Gemeindefunktionäre und ohne Rücksicht auf die geografischen, wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Gegebenheiten ihre Entscheidung kundgetan, Bezirke zusammenzulegen und ihnen neue Namen zu geben. Entgegen der Behauptung des Landeshauptmannes, alle betroffenen Landtagsabgeordneten und Bürgermeister seien einbezogen und vorinformiert worden, brach ein Sturm der Entrüstung, auch seitens der angeblich Vorinformierten, los. Mittlerweile musste der neue Name der Bezirke Feldbach und Radkersburg, nämlich "Vulkanland", wieder revidiert werden. Die ebenso unbedachten und großteils unsinnigen Bezirkszusammenlegungen harren aber noch ihrer Umsetzung durch die Landesregierung trotz entgegen stehender eistimmiger Gemeinderatsbeschlüsse dreier Gemeinden und einer bevorstehenden Volksbefragung aufgrund der Unterschriften von 1/4 der Gemeindebürger in einer weiteren Gemeinde. Die Landtagsabgeordneten als Gesetzgeber sind nun zu Zuschauern bei der bedeutendsten Verwaltungsreform seit langer Zeit geworden. Ohne Beteiligung der betroffenen Bürger darf es zu keinen derartigen "Reformschritten" kommen. Die Landesregierung hat die Gründe für ihr Handeln diesbezüglich schlüssig und nachvollziehbar darzulegen und die bereits bekannten Wünsche der Bevölkerung und ihrer Gemeindevertreter in diese Entscheidungen mit einzubeziehen. Letztlich ist in Volksbefragungen der Wille der Bevölkerung bezüglich der neuen Bezirksstruktur zu erfragen und den Entscheidungen zugrunde zu legen. Bei der nunmehr angekündigten Bezirksstrukturreform sind Gründe, Ziele und die sich daraus ergebenden Reformeffekte offenbar völlig außer Betracht geblieben. Bei der Änderung der Bezirksstruktur handelt es sich um eine Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung. Bereits das Begutachtungsverfahren zum Behördenreorganisationsgesetz hat ergeben, dass weder konkrete Reformziele bestehen noch sonst positive Effekte dargelegt wurden. Mangels objektiv nachvollziehbarer Kriterien aber würde es sich bei der nun ergehenden Verordnung um einen verwaltungsbehördlichen Willkürakt der Steiermärkischen Landesregierung handeln. Die entsprechende Verordnung der Landesregierung wäre rechtswidrig und dem entsprechend wieder aufzuheben wie jeder andere rechtswidrige Verwaltungsakt.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Steiermärkische Landesregierung hat bei der Entscheidungsfindung über künftige neue Bezirksstrukturen schlüssig und nachvollziehbar die Gründe, Ziele und die sich daraus ergebenden Reformeffekte darzulegen. Dazu sind mehrere alternative Konzepte zu prüfen und der betroffenen Bevölkerung zur Entscheidung vorzulegen.
Unterschrift(en):
Georg Mayer (FPÖ), Hannes Amesbauer (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ)