LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ 1640/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Landwirtschaft

Betreff:
Hagelabwehr


zu:


  • 1640/1, Hagelabwehr (Selbstständiger Antrag)


Der Ausschuss "Landwirtschaft" hat in seinen Sitzungen vom 15.01.2013 und 09.04.2013 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.


Mit Beschluss des Ausschusses für Landwirtschaft vom 19.12.2012 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Antrag, Einl.Zahl 1640/1, abzugeben.

Aufgrund dieses Beschlusses erstattete die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:

Hagelabwehr mit Flugzeugen wird neben einigen Regionen in Deutschland (Rosenheim und Stuttgart) und in Österreich (Wachau/Krems und Steiermark) in Spanien und Griechenland und vor allem in den USA, Kanada und Argentinien betrieben.

Mit Unterstützung der Steiermärkischen Landesregierung, der Steiermärkischen Landwirtschaftskammer und des Bundesministeriums für Landwirtschaft wurde am 23. März 1955 die Steirische Hagelabwehrgenossenschaft gegründet.

Seit 1955 wird die operative Hagelabwehr durch Freisetzen von Silberjodid mittels Verbrennen einer Acetonlösung durchgeführt. Ab 1987 wurde die Hagelabwehr von der Verwendung von Raketen auf den Flugzeugbetrieb umgestellt. In den vergangenen Jahren wurde durch die richtige Form der Flugzeuggeneratoren und einer computergesteuerten Verbrennung der Silberjodid-Aceton-Lösung eine Optimierung der Verbrennung dieser Lösung erreicht.

In den ersten Jahren der Hagelabwehr wurde im Landwirtschaftsministerium eine "Kommission zum Studium der Hagelabwehr" eingerichtet. Im Jahr 1978 wurde auf Landesebene das "Gremium zur Beratung von Abwehrmaßnahmen gegen Hagel" ins Leben gerufen.

Im Jahre 1981 beauftragte dieses Gremium die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik unter Leitung von Herrn Dr. Otto Svabik eine wissenschaftliche Grundierung auszuarbeiten.

Mit Beschluss vom 18. 12. 2006 hat die Steiermärkische Landesregierung die Einrichtung einer Plattform "Hagelabwehr" mit dem Ziel genehmigt, durch koordinierende Maßnahmen die bei unterschiedlichen Institutionen bestehenden Ressourcen gemeinsam zu nutzen und durch die Verwendung wissenschaftlich optimierter, technischer Produkte sowie durch eine Informationsoffensive die Wirksamkeit  der Hagelabwehr deutlich zu verbessern und zu einer flächendeckenden Einrichtung zu entwickeln.

Entscheidender Bestandteil des Projektes war von Anfang an die wissenschaftliche Begleitung, die erstmalig eine lückenlose Dokumentation aller Hagelabwehraktivitäten und damit unter bestimmten Voraussetzungen ihre Effizienzauswertung ermöglicht.
In einer Reihe von Koordinierungsgesprächen haben die Mitglieder der Plattform "Hagelabwehr" und zwar
               die Steirische Hagelabwehrgenossenschaft
               die Südflug GmbH
               die hail air
               die Technische Universität Graz
               die Joanneum Research - Institut für angewandte Systemtechnik
               Hagelabwehrversicherung
               Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft
               Gemeinde- und Städtebund
               die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und die
               Fachabteilung Katastrophenschutz und Landesverteidigung
               (seinerzeit FA7B)
übereinstimmend ein Konzept zur Umsetzung der Aufgaben der Plattform erarbeitet.

Die technisch-wissenschaftliche Begleitung der TU Graz, Institut für Hochfrequenztechnik, umfasst als Projektziel die Ausstattung der Hagelabwehrflugzeuge mit einheitlichen GPS-Wegdatenerfassungen und mobilen Wetterradar-Terminals, die Netzanbindung des Wetterradars auf der Reicherhöhe, die Definition und Einrichtung eines gesamten Hageldatenarchives, Hagelprognose mit Verifikation und eine laufende Datenanalyse.

In den Folgejahren war die Plattform bemüht, die Effizienz der Hagelabwehr durch die Implementierung der neuen Technik zu erhöhen.

Die Steiermärkische Landesregierung hat ab 2007 bis 2012 Förderungen für die Steirische Plattform Hagelabwehr und die damit verbundene technisch-wissenschaftliche Begleitung in Höhe von insgesamt € 487.977,81 genehmigt.

Im Juni 2012 wurden über dringenden Wunsch von Weinbauern der Süd- und Weststeiermark die strategische Zielvorstellungen im Bereich der gesamten Plattform weiter entwickelt. Ziel der neuen Strategie war es, eine gemeinsame Vorgangsweise der drei Organisationen der Hagelabwehr (Steirische Hagelabwehrgenossenschaft, Südflug und Hailair) in der Form sicherzustellen, dass durch einheitliche Verträge, einheitliche Preise, durch eine koordinierte Alarmierung und Einsatzführung und einer einheitlichen gemeinsamen Dokumentation ein neues Koordinierungselement eingezogen wurde.

Diese neuen Zielvorstellungen wurden in 4 Regionalkonferenzen den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern präsentiert und damit die Grundlage für einen Entwicklungsschub auf dem Gebiet der Hagelabwehr geschaffen.

Als Grundlage für die Arbeit der Plattform wurden auch wissenschaftliche Berichte und Untersuchungen herangezogen.

So hat eine meteorologisch wissenschaftliche Untersuchung von Herrn Dr. Otto Svabik über 20 Jahre Hagelabwehr in der Steiermark ergeben, dass die Anzahl der Hageltage von durchschnittlich jährlich 16 Tage auf rund 12 Tage pro Jahr abgenommen hat. Bei der Anzahl der durchschnittlich von Hagel betroffenen Hageltestplattenstationen (181 Stationen auf 730 km2) ergab eine Abnahme von 8,5 auf 4,0. Da eine Hageltestplattenstation eine Fläche von 4 km² repräsentiert, bedeutet dies, dass die bei einem Hagelereignis durchschnittlich verhagelte Fläche von 34 auf 16 km² abgenommen hat und somit nur mehr halb so groß war. Weiters änderten sich die Hagelkornspektren, sodass festgestellt werden konnte, dass die Anzahl der kleineren Hagelkörner ansteigt und die Anzahl der größeren Hagelkörner zurückgeht.
Auf Basis der wissenschaftlichen Untersuchungen von Dr. Otto Svabik wurde das Hageltestprojekt fortgesetzt. Im Rahmen der Plattform führt nunmehr die TU Graz, Institut für Hochfrequenztechnik, Arbeitsgruppe Radartechnik und Mikrowellenausbreitung ein umfangreiches wissenschaftliches Projekt durch. Somit werden Untersuchungen zur Bestätigung der Wirksamkeit der Hagelabwehr laufend fortgesetzt.

Zur Frage der Umweltverträglichkeit teilte das Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz über Anfrage der Steirischen Hagelabwehrgenossenschaft am 7. Juli 1983 mit, dass die Ausbringung von Silberjodid eingehend geprüft wurde und nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft gegen den Einsatz von Silberjodid zur Hagelabwehr in Form einer 2%igen Lösung kein Einwand besteht.

Die Südflug Ges.m.b.H. ließ im September 2012 nach einem Einsatz eine Staubprobe auf den Gehalt von Silber untersuchen. Nach den Analysebericht des Institutes für Analytische Chemie und Lebensmittelchemie der TU Graz vom 15. September 2012 enthielt die Probe weniger als 30 µg/kg Ag.

Eine Berechnung von Herrn Dipl.-Ing. Armin Bollinger vom Hagelabwehrverband Ostschweiz betreffend die Umweltbelastung durch die Einbringung von Silberjodid ergab, dass "bei 1.000 explodierenden Raketen pro Jahr mit je 15 g Silberjodid (6,9 g Silber und 8,1g Jod) auf rund 700 km² verteilt, einer Bodenbelastung von 0,01 mg/m² entspricht". Als Resume wurde bei der internationalen Fachtagung der Hagelabwehr in Fellbach bei Stuttgart am 3. und 4. April 2012 festgehalten, dass "die Umwelt durch das Impfen von Wolken durch Silberjodid so belastet wird, wie ein Cafe, den man mit einem Silberlöffel umdreht".

Auch der Landtag von Baden-Württemberg hat sich in seiner Sitzung vom 20. 4. 2010 mit der wissenschaftlichen Begleitung von Einsätzen von sogenannten "Hagelflieger" befasst. Die Fragestellung konzentrierte sich auf die langfristige Schädlichkeit von Silberjodid und auf die längerfristigen Auswirkungen auf das Wettergeschehen.

Die Stellungnahme des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz zum Antrag des Abg. Siegfried Lehmann u.a. GRÜNE vom 12.Mai 2010 brachte folgendes Ergebnis (auszugsweise):

"Bereits seit 1980 wird im Großraum Stuttgart aktive Hagelabwehr durch das Einbringen von Silberjodid in Gewitterwolken von Flugzeugen aus betrieben. Durch das Einbringen einer großen Anzahl von zusätzlichen Kristallisationskeimen in Gewitterwolken entsteht eine Konkurrenzsituation um das im Aufwind verfügbare Wolkenwasser. Dadurch bilden sich mehr, aber vom Durchmesser her kleinere Hagelkörner, die dann bis zum Auftreffen am Boden weitgehend wieder geschmolzen oder zumindest so klein sind, dass sie keine nennenswerten Schäden mehr verursachen können.

Wissenschaftlich begleitet und meteorologisch betreut wurde die Maßnahme im Raum Stuttgart von 1980 bis 1999 vom Meteorologischen Institut der Universität Hohenheim. Danach vom meteorologischen Beratungs- und Überwachungsbüro Radar-Info-Südwest-Wetter. Aktuell wissenschaftlich begleitet wird die Hagelabwehr in der Region Stuttgart vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung Karlsruhe".

Auf Grund der bereits vorliegenden Untersuchungen, insbesondere des Umweltbundesamtes Rems-Murr-Kreis von 1996 wurde festgehalten, dass das gemessene Silber im Niederschlag unterhalb der Bestimmungsgrenze liegt und deswegen für Mensch und Umwelt unproblematisch ist.

Auf Grund der angeführten Studien betreffend die Effizienz der Hagelabwehr und der Umweltverträglichkeit von Silberjodid sollte nach Auffassung der Fachabteilung für Katastrophenschutz und Landesverteidigung die "Steirische Plattform Hagelabwehr" ihre Tätigkeit weiter fortsetzen. Auf der Basis der bei der TU Graz eingerichteten Datenbank wird - wie zuvor ausgeführt - das Ziel verfolgt, die Effizienz der Hagelabwehr nachzuweisen. Diese soll nach einem 10-jährigen Beobachtungszeitraum in Form einer Gesamtevaluierung belegt werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft zum Antrag, Einl.Zahl 1640/1, der Abgeordneten Ing.in Jungwirth, Lechner-Sonnek und Schönleitner, betreffend Hagelabwehr, wird zur Kenntnis genommen.