LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1885/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 18.04.2013, 17:14:13


Landtagsabgeordnete(r): Detlef Gruber (SPÖ), Erwin Dirnberger (ÖVP), Walter Kröpfl (SPÖ), Christopher Drexler (ÖVP)
Fraktion(en): SPÖ, ÖVP
Zuständiger Ausschuss: Gemeinden
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Außerkrafttreten des Grundsteuerbefreiungsgesetzes

  
Auf Basis der Überlegungen des Österreichischen Städtebundes und der diesbezüglichen Beratungen des Unterausschusses "Forderungen an die Bundesregierung", in dem sich auch die Bezug habende Petition EZ 515/1 befindet, wurde der folgende Gesetzesbeschluss erarbeitet.

Die Grundsteuerbefreiung im Bereich der Wohnraumschaffung

Im Folgenden wird das Ergebnis einer vom KDZ erarbeiteten Studie kurz gefasst vorgestellt. Es geht dabei um die landesgesetzlich geregelten Grundsteuerbefreiungen im Zusammenhang mit der Schaffung von Wohnraum\; sie werden hinsichtlich der zentralen gesetzlichen Bestimmungen mit Stand 31. Dezember 2001 sowie bezüglich ihrer finanzwirtschaftlichen Effekte analysiert.

Grob geschätzt entsteht der Gesamtheit der österreichischen Gemeinden derzeit ein jährlicher Entgang an Grundsteuer B von etwa 50 bis 55 Mio. Euro, das sind rund 10% des derzeitigen Grundsteueraufkommens. Aus heutiger Sicht sind diese Grundsteuerbefreiungen problematisch. Ihre Berechtigung bzw. ihr Umfang sollte geprüft werden.


Die landesgesetzlichen Bestimmungen im Überblick

Die bundesgesetzlich geregelte Grundsteuer (BGBl. Nr. 149/1955 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2001) enthält einzelne Befreiungsbestimmungen (z. B. für die diplomatischen Vertretungen), die hier nicht betrachtet werden. Zusätzlich gibt es landesgesetzliche Regelungen, mit denen zeitlich beschränkte und meist im Zusammenhang mit der Schaffung von Wohnraum stehende und nur für eine begünstigte Fläche gewährte Grundsteuerbefreiungen geschaffen werden. Unter den hier betrachteten Grundsteuerbefreiungen versteht man, dass für jene Fläche eines Grundstückes, die als begünstigt angesehen wird, keine Grundsteuer zu entrichten ist. Bei der begünstigten Fläche handelt es sich meist um Wohnraum, der durch die vorgenommene Bautätigkeit neu geschaffen wurde. Für die verbleibende Fläche ist weiterhin Grundsteuer zu entrichten.  Die Grundsteuerbefreiung ist in den jeweiligen Landesgesetzen recht ähnlich geregelt. Mit Ausnahme der Regelungen im Burgenland (15 Jahre) und in Salzburg (12 Jahre) darf die Befreiung maximal für 20 Jahre gewährt werden.

Die Befreiung wird mit Ausnahme der Bundesländer Salzburg und Steiermark dann gewährt, wenn Wohnbauförderung bezogen wird. Selbst wenn Wohnbauförderung nicht bezogen wird, kann in den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien eine Befreiung geltend gemacht werden, falls die Wohnfläche eine gewisse Quadratmeteranzahl nicht überschreitet (150 oder 130 m2). In der Steiermark existiert lediglich die Bedingung, dass die Wohnfläche nicht kleiner als 30 und nicht größer als 150 m2 sein darf. In Salzburg kann faktisch für die gesamte Wohnfläche eine Grundsteuerbefreiung geltend gemacht werden.
 
Gegenstand der Befreiung sind in den Bundesländern alle Neu-, Um-, Zu- und Aufbauten, falls dadurch neuer Wohnraum geschaffen wird. Der Anspruch auf Gewährung einer Grundsteuerbefreiung besteht in manchen Bundesländern auch dann, wenn die Fläche des Wohnobjektes eine gewisse Nutzfläche nicht überschreitet, wie in Oberösterreich, in der Steiermark, in Tirol und in Wien. Dadurch erhöht sich faktisch der Bezieherkreis um die davon betroffenen Haushalte. In Vorarlberg muss Wohnbauförderung bezogen werden und die Nutzfläche des Wohnobjektes darf 130 m2 nicht übersteigen.

In den Bundesländern Salzburg, Steiermark und Tirol ist die Grundsteuerbefreiung nicht nur auf Wohnobjekte beschränkt, es können auch gewerbliche Objekte von der Grundsteuer unter Erfüllung gewisser Voraussetzungen befreit werden. In der Steiermark und in Tirol erstreckt sich diese Befreiung u. a. auf die Errichtung von Geschäftsräumen in (oder im Zusammenhang mit) geförderten Bauten. Hingegen existieren im Bundesland Salzburg eigene Bestimmungen zur Befreiung für gewerbliche Flächen (z. B. die Gewerbefläche darf 120 m2 nicht übersteigen).

Als abschließende Anspruchsvoraussetzung ist in den meisten Landesgesetzen festgeschrieben, dass die Grundsteuerbefreiung nur unter der Bedingung der ganzjährigen Nutzung zu gewähren ist. In den Grundsteuerbefreiungsgesetzen von Kärnten und Oberösterreich sind Ferienwohnungen und Wochenendhäuser explizit von der Befreiung ausgenommen.

Insgesamt zeigt sich hier, dass die Grundsteuergesetze große Ähnlichkeiten aufweisen. Wesentliche Unterschiede, die sich in höheren oder niedrigeren Grundsteuerentgängen der Gemeinden niederschlagen, betreffen die Dauer der Befreiung sowie die Voraussetzungen, die notwendig sind, um in den Genuss einer Grundsteuerbefreiung zu kommen.
 

Finanzwirtschaftliche Effekte der landesgesetzlich geregelten Grundsteuerbefreiungen
 
Für die Gemeinden sind insbesondere zwei Fragen im Zusammenhang mit der Grundsteuerbefreiung bedeutsam:

  • Welche Grundsteuereinnahmen entgehen den Gemeinden insgesamt bzw. im Einzelfall?
  • Welche Veränderungen können in der nächsten Zeit durch demografische und wirtschaftliche Trends bzw. Rahmenbedingungen erwartet werden?

Die Entgänge an Grundsteuer hängen in hohem Grad von der Wohnbautätigkeit ab. In den Jahren 1981 bis 1990 betrug die durchschnittliche Zahl der jährlich fertig gestellten Wohnobjekte gemäß Statistik Austria 40.758 bei einer Schwankungsbreite zwischen 36.000 und 51.000 Wohnungen p. a.\; im Jahrzehnt zwischen 1991 und 2000 wurden durchschnittlich mehr Wohnungen fertig gestellt - nämlich jährlich rund 51.400 bei einer Schwankungsbreite zwischen 40.000 und 60.000. Geht man von einer jährlichen Grundsteuerbefreiung von rund 45 Euro pro Wohnung und von den fertiggestellten Wohnungen in Österreich unter Berücksichtigung des meist notwendigen Bezuges zur Wohnbauförderung sowie von Umbauten und von Bauten für gewerbliche Zwecke aus, kann ein gesamter Entgang an Grundsteuer B kumuliert über die letzten 20 Jahre von etwa 50 bis 55 Mio. Euro angenommen werden. Dies entspricht 11 bis 13 Prozent der gesamten Einnahmen aus der Grundsteuer B. Neben den in längeren Zyklen schwankenden Wohnbauleistungen sind auch andere gesamtwirtschaftliche Entwicklungen sowie die generellen demographischen Trends zu berücksichtigen.

Im Allgemeinen zeigt sich, dass im Jahr 2001 überdurchschnittlich viele Befreiungen ausgelaufen sind, während eine gegenüber den Jahren 1996 bis 1999 deutlich geringere Anzahl an neu gestellten Anträgen hinzukommen ist. Dies bedeutet, dass in den nächsten Jahren die Entgänge aus der Grundsteuerbefreiung insgesamt sinken werden. Die allgemeine demographische Entwicklung zeigt, dass die Gemeinden in den westlichen Bundesländern stärkere Bevölkerungszuwächse im Vergleich zu jenen im Osten aufweisen. Die Umlandgemeinden der größeren Städte verzeichnen einen Bevölkerungszuzug, während gleichzeitig die EinwohnerInnenzahlen der Landeshauptstädte stagnieren bzw. sogar rückläufig sind. Auch auf die unterschiedlichen Grundstückspreise und die der Grundsteuerberechnung zugrunde gelegten Einheitswerte zwischen Städten und Landgemeinden ist hinzuweisen.

Daneben existiert noch eine Vielzahl anderer spezifischer Umstände. So gibt es Gemeinden, die zwar ebenfalls von Bevölkerungseinbußen betroffen sind, wobei aber die Hauptursache mit dem wirtschaftlichen Wandel begründet werden kann. Als Beispiele können die Städte Leoben, Mürzzuschlag und Eisenerz genannt werden, die in früherer Zeit von der Stahlerzeugung und dem Eisenerzabbau gut gelebt haben und heute noch unter den daraus resultierenden Strukturanpassungsproblemen leiden.

Die jeweiligen wirtschaftlichen und demographischen Entwicklungen spiegeln sich insgesamt in sehr unterschiedlichen Einnahmensentgängen aus den Grundsteuerbefreiungen wider. Jene Gemeinden, die einen starken Zuzug aufweisen, sind damit konfrontiert, dass zum einen die Bodenpreise steigen und dass zum anderen insgesamt mehr Befreiungen gewährt werden als auslaufen. Bei solchen Gemeinden wird das Verhältnis Höhe der gewährten Grundsteuerbefreiung zur tatsächlich eingehobenen Grundsteuer besonders hoch sein. Eine Abwanderung führt hingegen dazu, dass neben geringeren Grundstückspreisen auch die Grundsteuerbefreiung an Bedeutung verliert, weil kaum neue Anträge hinzukommen, während alte Befreiungen auslaufen. Damit werden die verringerten Einkünfte aufgrund der Grundsteuerbefreiung für "schrumpfende" Gemeinden nicht so bedeutend sein. Die Frage nach der Höhe der Entgänge an Grundsteuer kann hier nicht  beantwortet werden.

Leider ist in vielen Gemeinden das Ausmaß der Grundsteuerbefreiungen nicht bekannt. Es werden keine Statistiken darüber geführt. Als Maßstab, wie hoch der Entgang an Grundsteuer durch die Grundsteuerbefreiung ist, wurde das Verhältnis Entgang an Grundsteuer durch tatsächlich gezahlte Grundsteuer herangezogen. Die Höhe der Grundsteuerentgänge ist aber auch von den landesgesetzlichen Bestimmungen, von den Grundstückspreisen bzw. den Einheitswerten, von der Einkommenslage der neuen BewohnerInnen (Größe der Wohnung bzw. der Häuser, weiters ob um Grundsteuerbefreiung angesucht wird oder nicht) u. a. m. abhängig.

 
Kritik an der landesgesetzlichen Grundsteuerbefreiung
 
Finanzpolitisch ist die Grundsteuerbefreiung auf Grund der landesgesetzlichen Regelungen bisher kaum ein Streitpunkt gewesen. Es sollte jedoch die Zweckmäßigkeit dieser Grundsteuerbefreiungen für die nächste Zukunft überprüft werden.
   
Folgende Argumente könnten für das Beibehalten der Befreiungen sprechen:
  • Nach wie vor wäre die Förderung des Wohnbaues bzw. die Schaffung zusätzlicher Wohnfläche ein sozialpolitisches Anliegen.
  • In einigen Bundesländern und/oder Regionen wäre mit den Grundsteuerbefreiungen auch eine gewisse wirtschaftspolitisch erwünschte Gewerbeförderung gegeben.
   

Gegen das Beibehalten der Befreiungen sprechen nachfolgende Überlegungen:
  • Angesichts der anachronistisch niedrigen Grundsteuerlast werden auch die zeitlich befristeten Grundsteuerbefreiungen für die Mehrzahl der Haushalte tendenziell bedeutungslos (jedenfalls im Verhältnis zu den Baukosten bzw. den jährlichen Betriebskosten). So wurde etwa errechnet, dass die jährlichen Ersparnisse in der Stadt Salzburg pro Wohnung lediglich bei 60 Euro liegen.
  • Die überwiegende Koppelung der Grundsteuerbefreiungen an die Wohnbauförderung mit meist großzügigen Einkommensobergrenzen lässt eine klare sozialpolitische Zielsetzung vermissen.
  • Die teilweise sehr beachtliche Höhe der Grundsteuerentgänge in den Stadtrandgemeinden bildet auch ein Beispiel für heute wenig erwünschte Effekte steuerlicher Gesetzgebungen, da ja die Lasten für die Gemeinden aus dem Zuzug an Bevölkerung (u. a. Schaffung neuer Infrastruktur) sehr hoch sind.
  • Die Transaktionskosten der Förderungen in Zusammenhang mit der Grundsteuerbefreiung sind auf jeden Fall beachtlich\; die Finanzverwaltungen der Gemeinden werden damit belastet.

Die Studienverfasser gelangen damit zur Ansicht, dass große Zweifel bestehen, ob die Grundsteuerbefreiungen die seinerzeitigen wohnbau- und sozialpolitischen Ziele noch erfüllen und dass angesichts der immer stärkeren Aushöhlung der eigenen Steuerbasis der Gemeinden die Grundsteuerbefreiungen zu unerwünschten Einnahmensausfällen für viele Jahre führen. Auch aus Gründen der Verwaltungseffizienz könnte das Abgehen von den Grundsteuerbefreiungen erwogen werden.
 
"Vorreiter" in Bezug auf die Abschaffung der Grundsteuerbefreiung sind zwei Bundesländer: Das Land Niederösterreich hat mit einer am 1.1.2011 in Kraft getretenen Novelle des NÖ WohnbauförderungsG 2005 sämtliche Grundsteuerbefreiungen außer Kraft gesetzt. Das Land Oberösterreich hat bereits mit dem am 1. Juli 1995 in Kraft getretenen Rechtsbereinigungsgesetz die Grundsteuerbefreiungen außer Kraft gesetzt.
 
Aus all diesen Gründen empfehlen die AntragstellerInnen, von der durch Bundesgesetz vom 11. Juli 1951, BGBl. Nr. 157/1951 gegebenen Ermächtigung als Landesgesetzgeber künftig nicht mehr Gebrauch zu machen und die zeitliche Grundsteuerbefreiung für künftige Fälle durch Beschluss dieses Gesetzes nicht mehr zu gewähren. 


 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Gesetz vom ......., mit dem das Gesetz vom 21. April 1976 über die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer (Grundsteuerbefreiungsgesetz 1976) außer Kraft tritt.

Der Landtag hat beschlossen:
 
§ 1
Außerkrafttreten

Das Gesetz vom 21. April 1976 über die zeitliche Befreiung von der Grundsteuer (Grundsteuerbefreiungsgesetz 1976), LGBl. Nr. 40/1976, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 81/2010, tritt am 1. Juli 2013 außer Kraft.

 
§ 2
Übergangsbestimmung

(1) Die Bestimmungen des Grundsteuerbefreiungsgesetzes 1976 in der Fassung LGBl. Nr. 81/2010 kommen für Grundsteuerbefreiungen, die auf seiner Basis erteilt wurden, weiterhin zur Anwendung.
 
(2) Auf Anträge gemäß § 2 Abs. 3 Grundsteuerbefreiungsgesetz 1976, die bis zum 30. Juni 2013 eingebracht werden, ist das Grundsteuerbefreiungsgesetz 1976 weiterhin anzuwenden.



Unterschrift(en):
Detlef Gruber (SPÖ), Erwin Dirnberger (ÖVP), Walter Kröpfl (SPÖ), Christopher Drexler (ÖVP)