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Aktionsplan des Landes Steiermark zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, Phase 1: 2012 - 2014 (Regierungsvorlage)
Der Ausschuss "Soziales" hat in
seinen Sitzungen
vom
15.01.2013 und 05.02.2013
über
den oben angeführten Gegenstand
die Beratungen durchgeführt.
Begründung: I. Entstehungsgeschichte des Aktionsplanes
Österreich hat als erster Staat die UN-Behindertenrechtskonvention inklusive Fakultativprotokoll am 30. März 2007 in New York unterzeichnet und als einer der ersten Staaten die UN-Behindertenrechtskonvention im Sommer 2008 ratifiziert (BGBl. III Nr. 155/2008). Die Ratifikationsurkunde wurde am 26. September 2008 in New York hinterlegt.
Österreich hatte während seines EU-Ratsvorsitzes auch den Vorsitz dieser EU-Verhandlungsgruppe inne und trug damit maßgeblich am Zustandekommen des Übereinkommens bei. Dieses UN-Übereinkommen für Menschen mit Behinderungen ist ein zentrales und universelles Menschenrechtsübereinkommen mit dem Ziel, einen diskriminierungsfreien Zugang von Menschen mit Behinderungen zu allen Menschenrechten zu gewährleisten.
Bund, Länder und Gemeinden sind seit dem innerstaatlichen Inkrafttreten der Konvention am 26. Oktober 2008 gleichermaßen verpflichtet, die UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich umzusetzen.
Neben der Verwaltung sind sowohl die Gesetzgebung als auch die Rechtsprechung gefordert, Maßnahmen im Einklang mit der Konvention zu setzen bzw. konventionskonform zu entscheiden.
Die Österreichische Bundesregierung hat am 24. Juli 2012 im Ministerrat einen Nationalen Aktionsplan Behinderung-Strategie der österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention-Inklusion als Menschenrecht und Auftrag (kurz: NAP Behinderung) beschlossen.
Diese Vorgaben haben das Land Steiermark dazu bewogen, einen eigenen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu implementieren.
Mit Beschluss vom 6. Juli 2010 wurde die Steiermärkische Landesregierung vom Landtag Steiermark aufgefordert, einen Aktionsplan des Landes Steiermark zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen zu erarbeiten.
Am 9. Juni 2011 erfolgte ein einstimmiger Regierungssitzungsbeschluss der Steiermärkischen Landesregierung zur Erarbeitung eines Aktionsplanes des Landes Steiermark zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Abteilung 11 Soziales wurde mit der Konzeption eines Aktionsplanes betraut und hat noch im Juni 2011 damit begonnen.
Von Juni 2011 bis August 2012 erfolgte die Konzeption des Aktionsplanes durch die Abteilung 11 Soziales.
Am 29. August 2012 wurde der Entwurf des Aktionsplanes von der Abteilung 11 Soziales zur Einholung von Stellungnahmen ausgesandt. 33 Stellungnahmen langten ein, die insgesamt 256 Rückmeldungen zu einzelnen Punkten enthielten.
Am 11. Oktober 2012 fand ein Workshop statt, zu dem von der Abteilung 11 Soziales Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen eingeladen wurden, um gemeinsam den Entwurf des Aktionsplanes sowie die eingelangten Stellungnahmen zu diskutieren. Eingeladen wurden: Menschen mit Behinderungen, externe KooperationspartnerInnen, Dachverbände, LeiterInnen der involvierten Dienststellen des Landes Steiermark sowie Institutionen, die mit Menschen mit Behinderungen arbeiten.
Während des Planungsprozesses wurden laufend Gespräche mit Menschen mit Behinderungen geführt, um die Maßnahmen für die erste Umsetzungsphase möglichst praxisnahe zu konzipieren. Darüber hinaus gab es Kooperationen mit dem "Zentrum Integriert Studieren", mit dem Steirischen Landesverband der Gehörlosenvereine, mit dem Fachbereich Bautechnik und Gestaltung sowie mit dem Verein BIZEPS - Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (Wien).
Weiters waren zahlreiche Dienststellen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung in den Entstehungsprozess eingebunden.
Um den Aktionsplan des Landes auf eine breite Basis zu stellen, wurden eine Reihe von externen Institutionen in den Planungsprozess einbezogen und mit ihnen gemeinsam Maßnahmen für die erste Umsetzungsphase konzipiert. Es ist gelungen, die folgenden Institutionen als Partner für die erste Umsetzungsphase zu gewinnen:
- Arbeitsmarktservice Steiermark
- Bundessozialamt - Landesstelle Steiermark
- Gemeindebund Steiermark
- Gewaltschutzzentrum Steiermark
- Karl-Franzens-Universität Graz
- Kirchliche Pädagogische Hochschule der Diözese Graz-Seckau
- Landesschulrat für Steiermark
- Österreichischer Städtebund - Landesgruppe Steiermark
- Pädagogische Hochschule Steiermark
- Steirischer Landesverband der Gehörlosenvereine
- Technische Universität Graz
- Wirtschaftskammer Steiermark
Diese externen Institutionen führen teils in Kooperation mit dem Land Steiermark teils eigenverantwortlich Maßnahmen in der ersten Umsetzungsphase durch.
II. Inhalte des Aktionsplanes
Nach der Diskussionsveranstaltung am 11. Oktober 2012 wurden Anregungen aus den Stellungnahmen aufgegriffen und in den nun vorliegenden Aktionsplan eingearbeitet. Anregungen aus den Stellungnahmen, die in der ersten Phase nicht mehr berücksichtigt werden konnten, werden nach Maßgabe der Möglichkeiten in der zweiten Phase berücksichtigt.
Der Aktionsplan des Landes Steiermark basiert auf neun Leitlinien, die als Programm bis 2020 gelten. Ziel dieses Programmes bis 2020 ist es, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention möglichst umfassend zu erreichen. Wenngleich klar ist, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein weitreichender Prozess ist, der nicht bis 2020 abgeschlossen sein kann.
Die neun Leitlinien sollen bis zum Jahr 2020 schrittweise in drei Phasen umgesetzt werden:
- Phase 1: 2012-2014
- Phase 2: 2015-2017
- Phase 3: 2018-2020
Der vorliegende Aktionsplan behandelt die erste Umsetzungsphase, die von 2012 bis Ende 2014 anberaumt ist, 54 Maßnahmen sind für diese erste Projektphase geplant.
Die neun Leitlinien (in der Folge mit LL abgekürzt) stellen eine Abbildung jener Artikel der UN-Behindertenrechtskonvention dar, die für Bund, Länder und Gemeinden umsetzungsrelevant sind, wobei die angeführten neun Leitlinien nicht immer trennscharf voneinander abgegrenzt werden können. Einige Artikel der UN-Behindertenrechtskonvention wurden deshalb mehreren Leitlinien zugeordnet.
LL 1: Barrierefreiheit: Artikel 2, 9, 11, 21
Artikel 2: Begriffsbestimmungen
Artikel 9: Zugänglichkeit (Barrierefreiheit)
Artikel 11:Gefahrensituationen und humanitäre Notlagen (Katastrophenhilfe)
Artikel 21:Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen
LL 2: Beschäftigung: Artikel. 26, 27
Artikel 26: Habilitation und Rehabilitation
Artikel 27: Arbeit und Beschäftigung
LL 3: Bewusstseinsbildung und Schulung: Artikel 8
Artikel 8: Bewusstseinsbildung
LL 4: Bildung: Artikel 24
Artikel 24:Bildung
LL 5: Gesundheit und Gewaltschutz: Artikel 14, 15, 16, 17, 25
Artikel 14:Freiheit und Sicherheit der Person
Artikel 15:Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe
Artikel 16:Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch
Artikel 17:Schutz der Unversehrtheit der Person
Artikel 25:Gesundheit
LL 6: Gleichstellung: Artikel 3, 5, 10, 12, 13, 18, 32, 33
Artikel 3: Allgemeine Grundsätze
Artikel 5: Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung
Artikel 10:Recht auf Leben
Artikel 12:Gleiche Anerkennung vor dem Recht
Artikel 13:Zugang zur Justiz
Artikel 18:Freizügigkeit und Staatsangehörigkeit
Artikel 32:Internationale Zusammenarbeit
Artikel 33:Innerstaatliche Durchführung und Überwachung (Monitoringausschuss)
LL 7: Selbstbestimmt Leben: Artikel 3, 4, 7, 19, 22, 23, 28
Artikel 3: Allgemeine Grundsätze
Artikel 4: Allgemeine Verpflichtungen
Artikel 7: Kinder mit Behinderungen
Artikel 19: Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft
Artikel 22: Achtung der Privatsphäre
Artikel 23: Achtung der Wohnung und der Familie
Artikel 28: Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz
LL 8: Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: Artikel 3, 9, 19, 20, 24, 29, 30
Artikel 3: Allgemeine Grundsätze (3c volle und wirksame Teilhabe)
Artikel 9: Zugänglichkeit (Barrierefreiheit)
Artikel 19: Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft
Artikel 20: Persönliche Mobilität
Artikel 24: Bildung (Teilhabe an einer freien Gesellschaft)
Artikel 29: Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben
Artikel 30: Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport
LL 9: Daten und Statistik: Artikel 31
Artikel 31: Statistik und Datensammlung
Um eine möglichst zielgerichtete Umsetzung zu gewährleisten, wurden für jede Leitlinie konkrete Maßnahmen konzipiert. Für die erste Umsetzungsphase sind 54 Maßnahmen konzipiert, diese sollen bis Ende 2014 umgesetzt werden. Diese 54 Maßnahmen sind den neun Leitlinien zugeordnet. Eine unterschiedliche Anzahl von Maßnahmen pro Leitlinie ergibt sich einerseits aus der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern sowie innerhalb der Zuständigkeiten des Landes aus den budgetären Möglichkeiten und Grenzen.
Leitlinie | Anzahl Maßnahmen bis Ende 2014 |
1 Barrierefreiheit | 10 |
2 Beschäftigung | 2 |
3 Bewusstseinsbildung und Schulung | 19 |
4 Bildung | 3 |
5 Gesundheit und Gewaltschutz | 2 |
6 Gleichstellung | 3 |
7 Selbstbestimmt Leben | 7 |
8 Teilhabe am gesellschaftlichen Leben | 6 |
9 Daten und Statistik | 2 |
| 54 Maßnahmen |
Der vorliegende Aktionsplan des Landes Steiermark gliedert sich in folgende vier Kapitel:
Erstes Kapitel: Hier wird beschrieben, auf welchen Grundlagen der Aktionsplan entwickelt wurde. Es sind dies:
- Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,
- die UN-Behindertenrechtskonvention aus dem Jahr 2006,
- der Behindertenaktionsplan des Europarates bis zur Beschlussfassung sowie
- des Nationalen Aktionsplanes Behinderung im Juli 2012
Zweites Kapitel: Hier werden die neun Leitlinien des Aktionsplanes näher erläutert. Jede der neun Leitlinien wird in leichter Sprache beschrieben, danach folgt eine allgemeine Beschreibung.
Drittes Kapitel: Hier werden die 54 Maßnahmen der ersten Umsetzungsphase beschrieben. Jede Maßnahme wird auf einer A4 Seite dargestellt, bei jeder Leitlinie wird angegeben, wie lange die Planungs- und Umsetzungsphase dauern wird sowie welche meßbaren Ziele bis Ende 2014 angestrebt sind.
Viertes Kapitel: Hier sind zu jeder der neun Leitlinien positive Beispiele angeführt, die sich in der Steiermark bereits in Umsetzung befinden.
Im Anhang wird die UN-Behindertenrechtskonvention im Volltext abgebildet.
III. Umsetzung des Aktionsplanes
Jede der angeführten 54 Maßnahmen wird im Aktionsplan auf einer Seite erläutert. Nach Möglichkeit werden alle 54 Maßnahmen durch folgende Angaben näher beschrieben:
- Zuordnung der Maßnahme zu einer Leitlinie
- Ausgangslage der Maßnahme
- Dauer und Inhalte der Planungsphase
- Dauer und Inhalte der Umsetzungsphase
- Messbare Ziele bis Ende 2014
- Konkrete Person(en)/Institution(en) als Verantwortliche für die Umsetzung der Maßnahme
Für eine Beschlussfassung durch die Steiermärkische Landesregierung wurden mit allen involvierten Ressorts und mit allen externen KooperationspartnerInnen, die eine Maßnahme mittragen, die budgetären Rahmenbedingungen - soweit für die kommenden Jahre vorhersagbar - sichergestellt.
Bereits 2013 wird parallel zur Umsetzung der ersten Phase mit der Konzeption der zweiten Umsetzungsphase begonnen. Ab 2013 wird es mindestens zwei Mal im Jahr einen Statusbericht (Reporting) durch die Projektleitung geben. Damit wird aufgezeigt, wie weit es gelungen ist, die geplanten Vorhaben einzuhalten. Anfang 2013 wird eine Begleitgruppe installiert, diese wird die erste Umsetzungsphase beobachten sowie Anregungen für die zweite Umsetzungsphase einbringen. Die Begleitgruppe ist aus Menschen mit Behinderungen und aus Menschen ohne Behinderungen zusammengesetzt.
Die Ergebnisse der Statusberichte und die Ergebnisse aus der Begleitgruppe bilden die Basis für die Konzeption der nachfolgenden Phase, so dass sich das Land Steiermark bis 2020 schrittweise einer möglichst umfassenden Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention annähert.
Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 22. November 2012.
Der Bericht der Steiermärkischen Landesregierung, betreffend Aktionsplan des Landes Steiermark, wird zur Kenntnis genommen.