EZ/OZ: 1899/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 26.04.2013, 09:30:16
Landtagsabgeordnete(r): Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Landwirtschaft
Regierungsmitglied(er): Johann Seitinger
Betreff:
Fortbestand lokaler, alter und seltener Sorten
Seit 2008 wird in Brüssel an einer umfassenden Novellierung des Europäischen Saat- und Pflanzgutverkehrsrechts gearbeitet. 2013 soll diese auf den Weg gebracht werden. Die neuen Regelungen könnten seltene und bäuerliche Sorten bedrohen. Alte Sorten wären besonders gefährdet, wenn der freie Tausch von Saatgut durch die neue Gesetzeslage verboten und eine verpflichtende Zulassung und Registrierung vorgeschrieben werden würde.
Das EU-Saatgutrecht privilegiert schon heute mit seinem Grundkonzept von scharf unterscheidbaren uniformen Sorten die industriellen Sorten auf Kosten der Biodiversität. Diese Tendenz wird durch die geplante Reform forciert. Es droht eine Gleichschaltung des Saatgutverkehrsrechtes in der EU. Die gegenwärtigen 12 EU-Richtlinien sollen durch eine einzige EU-Verordnung ersetzt werden. Dies bedeutet: es soll in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar geltendes Recht gesetzt werden, während jetzt noch den Staaten bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht ein gewisser Spielraum bleibt.
Der Entwurf der neuen Saatgutverordnung liegt noch nicht offiziell vor, wahrscheinlich wird dies aber demnächst erfolgen. Allerdings werden schon Vorab-Entwürfe kolportiert, die Beunruhigendes beinhalten. Sollten die kolportierten Entwürfe umgesetzt werden, könnten für Klein- sowie Kleinstbauern und -bäuerinnen neue Kosten und Hürden für die Weitergabe von Saatgut entstehen. Es wäre den Bäuerinnen und Bauern verboten, selbst gewonnenes Saatgut von nicht registrierten Sorten weiterzugeben. Die Weitergabe würde auch das Verschenken betreffen.
Für die Sortenzulassung wäre ein teures und bürokratisches Zulassungsverfahren zu durchlaufen. Die Kriterien der Zulassung wären unter anderen Homogenität, Beständigkeit und Unterscheidbarkeit. Diese Kriterien zielen auf Hochleistungssorten ab, für die meist ein privatrechtlicher Sortenschutz beantragt wird. Alte Sorten, die auf genetischer Vielfalt beruhen, können diese Kriterien nicht erfüllen. Sie sind eher von der Vielfältigkeit geprägt, als von der Uniformität. Eine solche Verordnung würde alte, seltene und traditionelle Sorten in ihrer Existenz bedrohen und damit zu einer Verringerung der genetischen Breite des Sortenpools beitragen. Genetische Einförmigkeit erhöht jedoch die Verwundbarkeit von Kulturen gegenüber Schädlingen, Pflanzenkrankheiten und Klimawandel. Das Konzept, um unsere Lebensmittelversorgung zu sichern, muss in der Vielfalt liegen, nicht in der Uniformität.
Es müssen alle möglichen Schritte gesetzt werden, damit sich der Lobbyismus und die Interessen der multinationalen Konzerne bei der EU-Kommission nicht durchsetzen.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung heranzutreten, damit diese auf EU-Ebene sicherstellt, dass die neue EU-Saatgutverordnung den Fortbestand lokaler, alter und seltener Sorten von Obst, Gemüse und Getreide nicht gefährdet.
Unterschrift(en):
Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)