EZ/OZ: 1838/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 11.04.2013, 11:38:20
Landtagsabgeordnete(r): Peter Samt (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Hermann Schützenhöfer
Betreff:
Pölfing-Brunn – ein reformpartnerschaftlich verwaltetes Millionengrab!
Die Aufsichtsbehörde hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Prüfung der Gebarung der Marktgemeinde Pölfing-Brunn gesetzt. Von Mai bis Dezember 2011 hat die Aufsichtsbehörde eine Nacheinschau zum Gebarungsprüfungsbericht der Aufsichtsbehörde aus dem Jahr 2007 durchgeführt. Während der laufenden Nacheinschau durch die Aufsichtsbehörde trat SPÖ-Bürgermeister Horst Pölzl zurück. Thomas Tschiltsch wurde zum Bürgermeister der Marktgemeinde Pölfing-Brunn gewählt.
Am 30. 01. 2012 wurde die Marktgemeinde Pölfing-Brunn schriftlich aufgefordert, zum Bericht über die Nacheinschau eine schriftliche Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zu übermitteln. Diese Stellungnahme langte am 30. 04. 2012 bzw. am 07. 05. 2012 bei der Aufsichtsbehörde ein. Im Juni 2012 wurde der Marktgemeinde Pölfing-Brunn mitgeteilt, dass die vorliegenden Unterlagen im Hinblick auf die Finanzlage und offenen Rechnungen eine zu geringe Aussagekraft über die tatsächliche finanzielle Situation der Marktgemeinde besitzen. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Pölfing-Brunn sicherte in der Folge zu, dass das von der Aufsichtsbehörde aufgrund der angespannten Finanzlage geforderte Sanierungskonzept der Gemeinde und der gemeindeeigenen Kommanditgesellschaft im Herbst 2012 der Aufsichtsbehörde übermittelt werden würde. Dazu kam es jedoch nicht, weil das von SPÖ-Bürgermeister Thomas Tschiltsch präsentierte Sanierungskonzept keine Mehrheit im Gemeinderat fand und sogar von seinen eigenen SPÖ-Gemeinderäten abgelehnt wurde.
Per 19. 11. 2012 wurde die Marktgemeinde von der Fachabteilung Gemeinde, Wahlen und ländlicher Wegebau (FAGW) aufgefordert, zahlreiche Unterlagen der Haushaltsführung sowie ein Sanierungskonzept vorzulegen. Diese Unterlagen trafen zwar 14. 12. 2012 per Mail ein, aufgrund der Tatsache, dass sich die Gemeinde jedoch noch immer außer Stande sah, ein Sanierungskonzept zu übermitteln, führte die Gemeindeaufsicht am 11. 01. 2013 eine Einschau in die Gebarung der Marktgemeinde Pölfing-Brunn durch. Die Einschau in den Haushalt der Marktgemeinde führte schier Unglaubliches zu Tage:
- Per 31. 12. 2012 besteht ein negativer Kontostand von 542.137,19 Euro sowie offene Rechnungen von rund 540.000 Euro, wobei Tilgungen für die bei der BAWAG PSK aufgenommenen Darlehen nicht erfolgten. Per 31. 12. 2012 wurden nur Zinsen geleistet!
- Für die Abwasserentsorgung besteht eine fiktive Rücklage in der Höhe von rund 106.000 Euro, die im Kassenbestand jedoch mitgeführt wurde. Damit wurde Vermögen vorgetäuscht, das man in Wirklichkeit nicht hatte.
- Ein Entwurf für den Rechnungsabschluss 2012 weist im ordentlichen Haushalt einen Soll-Abgang von 250.228,42 Euro auf. Die fälligen Tilgungen wurden aber nicht berücksichtigt. Im außerordentlichen Haushalt besteht ein vorläufiger Soll-Abgang von 359.073,87 Euro.
- Die von der Marktgemeinde Pölfing-Brunn angedachten Tilgungsaussetzungen im Jahre 2012 und den Folgejahren 2013 bis 2015 führen zu keiner Veränderung der Haushaltssituation, da sich im Jahre 2016 bei Einsetzen der Tilgungsleistungen die gleiche angespannte Finanzlage ergibt.
- Bei der gemeindeeigenen Orts- und Entwicklungs-Kommanditgesellschaft (KG) wurde ein negativer Kassenbestand von 393.349,90 Euro festgestellt, darüber hinaus liegen offene Rechnungen von rund 240.000 Euro vor.
- Für die von der KG bei der BAWAG PSK bestehenden Darlehen wurden ab August 2011 keine Tilgungsleistungen vorgenommen. Diese sind laut Tilgungsplan endfällig gestellt. Laut Gemeindeaufsicht ist "auch hier keine geordnete Haushaltsführung gegeben. Die Zahlungsfähigkeit der KG kann nur durch Transferzahlungen der Marktgemeinde sichergestellt werden."
Zusammenfassend stellte die Gemeindeaufsicht daher wie folgt fest: "Die bisherigen von der Marktgemeinde gesetzten Maßnahmen hinsichtlich Sanierung des Gemeindehaushaltes stellen nur ein Stückwerk dar und sind keinesfalls ein Sanierungskonzept um die Gemeindefinanzen wiederum ins Lot zu bringen."
Auswirkungen aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der Marktgemeinde
Laut Gemeindeaufsicht hat die VOBIS Kommunalbau GmbH (eine Tochter der Siedlungsgenossenschaft Köflach deren Obmann SPÖ-LAbg. Karl Petinger ist) sowohl gegen die Gemeinde Pölfing-Brunn als auch gegen die KG eine Klage auf Zahlung von fälligen Forderungen in der Höhe von 189.197,88 Euro zuzüglich der Klagkosten von 5.000 Euro beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz am 27. 11. 2012 eingebracht. Darüber hinaus hat der Sozialhilfeverband Deutschlandsberg am 02. 01. 2013 den Antrag bei der Gemeindeaufsicht eingebracht, dass die Steiermärkische Landesregierung mittels Bescheid die per 24. 10. 2012 offenen Forderungen gegenüber der Gemeinde Pölfing-Brunn in der Höhe von 274.529,97 vorschreiben möge.
Ständige Fristverlängerungen
Trotz dieses für den Gemeinderat und den Gemeindevorstand von Pölfing-Brunn vernichtenden Urteils hinsichtlich der Besorgung ihrer Aufgaben, gewährte die Gemeindeaufsicht am 28. Jänner 2013 noch einmal eine allerletzte Frist, ein Sanierungskonzept vorzulegen. Bis Ende März 2013 hätte der Gemeinderat einen Budgetvoranschlag für 2013, ein Sanierungskonzept für die Gemeinde, ein Budget für die gemeindeeigene KG sowie ein Sanierungskonzept für selbige übermitteln sollen. Dies ist bis zur vorgegebenen Frist abermals nicht erfolgt, vielmehr gewährte man seitens der Gemeindeaufsicht in Rücksprache mit den politisch verantwortlichen Regierungsbüros eine abermalige Fristverlängerung.
Verantwortung des Gemeinderates und des Bürgermeisters
Laut Gemeindeaufsicht hat der Gemeinderat nahezu alle schwerwiegenden Entscheidungen, die eine nachhaltige Verbesserung der Haushaltssituation hätte erwarten lassen, einstimmig vertagt oder mehrheitlich abgelehnt. Sogar geringfügige Maßnahmen zur Verbesserung des Haushaltes wurden zunächst beschlossen und auf Druck von Gemeindemitgliedern ein paar Monate später teilweise wieder rückgängig gemacht. Trotz der äußert angespannten wirtschaftlichen Situation des Haushaltes der Gemeinde Pölfing-Brunn, insbesondere der Liquiditätslage der Gemeinde, hat der Gemeinderat der Gemeinde Pölfing-Brunn zahlreiche Beschlüsse im Jahr 2012 gefasst, die zu Mehrkosten in der Verwaltung der Gemeinde geführt haben, so das Resümee der Gemeindeaufsicht.
Hinzu kommt der Umstand, dass der Gemeindevorstand von Pölfing-Brunn im Jahr 2012 nicht in der gesetzlich vorgesehenen Anzahl zu Sitzungen zusammengetreten ist, da der Bürgermeister der Gemeinde diese nicht einberufen hat. Besonders bedenklich ist jedoch, dass der Vorstand "Beschlüsse gefasst hat, die zu einer negativen Entwicklung des Haushaltes der Gemeinde beitragen (vgl. Beschluss vom 04. 04. 2012 über die Umwandlung einer Mietzinsforderungen in eine Subvention)".
Angesichts dieser Fülle an Verfehlungen und unterlassenen Aktivitäten der Gemeindeorgane in Pölfing-Brunn kam selbst die Gemeindeaufsicht zum Schluss, dass "die Umstände es fraglich erscheinen, ob die Marktgemeinde Pölfing-Brunn zur ordnungsgemäßen Besorgung ihrer Aufgaben im Stande ist."
Bis zum heutigen Tage existiert weder ein Sanierungskonzept für die Marktgemeinde sowie die KG noch ein Budgetvoranschlag für die Gemeinde und die KG für das laufende Jahr 2013. Trotz dieser prekären Lage scheint sich der Gemeinderat seiner Verantwortung nicht bewusst und zur ordnungsgemäßen Besorgung seiner Aufgaben außer Stande zu sein. Die Einsetzung eines Regierungskommissärs sowie sofortige Neuwahlen erscheinen angesichts der Umstände, die einzige Möglichkeit zu sein, um die Gemeinde aus ihrer finanziellen Sackgasse zu führen.
1. Wie hoch beziffern Sie als ressortzuständiges Regierungsmitglied den Gesamtschuldenstand der Marktgemeinde Pölfing-Brunn sowie der gemeindeeigenen Orts- und Entwicklungs-Kommanditgesellschaft (KG)?
2. Wie hoch beziffern Sie die Hilfszahlungen bzw. andere Geldleistungen, die seitens des Landes in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 nach Pölfing-Brunn geschickt wurden?
3. Warum wurde dem Gemeinderat von Pölfing-Brunn nach dem 31. März 2013 abermals eine Fristverlängerung zur Vorlage eines Sanierungskonzeptes gewährt?
4. Bis zu welchem Datum muss der Gemeinderat von Pölfing-Brunn das geforderte Sanierungskonzept für die Gemeinde bzw. die KG sowie den Budgetvoranschlag für das Jahr 2013 für die Gemeinde bzw. die KG vorlegen?
5. Was werden Sie als ressortzuständiges Regierungsmitglied unternehmen, wenn bis zum Ablauf der neuerlichen Fristsetzung abermals die geforderten Konzepte bzw. Budgetvoranschläge nicht vorliegen?
6. Für die Gemeindeaufsicht erscheint es fraglich, "ob die Marktgemeinde Pölfing-Brunn zur ordnungsgemäßen Besorgung ihrer Aufgaben im Stande ist". Wie beurteilen Sie als politisch verantwortlicher Gemeindereferent der Landesregierung diese Angelegenheit?
7. Obwohl für das laufende Jahr ständig Ausgaben für die Gemeinde anfallen, war der Gemeinderat von Pölfing-Brunn bislang noch nicht in der Lage, für das Jahr 2013 einen Budgetvoranschlag zu beschließen. Was werden Sie angesichts dieses sowie der anderen in der Begründung angeführten klaren Verstöße gegen die Gemeindeordnung unternehmen?
8. Was hindert Sie als ressortzuständiges Regierungsmitglied einen Regierungskommissär einzusetzen und damit einen Neustart in Pölfing-Brunn zu ermöglichen?
9. Glauben Sie ernsthaft, dass nach der bisherigen "Erfolgsbilanz" des Gemeinderates von Pölfing-Brunn, letzterer im Stande sein wird, ein tragfähiges Sanierungskonzept auf den Weg zu bringen?
Unterschrift(en):
Peter Samt (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ)