LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2293/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 28.10.2013, 13:27:31


Landtagsabgeordnete(r): Hannes Amesbauer (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ), Peter Samt (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Ungerechtigkeit, dein Name ist Pflegeregress. Deine Verfechter sind SPÖ und ÖVP - die Regresspartnerschaft.

In der außerordentlichen Landesregierungssitzung vom 1. August 2011 wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP der Pflegeregress für Angehörige von pflegebedürftigen Personen beschlossen. Kinder und Eltern von Pflegeheimpatienten müssen ab einem Einkommen von 1.286 Euro (1.500 Euro wenn man kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld bezieht) einen Kostenersatz für pflegebedürftige Personen leisten. Je nach Einkommen müssen Kinder zwischen vier und zehn Prozent ihres Nettoeinkommens für ihre Eltern bezahlen, sind beide Elternteile pflegebedürftig verdoppelt sich der Betrag. Auch verwertbares Vermögen (Sparbücher, Barvermögen, Auto etc.) wird zur Bezahlung des Regresses herangezogen bzw. eingefordert, wenngleich ein Obergrenze von 7.000 Euro an freibleibendem Vermögen besteht. Die Steiermark ist aktuell das einzige Bundesland Österreichs, wo eine derartige Kostenbeteiligung für die Kinder von pflegebedürftigen Personen abverlangt wird. Zahlreiche Gemeinden sind in den letzten Wochen und Monaten an die Steiermärkische Landesregierung herangetreten und haben eine Abschaffung des Pflegeregresses gefordert. Um wie viele bzw. welche Gemeinden es sich dabei handelt, ist nicht bekannt.

Landeshauptmann Franz Voves sprach bereits im Rahmen der Dringlichen Anfrage in der Landtagssitzung vom 16. April 2013 bezugnehmend auf den Pflegeregress davon, dass die bestehende Regelung "nur die zweitbeste Lösung" sei und forderte eine bundesweit einheitliche Lösung. Der Landeshauptmann im Zuge der Debatte im Landtag konkret:
"Ich darf Ihnen sagen Kollege Schrittwieser und ich haben heute ein Schreiben an unseren Bundeskanzler und Parteivorsitzenden und an Rudi Hundstorfer, den Sozialminister gerichtet. Wir werden aus der Steiermark als steirische Sozialdemokratie nicht müde werden, dass dieses Thema von der Regierung jetzt noch aufgenommen wird, behandelt wird und ich erwarte mir, dass es im Nationalratswahlkampf ein ganz klares Thema ist. Denn zurzeit ist erkennbar, dass auch in der Arbeitsgruppe, die der Sozialminister installiert hat, wiederum kein Hinweis darauf gegeben ist, dass es zu einer gesamtheitlichen solidarischen Lösung in diesem wichtigen und sensiblen Inhalt kommt."

Am 24. Oktober 2013 hat der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung zum bestehenden Pflegeregress bekanntgegeben. So wurde die Verfassungskonformität der bestehenden Regelung zwar bestätigt, allerdings auch darauf verwiesen, dass im Einzelfall geprüft werden müsse, ob eine Regresspflicht bestehe. Eine solche könne nämlich nur dann infrage kommen, wenn eine zivilrechtliche Unterhaltspflicht nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) vorliege. Laut Verfassungsgerichtshof müssen daher die steirischen Behörden von sich aus jeden Einzelfall überprüfen, sollte durch eigene Pflegekosten bzw. bestehende Unterhaltspflichten gegenüber Angehörigen die Bestreitung des eigenen Unterhalts gefährdet sein, könne das Land auch keinen Kostenersatz einheben. Ob bzw. welche Auswirkungen die Entscheidung des Höchstgerichtes auf den Vollzug des Pflegeregresses in der Steiermark hat, ist bislang unbekannt.

Im Jahr 2011 wurde das Pflegefonds-Gesetz vom Nationalrat verabschiedet. Damit wollte man dem steigenden Finanzbedarf im Pflegebereich Rechnung tragen und den Ländern von 2011 bis 2016 einen Zweckzuschuss zur Verfügung stellen. Die Aufteilung der im Fonds vorgesehen Geldmittel erfolgte gemäß dem Anteil der Wohnbevölkerung in den Bundesländern.
2011 war der Pflegefonds bundesweit mit Finanzmitteln in der Höhe von 100 Millionen Euro dotiert, wovon 14.427.897 Euro an die Steiermark gingen - was einem Anteil von 14,42 Prozent entspricht. Im Jahr 2012 erhöhten sich die Mittel für den Pflegefonds auf 150 Millionen Euro, 15.856.075 Euro gingen davon an die Steiermark, wodurch sich der steirische Anteil auf 10,57 Prozent verringerte. Für das Jahr 2013 wurden Finanzmittel für den Pflegefonds abermals um 50 Millionen erhöht und mit 200 Millionen Euro beziffert. Der Anteil der Steiermark wird inklusive der noch vom Bund zu erwartenden Nachzahlungen für dieses Jahr 19.981.195 Euro betragen, was einem Anteil von 9,99 Prozent entspricht.
 
Der steirische Anteil der Mitteln aus dem bundesweiten Pflegefonds ist somit von 14,42 Prozent für das Jahr 2011 auf 9,99 Prozent für das Jahr 2013 gesunken. Würde die Steiermark jenen prozentuellen Anteil vom Pflegefonds erhalten, der ihr im Jahr 2011 zugestanden wurde, würden sich die Finanzmittel auf 28.840.000 Euro und nicht auf nur 19.981.195 Euro belaufen. Warum die Steiermark eine derartige Benachteiligung in der Verteilung der Finanzmittel im Pflegefonds ausgesetzt ist und ob diese mit dem in der Steiermark eingehobenen Pflegeregress in Verbindung steht, bedarf einer Erklärung durch die Landesregierung.

1. Wie ist der prozentuelle Rückgang des steirischen Anteils aus dem bundesweiten Pflegefonds von 14,42 Prozent (Jahr 2011) auf 9,99 Prozent (Jahr 2013) zu erklären?

2. Steht die Reduzierung des steirischen Anteils aus dem Pflegefonds in Verbindung mit der Tatsache, dass in der Steiermark ein Kostenersatz für die Pflege von Personen (Pflegeregress) eingehoben wird?

3. Wie hoch wäre der steirische Anteil aus dem bundesweiten Pflegefonds für die Jahre 2011, 2012 und 2013, wenn die Steiermark keinen Pflegeregress einheben würde?

4. Was passiert mit jenen freiwerdenden Geldmitteln, die sich aufgrund des prozentuellen Rückgangs des steirischen Anteils aus dem Pflegefonds ergeben?

5. Werden diese Geldmitteln unter den anderen Bundesländern aufgeteilt?

6. Wie viele Gemeinden haben sich an die Steiermärkische Landesregierung gewandt und sich für eine Änderung bzw. Abschaffung der seit 1. August 2011 bestehenden Pflegeregressbestimmungen ausgesprochen?

7. Um welche Gemeinden, die von SPÖ-Bürgermeistern geführt werden, handelt es sich dabei?

8. Um welche Gemeinden, die von ÖVP-Bürgermeistern geführt werden, handelt es sich dabei?

9. Was hat die Steiermärkische Landesregierung den entsprechenden Gemeinden geantwortet?

10. Wie hoch beziffern Sie den zusätzlichen Verwaltungsaufwand, der durch die Wiedereinführung des Pflegeregresses entsteht bzw. bereits entstanden ist?

11. Wie rechtfertigen Sie als Landeshauptmann der Steiermark die österreichweit einzigartige Benachteiligung der steirischen Bevölkerung durch die bestehende Pflegeregressregelung?

12. Wird die Steiermärkische Landesregierung angesichts des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 23. Oktober 2013 im Bereich des Vollzugs des Pflegeregresses Änderungen vornehmen?

13. Wenn ja, welche?

14. Wie lautete die Antwort auf Ihr, im Rahmen der Landtagsitzung vom 16. April 2013 erwähntes, Schreiben an Bundeskanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer, in der Sie auf eine Lösung der Finanzierung der Pflegekosten auf Bundesebene drängten?

15. Sollte die von Ihnen geforderte Lösung des Pflegeproblems auf Bundesebene nicht in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt werden, werden Sie dann weiterhin am "steirischen" Pflegeregress festhalten?

16. Sollte sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene eine Lösung in der Frage der Finanzierung des Pflegebereichs abzeichnen, sind sie dann bereit, den Pflegeregress in der Steiermark abzuschaffen?

17. Wenn ja, warum warten?


Unterschrift(en):
Hannes Amesbauer (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ), Peter Samt (FPÖ), Gerald Deutschmann (FPÖ), Anton Kogler (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ)