EZ/OZ: 2742/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 08.05.2014, 17:35:37
Landtagsabgeordnete(r): Gunter Hadwiger (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Christian Buchmann
Betreff:
Arbeitsmarktöffnung für Rumänen und Bulgaren – folgt nun ruinöser Verdrängungswettbewerb auf Kosten steirischer Unternehmen?
Seit 1. Jänner 2014 haben Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien uneingeschränkten, freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Diese Maßnahme stellt eine Ausweitung der Arbeitnehmerfreizügigkeit dar, die für Polen, Ungarn, Tschechen, Slowaken, Slowenen, Esten, Letten und Litauer bereits seit 1. Mai 2011 gilt. Mit der Öffnung des Arbeitsmarktes für die genannten osteuropäischen Arbeitnehmer geht die Abschaffung von Arbeitserlaubnis- und Befreiungsschein einher, wodurch nun eine kombinierte Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung Realität wurde. Das bedeutet, dass ein Ausländer ohne zusätzliche Bewilligung wie ein Inländer beschäftigt werden kann, sofern er vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen ist. Diese Bewilligungspflicht entfiel mit Jahresbeginn nun auch für Rumänen und Bulgaren, wobei bis 31.12.2013 eine solche noch beim Arbeitsmarktservice eingeholt werden musste. Auch im Bereich der Dienstleistungsfreiheit erhalten nunmehr Rumänen und Bulgaren uneingeschränkten Zugang in geschützte Wirtschaftsbereiche wie z.B. den sozialen Dienst oder das Baugewerbe. Selbst bei der Entsendung von Arbeitnehmern oder bei der Arbeitskräfteüberlassung bestehen, mit Ausnahme von Melde- und Aufzeichnungspflichten, keine Formalerfordernisse mehr. Die aufgezeigten Maßnahmen stellen die Steiermark vor eine enorme Herausforderung und sind mit gravierenden Folgen verbunden.
Durch die Öffnung des Arbeitsmarktes wird es zu einer vehementen Zuwanderung aus den neuen EU-Ländern kommen, was eine massive Belastung für den Arbeitsmarkt nach sich zieht. Gleichzeitig sorgt die Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes für einen eklatanten Anstieg der Arbeitslosigkeit, dies bestätigt die Studie des Wiener Institutes für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw). Nach den Schätzungen dieses Institutes wird die Anzahl an Migranten nach der Aufhebung der Beschränkungen bis Ende des Jahres 2015 ein Niveau von 106.220 Personen betragen, das bedeutet einen Anstieg von 72 Prozent gegenüber dem Jahr 2012. Die Arbeitsmarktsituation wird sich durch den Verdrängungswettbewerb, der durch die Ostöffnung für Rumänen und Bulgaren forciert wird, verschärfen. In Anbetracht der bereits hohen Arbeitslosenrate ist die Arbeitsmarktöffnung eine vollkommen ungeeignete Maßnahme zur Senkung der Arbeitslosigkeit. In Österreich waren im Februar 2014 449.668 Personen, in der Steiermark im selben Monat knapp 51.000 Menschen ohne Beschäftigung. Damit verzeichnet die Steiermark den höchsten Februar-Wert seit dem Jahr 1996.
AK-Präsident Josef Pesserl, LR Christian Buchmann, WKO-Präsident Josef Herk, der Vorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz Josef Muchitsch und GBH-Landesvorsitzender Christian Supper haben sich explizit gegen die nun drohenden Vorgänge am steirischen Arbeitsmarkt ausgesprochen. Die durchaus vertretbaren Ansichten genannter Funktionäre sind jedoch nur formelle Einsprüche, denn die Realität sieht anders aus. Zum einen fordern diese das Bestbieterprinzip, zum anderen sprechen sie von unmenschlichem Lohndumping, haben aber nichts unternommen, um den heimischen Arbeitsmarkt vor Lohn- und Sozialdumping zu schützen. Es werden dem Bürger also zum wiederholten Male falsche Versprechungen gemacht.
Um den Vorwurf der Schwarzmalerei bereits an dieser Stelle zu entkräften, möchte die anfragestellende Fraktion eine Entsendevereinbarung gemeinsam mit einem Arbeitsvertrag vorbringen, der als Beweis für unmenschliches und höchst gefährliches Lohn- und Sozialdumping gelten soll. Darin wird ein ausländischer Arbeitnehmer des Baugewerbes in Graz kollektivvertraglich mit einem Brutto-Stundengehalt von 11,94 Euro entlohnt und nach Graz entsendet. Im Subunternehmer-Arbeitsvertrag erhält dieser jedoch nur mehr einen Stundenlohn von kläglichen 4,77 Euro. Dieses Entgelt ist aber immer noch höher als im Heimatland des Arbeitnehmers. Heimische Unternehmen können bei diesen Billigst-Löhnen nicht mithalten. Nach wenigen Monaten der Beschäftigung erhält der entsandte Arbeitnehmer noch zusätzlich dutzende Sozialleistungen, die wiederum vom Steuerzahler finanziert werden müssen. Wenn der Arbeitnehmer nun seine Arbeit einstellt, hat er aber noch immer Anspruch auf die Mindestsicherung. Zu diesem Zeitpunkt hat dieser nicht nur den Steirern und den Österreichern einen Arbeitsplatz weggeschnappt, nun muss seine Untätigkeit vom Fiskus finanziert werden. Österreich und die Steiermark dürfen weder der Arbeitsmarktservice noch das Armenhaus für Osteuropa werden.
Aufgrund des nun verstärkt stattfindenden Verdrängungswettbewerbes in Form des Lohn- und Sozialdumpings am heimischen Arbeitsmarkt erscheint es dringend notwendig, so rasch als möglich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Schutz des heimischen Arbeitsmarktes zu schaffen. Diese Ansicht teilt offensichtlich auch der Präsident der Arbeiterkammer Josef Pesserl, wenn dieser im Rahmen einer Podiumsdiskussion der Gewerkschaft Bau-Holz Steiermark sagt: "Lohn- und Sozialdumping ist menschenunwürdig, wirtschaftlich dumm und gesellschaftspolitisch in höchstem Maße gefährlich. Spielregeln dagegen können vom Gesetzgeber gemacht werden. Das Subunternehmertum ist ein Unwesen und muss beseitigt werden […]."
Landesrat Christian Buchmann stößt hierbei in das gleiche Horn: "[…]Heimische Unternehmer dürfen aufgrund unterschiedlicher `Spielregeln` nicht schlechter gestellt werden als Unternehmen aus anderen EU Ländern. Ich bin ein Fan davon, dass ehestmöglich bei öffentlichen Ausschreibungen das Bestbieterprinzip eingeführt wird."
1.) Wie viele Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien sind derzeit in der Steiermark beschäftigt?
2.) Welche Maßnahmen wurden von Ihnen als ressortzuständiges Mitglied der Landesregierung für den Bereich Wirtschaft zum Schutz des steirischen Arbeitsmarktes gesetzt?
3.) Welche konkreten Vorteile bringt die Öffnung des Arbeitsmarktes für Rumänen und Bulgaren für die Steiermark?
4.) Sofern die Nachteile überwiegen sollten, warum sind Sie nicht rechtzeitig bei der Bundesregierung für einen Stopp der geplanten Arbeitsmarktöffnung eingetreten?
5.) Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, das Bestbieterprinzip gesetzlich zu verankern?
6.) Wenn ja, was werden dazu Ihre nächsten Schritte sein?
7.) Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, bei der Auftragsvergabe durch das Land bzw. durch landesnahe Gesellschaften, einen Brutto-Mindestlohn von 1.500 Euro für Mitarbeiter als Vergabekriterium gesetzlich zu verankern?
8.) Wenn nein, warum nicht?
9.) Wenn ja, wann werden Sie dem Landtag eine entsprechende Regierungsvorlage zuleiten?
10.) Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, gesetzliche Vorkehrungen gegen die Sub-Unternehmerproblematik in Bezug auf Billigst-Arbeitskräfte zu treffen?
11.) Wenn nein, warum nicht?
12.) Wenn ja, welche?
Unterschrift(en):
Gunter Hadwiger (FPÖ), Georg Mayer (FPÖ)