LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2755/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 15.05.2014, 13:36:16


Landtagsabgeordnete(r): Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Werner Murgg (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: Gesundheit
Regierungsmitglied(er): Christopher Drexler (ÖVP)

Betreff:
Neues System der Pflegeheimfinanzierung

Das derzeit bestehende Normkostenmodell hat enorme Mängel. Jedes Pflegeheim erhält dieselbe Hotelkomponente, unabhängig davon, ob unterschiedliche Leistungen beansprucht und unabhängig davon, ob die Hotelleistungen von eigenem angestelltem Personal erbracht oder billiger von Dritten (die dann auch noch Gewinne erzielen) zugekauft werden.

Das Normkostenmodell impliziert, dass
  • die Errichtungskosten eines jeden Pflegeheims gleich waren, egal wie der Bau ausgeführt wurde und ob etwa das Heim womöglich von dritter Seite (z.B. Gemeinde) unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde oder diverse Förderungen erhalten hat,
  • die Grundstückkosten gleich waren, egal welcher Lage und welcher Größe,
  • die Betriebskosten gleich sind, unabhängig von der Bauausführung,
  • jedes Pflegeheim die gleiche Quadratmeterfläche pro Klient bietet,
  • die Instandhaltungskosten stets gleich sind, unabhängig vom Alter und Zustand des Baus und unabhängig davon, ob der Betreiber überhaupt selbst für die Instandhaltung aufkommen muss.

Im gegenwärtigen Normkostenmodell refinanziert die öffentliche Hand den Betreibern etwa 70 % der angenommenen - zu keiner Zeit geprüften - Baukosten sowie 100 % der Ausstattungskosten. Dies auch in den Fällen, in denen der Heimbetreiber gar nicht selbst gebaut hat und auch in jenen Fällen, in denen der Heimbetreiber das Objekt etwa nur mietet.

Da die Tagsätze aber auch dann nicht abgesenkt werden, wenn die Baukosten im Laufe der Jahre bis zur kalkulierten Grenze refinanziert wurden, erhalten die Betreiber ihre Objekte potenziell sogar mehrfach refinanziert.
 
Damit Gewinne aus dem Betrieb von Pflegeheimen in den Bilanzen nicht wiedergefunden werden, haben etliche Betreiber verschachtelte Netzwerke aus Betreibergesellschaften, Besitzergesellschaften, diverse Holdings und Kommanditgesellschaften gegründet. Diese Gebilde stehen zu einander bisweilen über wechselseitige Leistungsverträge und/oder Mietverträge in Rechtsbeziehungen, über die die durch Tagsätze, Regresseinnahmen und Sozialhilfezuschüssen erzielten Gewinne verschoben und letztendlich verschleiert werden.

Die Leistungserbringung erfolgt in manchen Heimen nur fragmentarisch oder durch den Einsatz von deutlich billigeren Fremdleistern, obwohl im Normkostenmodell angestelltes Personal eingerechnet wurde.
Auch sind im Normkostenmodell gleich mehrere Management- und Verwaltungsfunktionen vorgesehen und hoch dotiert, für deren Refundierung durch die öffentliche Hand es keine gesetzliche Grundlage gibt. Die meisten steirischen Pflegeheime benötigen keinen normkalkulierten Geschäftsführer, noch dazu parallel zu einem Heimleiter, der wiederum parallel zu einem Verwaltungsleiter arbeitet. Auch hat wohl kein einziges Pflegeheim einen - ebenso normkalkulierten - eigenen mit rund 40.000 € dotierten Dienstposten für einen Mitarbeiter des Rechnungswesens, da man sich am Markt der Steuerberater bedient.
Außerdem werden im Normkostenmodell diese Overheadkosten nicht nur einmal dem übergeordneten Rechtsträger zugerechnet, sondern finanzieren alle Funktionen in jedem einzelnen Pflegeheim! Das heißt einem Betreiber mit fünf Pflegeheimen mit 350 Plätzen werden fast vier Geschäftsführer, fünf Buchhalter usw. bezahlt, sodass in Summe 27,5 Vollzeitäquivalente für Management und Verwaltung öffentlich finanziert werden.

Der Mitteleinsatz über das Normkostenmodell wird vom Land Steiermark derzeit weder geprüft, noch werden jene Mittel zurückgefordert, für die keine nachweislichen Leistungen erbracht worden sind. Weder gibt es die erforderlichen Organisationseinheiten noch die nötigen Rechtsgrundlagen.
Seit 2006 gehen somit jährlich zwischen 30 und 60 Millionen Euro an ihrem vorgesehenen Wirkungsziel vorbei!

Ein neues Finanzierungsmodell muss in Zukunft jedenfalls individuelle Hotelkomponenten und individuelle Pflegekomponenten pro Klient beinhalten und sich am Konzept der Dienstleistungsqualität orientieren. Es soll einzelne Kostenkomponenten unterscheiden und innerhalb dessen einzelne Kostenarten in unterschiedlichen Ausprägungen von Detailkosten nach Kennzahlen differenzieren (z.B. Quadratmeter, Bettenanzahl, Außenflächen,...). Alle Variablen und Parameter müssen exakt benannt, quantifiziert und transparent dargestellt werden.

Anstelle von angenommenen Errichtungs- und Instandhaltungskosten sollen zukünftig Refundierungen nur mehr anhand der ortsüblichen Mietpreise auf Basis des Mietpreiskatalogs erfolgen.

Overheadkosten dürfen im neuen Finanzierungsmodell nicht ersetzt werden. Es steht dem Betreiber eines Pflegeheimes frei, jede beliebige Rechtsform zu wählen. Das Land Steiermark darf aber keinesfalls Kosten finanzieren, die sich aus der freien Wahl der Rechtsform ergeben.

Das neue Finanzierungsmodell muss vorsehen, dass zu definierten Tageszeiten mit definierten Arbeitsinhalten (z.B. Wecken, Hygiene, Essen, Medikation, etc.) entsprechend der Anzahl der Klienten bestimmte Anzahlen von Pflegepersonal anwesend zu sein haben.

In Zukunft muss klargestellt sein, dass das Land Steiermark und der Landesrechnungshof Einsicht in die Rechnungsabschlüsse und Buchführung der Pflegeheime und deren Träger nehmen darf, Übergenüsse zurückgefordert und Sanktionen verhängt werden können. Rückforderungsbeträge müssen auch Selbstzahlern zurückzuzahlen sein. Die verursachenden Pflegeheime müssen verpflichtet werden, die Kosten für den dadurch entstandenen Verwaltungsaufwand an die öffentliche Hand zu refundieren.
Die ermittelten Preise für ein Pflegeheim müssen gegenüber dem Träger künftig mittels Bescheid erlassen werden.

Alle künftigen Finanzierungsmaßnahmen müssen unter Prüfvorbehalt durch den Landesrechnungshof stehen.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert

1.) ein neues Finanzierungsmodell für Pflegeheime zu erarbeiten, das jedenfalls
  • individuelle Hotel- und Pflegekomponenten pro Klient und detaillierte Kostendifferenzierung beinhaltet, 
  • statt Errichtungs- und Instandhaltungskosten ortsübliche Mietpreise zugrundelegt
  • keine Management- oder Administrationskosten ersetzt,
  • sicherstellt, dass zu definierten Tageszeiten mit definierten Arbeitsinhalten jedenfalls genügend Pflegepersonal entsprechend der Anzahl der zu versorgenden Klienten anwesend ist,

2.) sicherzustellen, dass das Land Steiermark und der Landesrechnungshof Einsicht in die Rechnungsabschlüsse und Buchführung der Pflegeheime und deren Träger nehmen kann, Übergenüsse sowohl vom Land als auch von Selbstzahlern zurückgefordert werden können, und die Kosten für den dadurch entstandenen Verwaltungsaufwand an die öffentliche Hand vom verursachenden Pflegeheim refundiert werden, und

3.) sicherzustellen, dass alle künftigen Finanzierungsmaßnahmen von Pflgeheimen nur mehr unter Prüfvorbehalt durch den Landesrechnungshof erfolgen.


Unterschrift(en):
Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), Werner Murgg (KPÖ)