LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2825/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 05.06.2014, 13:35:36


Landtagsabgeordnete(r): Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Verfassung
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Untersuchungsausschüsse nach westösterreichischen und deutschen Standards

In der Steiermark ist bisher nur die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein Minderheitenrecht (mindestens ein Drittel der Abgeordneten). Dies schließt die Befugnis ein, den Gegenstand der Untersuchung, den Untersuchungsauftrag und die zahlenmäßige Zusammensetzung zu bestimmen. Wird die Einsetzung von zumindest 19 Abgeordneten (bzw. 16 Abgeordneten in der nächsten Gesetzgebungsperiode) schriftlich beantragt, so ist der Landtag verpflichtet, den Beschluss zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses zu fassen. Beweiserhebungen des Untersuchungsausschusses wie die Einvernahme von ZeugInnen und Sachverständigen, die Vornahme von Augenscheinen, die Aufnahme von Urkundenbeweisen oder sonstiger Beweismittel bedürfen jedoch eines Mehrheitsbeschlusses, sodass die Ausübung des Minderheitenrechtes wesentlich eingeschränkt ist. 

In Vorarlberg haben sich alle Fraktonen darauf geeinigt, dass künftig jeder Landtagsklub (mindestens drei Abgeordnete einer im Landtag vertretenen Partei) einmal pro Legislaturperiode die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangen können, in dem die Partei auch den Vorsitz führt.

Der Untersuchungsgegenstand wird in Vorarlberg vom Landtag beschlossen, wobei gegen den Willen der Antragsteller nur eine Konkretisierung des Themas möglich ist. Zur gleichen Zeit darf nur ein U-Ausschuss eingesetzt werden, dessen Tätigkeit ist zeitlich auf maximal 15 Monate begrenzt. Spätestens fünf Monate vor einer Landtagswahl muss das Verfahren beendet sein und es darf auch kein neuer U-Ausschuss einberufen werden. Die Größe des Gremiums richtet sich nach dem größten sonstigen Ausschuss des Landtages, das sind derzeit 14 Mitglieder. Der Obmann, der von der antragstellenden Partei vorgeschlagen wird, kann künftig mit einfacher Stimmenmehrheit im Landtag gewählt werden. Zur Unterstützung wird dem Vorsitzenden ein unabhängiger Experte als Verfahrensanwalt zur Seite gestellt.

In Salzburg können U-Ausschüsse einmal in der Legislaturperiode von jeder Landtagspartei unabhängig von der Anzahl ihrer Abgeordneten eingesetzt werden.

Bei der Reform der Regeln für Untersuchungsausschüsse sollten die demokratiepolitisch wesentlich höheren Standards in Deutschland Vorbild sein. Demnach sollten folgende Eckpunkte implementiert werden:

Einsetzung
Auf Verlangen eines Viertels der Abgeordneten bzw. eines Landtagsklubs einmal pro Legislaturperiode wird ein Untersuchungsausschusses eingesetzt (dies soll formal mit Verlesung des Verlangens erfolgen).

Untersuchungsgegenstand
Untersuchungsgegenstand kann alles sein, wofür die Länder gemäß der Bundes-Verfassung zuständig sind. Eine nachträgliche Änderung des Untersuchungsgegenstands ist nur auf Antrag der Verlangenden (Minderheit) mit Mehrheitsbeschluss möglich.

Eindeutig unzulässige Verlangen (zB wegen Bundeskompetenz) sind von der Präsidialkonferenz zurückzuweisen. Sofern die Landesregierung den Untersuchungsgegenstand teilweise für unzulässig hält, kann sie beim VfGH die Prüfung verlangen. In diesem Fall nimmt der Untersuchungsausschuss seine Arbeit vorläufig nur hinsichtlich der nicht angefochtenen Teile des Untersuchungsgegenstandes auf.

Vorsitz und Verfahrensanwalt
Der Obmann / die Obfau wird vom Ausschuss nach Beratung in der Präsidialkonferenz gewählt, wobei auf eine Abwechslung zwischen den Fraktionen zu achten ist. Weiters werden zwei StellvertreterInnen gewählt, von denen mindestens eine/r aus der/den Fraktion/en des verlangenden Viertels stammen muss.

Der Obmann / die Obfrau wird durch eine/n Verfahrensanwalt / Verfahrensanwältin unterstützt, der/die sich zu strittigen Fragen öffentlich äußern soll. Falls nötig können diese Äußerungen auch schriftlich verfasst und veröffentlicht werden.

Sitzungsfrequenz
Die Rolle des Obmannes / der Obfau bei der Terminplanung (Einteilung von Sitzungs- und Ladungsterminen) soll gestärkt werden: wenn es kein Einvernehmen gibt, soll der Obmann / die Obfrau unter bestmöglichem Ausgleich der Interessen entscheiden.

Richtlinien dafür sollen im Gesetz vorgegeben werden: so sollen mindestens 4 Sitzungen pro Monat stattfinden.

Öffentlichkeit
Sitzungen des Untersuchungsausschusses - insbesondere auch Befragungen von Auskunftspersonen - sollen medienöffentlich sein und im Internet gestreamt bzw. im Fernsehen/Radio übertragen werden können. Auskunftspersonen können der Live-Übertragung ihrer Befragung nur widersprechen, sofern sie nicht Personen des öffentlichen Lebens oder leitende öffentlich Bedienstete sind (darüber entscheidet der Obmann / die Obfrau nach Anhörung des Verfahrensanwaltes / der Verfahrensanwältin).

Beweismittel
Beweismittel (Vorlage von Akten bzw. Dokumenten sowie die Ladung von Auskunftspersonen) können mit Mehrheit beschlossen oder von einem Viertel der Mitglieder verlangt werden. So wie in Deutschland sollen nicht nur Ämter und Behörden, sondern auch "private" Personen oder Unternehmen zur Herausgabe von Beweismitteln verpflichtet sein.

Auskunftspersonen sollen das Recht erhalten, ihrerseits schriftliche Beweismittel und Stellungnahmen vorzulegen, die zu den Ausschussakten zu nehmen bzw. auf Wunsch der Auskunftsperson auch zu veröffentlichen sind.

Zu Beschlüssen oder Verlangen, die durch den Untersuchungsgegenstand nicht gedeckt oder unverhältnismäßig/rechtsmissbräuchlich sind, ist auf Antrag eines / einer Abgeordneten der Verfahrensanwalt zu hören. Der Obmann / die Obfrau entscheidet darüber und hat dies zu begründen. Wenn er/sie in seiner Entscheidung von der Empfehlung des Verfahrensanwaltes / der Verfahrensanwältin abweichen will, so kann er / sie dies nur im Einvernehmen mit den beiden StellvertreterInnen.

Ermittlungsbeauftragte/r
Zur Aufarbeitung der Beweisergebnisse kann auch ein/e Ermittlungsbeauftragte/r bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch Mehrheitsbeschluss oder auf Verlangen eines Viertels. Jeder Abgeordnete kann hinsichtlich der Beweisergebnisse Fragen zur Beantwortung durch den/die Ermittlungsbeauftragte/n formulieren, wobei nicht gedeckte bzw. unverhältnismäßige Fragen durch den Obmann / die Obfrau nach Anhörung des Verfahrensanwaltes zurückweisen sind. Die Bestellung von Ermittlungsbeauftragten zur Sichtung von Beweismitteln berührt jedoch nicht das Recht jedes Ausschussmitgliedes auf Einsicht in alle dem Ausschuss vorliegenden Dokumente.

Streitbeilegung
Landtagsintern wird im Streitfall zuerst eine Lösung auf Ebene der FraktionsführerInnen bzw. der Präsidialkonferenz angestrebt.
 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Es wird ein Unterausschuss eingerichtet, um eine Novelle zum Landes-Verfassungsgesetz und zum Gesetz über die Geschäftsordnung des Landtages Steiermark auszuarbeiten, damit in Hinkunft Untersuchungsausschüsse einmal in der Legislaturperiode von jedem Landtagsklub unabhängig von der Anzahl seiner Abgeordneten eingesetzt werden können und ein Verfahrensrecht mit zeitgemäßen Standards wie in Deutschland eingeführt wird. Insbesondere sollen folgende Standards verankert werden:
  • Auf Verlangen eines Viertels der Abgeordneten bzw. eines Landtagsklubs einmal pro Legislaturperiode wird ein Untersuchungsausschusses eingesetzt (dies soll formal mit Verlesung des Verlangens erfolgen).
  • Eine nachträgliche Änderung des Untersuchungsgegenstands ist nur auf Antrag der Verlangenden (Minderheit) mit Mehrheitsbeschluss möglich.
  • Der Obmann / die Obfau wird vom Ausschuss nach Beratung in der Präsidialkonferenz gewählt, wobei auf eine Abwechslung zwischen den Fraktionen zu achten ist. Weiters werden zwei StellvertreterInnen gewählt, von denen mindestens eine/r aus der/den Fraktion/en des verlangenden Viertels stammen muss.
  • Der Obmann / die Obfrau wird durch eine/n Verfahrensanwalt / Verfahrensanwältin unterstützt, der/die sich zu strittigen Fragen öffentlich äußern soll. Falls nötig können diese Äußerungen auch schriftlich verfasst und veröffentlicht werden.
  • Die Rolle des Obmannes / der Obfau bei der Terminplanung (Einteilung von Sitzungs- und Ladungsterminen) soll gestärkt werden: wenn es kein Einvernehmen gibt, soll der Obmann / die Obfrau unter bestmöglichem Ausgleich der Interessen entscheiden. Es sollen mindestens 4 Sitzungen pro Monat stattfinden.
  • Sitzungen des Untersuchungsausschusses - insbesondere auch Befragungen von Auskunftspersonen - sollen medienöffentlich sein und im Internet gestreamt bzw. im Fernsehen/Radio übertragen werden können. Auskunftspersonen können der Live-Übertragung ihrer Befragung nur widersprechen, sofern sie nicht Personen des öffentlichen Lebens oder leitende öffentlich Bedienstete sind.
  • Beweismittel können auch von einem Viertel der Mitglieder verlangt werden. So wie in Deutschland sollen nicht nur Ämter und Behörden, sondern auch "private" Personen oder Unternehmen zur Herausgabe von Beweismitteln verpflichtet sein.
  • Auskunftspersonen sollen das Recht erhalten, ihrerseits schriftliche Beweismittel und Stellungnahmen vorzulegen, die zu den Ausschussakten zu nehmen bzw. auf Wunsch der Auskunftsperson auch zu veröffentlichen sind.
  • Zu Beschlüssen oder Verlangen, die durch den Untersuchungsgegenstand nicht gedeckt oder unverhältnismäßig/rechtsmissbräuchlich sind, ist auf Antrag eines / einer Abgeordneten der Verfahrensanwalt zu hören. Der Obmann / die Obfrau entscheidet darüber und hat dies zu begründen. Wenn er/sie in seiner Entscheidung von der Empfehlung des Verfahrensanwaltes / der Verfahrensanwältin abweichen will, so kann er / sie dies nur im Einvernehmen mit den beiden StellvertreterInnen.
  • Zur Aufarbeitung der Beweisergebnisse kann auch ein/e Ermittlungsbeauftragte/r bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch Mehrheitsbeschluss oder auf Verlangen eines Viertels. Jeder Abgeordnete kann hinsichtlich der Beweisergebnisse Fragen zur Beantwortung durch den/die Ermittlungsbeauftragte/n formulieren.


Unterschrift(en):
Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)