LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ 3080/2

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Finanzen

Betreff:
Mariazeller Schwebebahnen GmbH - Sanierungsverfahren\; Bereitstellung der für die Sanierung erforderlichen Mittel in Höhe von € 2.759.400,--\; Abschreibung eines Ortserneuerungsdarlehens in Höhe von € 1.214.241,93\;
Genehmigung der Abtretung der Landesanteile um € 1,--\;
Genehmigung einer Investitionsförderung in Höhe von € 240.600,--\;
Genehmigung der beiliegenden Verträge\; Bevollmächtigung


zu:


  • 3080/1,
    Mariazeller Schwebebahnen GmbH - Sanierungsverfahren\; Bereitstellung der für die Sanierung erforderlichen Mittel in Höhe von € 2.759.400,--\; Abschreibung eines Ortserneuerungsdarlehens in Höhe von € 1.214.241,93\; \;
    Genehmigung der Abtretung der Landesanteile um € 1,--\; \;
    Genehmigung einer Investitionsförderung in Höhe von € 240.600,--\; \;
    Genehmigung der beiliegenden Verträge\; Bevollmächtigung (Regierungsvorlage)


Der Ausschuss "Finanzen" hat in

seiner Sitzung

vom
11.11.2014
über
den oben angeführten Gegenstand
die Beratungen durchgeführt.

Begründung:
Die Anteile am Stammkapital in Höhe von € 1.102.703,67 der "Mariazeller Schwebebahnen Gesellschaft m.b.H.", die neben einer Seilschwebebahn, zwei Vierersesselbahnen und zwei Schleppliften auch den Berggasthof auf der Bürgeralm und den Freizeitpark "Holzknechtland" betreibt, stellen sich derzeit wie folgt dar:

Gesellschafter
Stammeinlage
Beteiligung
Land Steiermark
€ 827.027,75
75%
Stadtgemeinde Mariazell
€ 88.216,29
8%
Gemeinde St. Sebastian
€ 66.162,22
6%
Tourismusverband Mariazellerland
€ 55.135,18
5%
Steiermärkische Bank und Sparkassen AG
€ 55.135,18
5%
Leitner Austria GmbH
€ 11.027,05
1%

Geschäftsführer der Gesellschaft ist seit 13.06.2014 Johann Kleinhofer.

In den letzten Jahren hatte das Unternehmen hohe Verbindlichkeiten aufgebaut, deren vollständige Tilgung nicht mehr erwirtschaftet werden konnte. Aufgrund der geringen Höhenlage des Skigebiets (868m bis 1267m) gab es immer wieder Probleme mit der Schneesicherheit. Deshalb wurde im Jahr 2011 in einen Ausbau der Beschneiung investiert, um so den Winterbetrieb zu sichern, die Ertragslage in der Wintersaison zu stabilisieren und damit den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens nachhaltig abzusichern. Nach dem vergangenen - in der nordöstlichen Steiermark - extrem schneearmen und milden Winter, in dem die Beschneiung der Pisten trotz der neuen Beschneiungsanlage nur eingeschränkt möglich war, war die Mariazeller Schwebebahnen GmbH jedoch aufgrund der fehlenden Umsätze aus der Wintersaison schließlich zahlungsunfähig geworden und gezwungen, am 20. Mai 2014 die Insolvenz (Sanierungsverfahren) anzumelden.

Mit Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 15.05.2014, GZ: ABT12-VV-BM.01-18/2014-986 wurde landesseits die erforderliche Fortführungskaution für die Weiterführung des Betriebes während der Sommermonate (bis Ende September) von € 300.000,-- zur Verfügung gestellt, damit einerseits die bereits geplanten Veranstaltungen (z.B. Mariazeller Bergwelle) auf der Mariazeller Bürgeralpe stattfinden konnten und andererseits die Sommermonate genutzt werden konnten, um ein nachhaltiges Entschuldungs- und Sanierungskonzept im Rahmen des gerichtlichen Insolvenzverfahrens zu erstellen.

In der Wintersaison sind auf der Bürgeralpe durchschnittlich 58.500 Skierdays zu verbuchen. In der Sommersaison fahren durchschnittlich 51.000 Gäste auf die Mariazeller Bürgeralpe. In der Wintersaison werden durch den Seilbahnbetrieb Umsätze im Nächtigungsbereich in der Höhe von € 1.500.000,-- in der Region ausgelöst. In einer von der Integrated Consulting Group erstellten Studie wurde die ökonomische Bedeutung der Gesellschaft mit einer jährlichen regionalen Wertschöpfung von rund € 5.500.000,-- beziffert. 61 Ganzjahresarbeitsplätze in der Region werden durch den Betrieb gesichert.

In den letzten Wochen haben intensive Verhandlungen mit den Gläubigern und möglichen Investoren stattgefunden. Ebenso wurden seitens der Abteilung 12 unter Einbeziehung von Experten und unter Federführung des neuen Geschäftsführers Möglichkeiten für die Neustrukturierung des Unternehmens ausgelotet und schließlich ein langfristiges Zukunftskonzept für die Mariazeller Schwebebahnen GmbH erarbeitet.

Ziel war es, das Unternehmen zu sanieren und den Weiterbetrieb durch das Engagement von privaten Interessenten zu sichern.
Das erarbeitete Zukunftskonzept fußt im Wesentlichen auf folgenden 5 Säulen:
1. Die Gesellschaft wird im Zuge des Sanierungsverfahrens entschuldet.
2. Die Landesanteile an der Mariazeller Schwebebahnen GmbH werden um den symbolischen Betrag von € 1,-- an eine private, lokale Interessentengruppe übertragen.
3. Die bisherige Mariazeller Schwebebahnen GmbH wird als reine Besitzgesellschaft weiterge-führt, hinzu tritt eine von der privaten Interessentengruppe neu zu gründende Betriebsgesellschaft.
4. Um den Betrieb nachhaltig zu sichern werden Restrukturierungsmaßnahmen umgesetzt, die zu einer Ergebnisverbesserung führen sollen.
5. Das Land Steiermark stattet das Unternehmen mit Mitteln für notwendige Ersatz- und Attraktivierungsinvestitionen der nächsten 4 Jahre aus.

Ad 1.)
Im Sanierungsverfahren wurden bis zum Stichtag 13.10.2014 von den Gläubigern Forderungen in der Höhe von insgesamt € 5.576.135,41 angemeldet.

Davon wurden vom Masseverwalter Forderungen in Höhe von € 4.720.966,47 anerkannt. Darin enthalten ist auch die Forderung aus dem unbesicherten Ortserneuerungsdarlehen der Abteilung 15 (Laufzeit 50 Jahre, endfällig, bei 1%-iger Verzinsung) in Höhe von derzeit aushaftenden € 1.214.241,93 (Darlehensbetrag € 1.090.092,51 zzgl. bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anerlaufener Zinsen). Um einen wirtschaftlichen Neustart der Mariazeller Schwebebahnen GmbH ohne Altlasten zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, dass das Land Steiermark auf diese Darlehensforderung verzichtet. Dies auch unter dem Aspekt, dass die Quote wiederum vom Land Steiermark zu finanzieren wäre. Es erscheint daher zielführend, die Forderung aus dem Ortserneuerungsdarlehen abzuschreiben.

Betreffend die besicherten Forderungen wurde mit den Banken verhandelt und konnte ein Teilnachlass erreicht werden.

Zur Bedienung der übrigen Forderungen und damit für die Entschuldung des Unternehmens sind im Sanierungsverfahren jeweils aufzubringen (gerundete Zahlen):

20%-Sanierungsplanquote:                                                        €          600.000,--

Für die Bedienung und Ablöse der besicherten Forderungen:  €       2.022.000,--

Kosten des Sanierungsverfahrens:                                              €          137.400,--

Die Gesamtkosten des Sanierungsverfahrens belaufen sich somit auf
                                                                                                      €       2.759.400,--.

Entsprechend den Vorgaben des Insolvenzrechts erfolgt die Befriedigung der quotenmäßig zu bedienenden Forderungen über das Insolvenz-Anderkonto des Masseverwalters. Die Bedienung und Ablöse der besicherten Forderungen (Absonderungsrechte) erfolgt über das Anderkonto des Gemeinschuldnervertreters.

Die Sanierungsplan-, Schlussrechnungs- und nachträgliche Prüfungstagsatzung findet am 29. Oktober 2014 beim LG Leoben statt.

Ad 2.)
Es hat sich eine Gruppe lokaler Interessenten gefunden, die bereit ist, die entschuldete Gesellschaft zu übernehmen und den Betrieb auf der Bürgeralpe weiterzuführen. Die neuen Gesellschafter werden dem Unternehmen - ausgenommen die unten genannten Mittel für die Konzessionsverlängerung- zwar kein zusätzliches Kapital zur Verfügung stellen, aber als Arbeitsgesellschafter ihre jeweilige Fachexpertise (kostenlos) einbringen. Diese Personengruppe vereinigt insbesondere folgende Kompetenzen: Touristiker, Baufachmann, Seilbahnexperte und Steuerberater.

Der Vertrag zur Übernahme der Gesellschaftsanteile enthält folgende Eckpunkte:

  • Die neuen Gesellschafter geben eine Bestandsgarantie des Unternehmens über 10 Jahre (Winter-betrieb) bzw. 15 Jahre (Sommerbetrieb) unter der Bedingung ab, dass das Land Steiermark oder ein Dritter (Privater Investor) die € 500.000,-- übersteigenden Kosten für die im Jahr 2018 anstehenden Konzessionsverlängerungen der Seilbahn zur Verfügung stellt\; ohne eine Übernahme dieser Kosten kann eine Bestandsgarantie nicht abgegeben werden.

  • Die Gesellschafter verzichten auf Entnahmen aus der Besitzgesellschaft\; in dieser entstehende Liquiditätsüberschüsse werden zur Finanzierung von Investitionen herangezogen.

Die Sicherheiten (Pfandrechte am Anlagevermögen) aus den abgelösten besicherten Forderungen gehen an das Land Steiermark über.

Im Ergebnis sind die Gesellschafter somit bereit, mitzuarbeiten ohne jemals einen Profit aus der Gesellschaft ziehen zu können. Dies deshalb, da jeder der Gesellschafter in der Region verankert ist und so vom Weiterbestand der Schwebebahn - mittelbar -  profitiert.

Angemerkt wird, dass seitens der neuen Gesellschafter beabsichtigt ist, auch die Gesellschaftsanteile der Gemeinden Mariazell und Sankt Sebastian zu übernehmen.
Die Abtretung der Landesanteile erfolgt durch Abschluss des Abtretungsvertrages (Beilage 1).


Ad 3.)
Die Mariazeller Schwebebahnen GmbH als Besitzgesellschaft wird weiterhin Eigentümerin sämtlicher Anlagen sein und tätigt und finanziert sämtliche Investitionen in das Anlagevermögen. Finanziert wird die Besitzgesellschaft über die Pachteinnahmen, die sie aus der Verpachtung der Anlagen bzw. das Unternehmen "Seilbahnbetrieb" und "Gastronomie" an die neu zu gründende Betriebsgesellschaft erhält.

Diese Zwei-Gesellschaften-Lösung soll u.a. auch sicherstellen, dass über die Festsetzung der Pachthöhe ausreichend Mittel für notwendige Reinvestitionen in der Besitzgesellschaft angespart werden können. Die entschuldete Besitzgesellschaft erzielt einen positiven Cashflow in Höhe von über € 300.000,-- p.a. und ist somit in der Lage, zukünftige Investitionen zu einem erheblichen Teil aus eigener Kraft zu finanzieren. Durch den Verzicht der Gesellschafter auf Entnahmen in der Besitzgesellschaft wird gewährleistet, dass die Mittel auch tatsächlich in der Gesellschaft verbleiben.

Die Betriebsgesellschaft, deren Hauptgesellschafter die Besitzgesellschaft sein wird, an der aber auch andere lokale Interessenten wie beispielweise die Mariazellerland GmbH beteiligt sein sollen, führt den operativen Geschäftsbetrieb und trägt das wirtschaftliche Risiko des operativen Betriebes. Nach den Planrechnungen sollte es nach Umsetzung der unter Punkt 4. angeführten Restrukturierungsmaßnahmen und der unter Punkt 5. dargestellten Mittelausstattung möglich sein, dass die Betriebsgesellschaft nach Zahlung der Pacht an die Besitzgesellschaft ausgeglichen wirtschaftet. Die Pachthöhe wiederum ist so angesetzt, dass diese den Mittelbedarf der Besitzgesellschaft einschließlich der Abschreibungen bedeckt.

Die gesamte Planung basiert darauf, dass keine Fremdkapitalkosten bedient werden müssen. Zusätzliche Finanzierungskosten würden dazu führen, dass das Unternehmensergebnis der Betriebsgesellschaft nicht mehr positiv wäre.


Ad 4.)
Dem Konzept liegt zu Grunde, dass u.a. die nachfolgenden Ergebnisverbesserungsmaßnahmen und Einsparungs- und Restrukturierungsmaßnahmen umgesetzt werden:
  • Die Betriebszeiten der Seilbahn werden sowohl in der Sommer- als auch in der Wintersaison um eine halbe Stunde verkürzt.
  • Im Mai und Oktober ist das Unternehmen an zwei Tagen in der Woche geschlossen.
  • Die Dauer der Wintersaison wird je nach Schneelage angepasst.
  • Örtliche Unternehmen leisten - gegen Erbringung echter Marketingleistungen - Marketingbeiträge, die zum Ausgleich von Verlusten, die in extrem schlechten Wintern entstehen können, angespart werden.
  • Seitens des Verpächters Forstkommune erfolgt in Schlechtwetterjahren eine Pachtreduktion.
  • Im Gastro-Bereich erfolgt eine Reorganisation, die den Anteil der Personalkosten deutlich senken soll.
  • Der örtliche Tourismusverband übernimmt Aufgaben im Bereich des Marketings der Mariazeller Schwebebahnen GmbH.


Ad 5.)
Um den Betrieb der Bahnen auf der Mariazeller Bürgeralpe längerfristig zu sichern, unterstützt das Land Steiermark in den nächsten 4 Jahren notwendige Investitionen auf der Mariazeller Bürgeralpe in der Gesamthöhe von rund € 1.600.000,--.

Darin enthalten sind Investitionskosten für Erhaltungsinvestitionen (z.B. Pistengeräte, Elektronik, Bergegeräte etc.)-- sowie Mittel für Attraktivierungsinvestitionen für den Sommerbetrieb, der künftig ein wichtiges Standbein des Betriebs auf der Mariazeller Bürgeralpe sein soll.

Das Unternehmen erhält heuer noch eine Investitionsförderung in Höhe von € 240.600,--. Die weiteren Mittel in der Höhe von € 1.359.400,-- werden in den Jahren 2015-2017 vom Gemeinderessort zur Verfügung gestellt, wobei für 2015 die Auszahlung von € 559.400,-- sowie für 2016 und 2017 die Auszahlung von jeweils € 400.000,-- geplant sind.

Es wird daher vorgeschlagen, landesseits die erforderlichen finanziellen Mittel für die Entschuldung des Unternehmens und die Weiterführung des Betriebes in Höhe von € 2.759.400,-- zur Verfügung zu stellen, notwendige Investitionen in den Betrieb mit € 240.600,-- zu fördern und den Landesanteil an der Mariazeller Schwebebahnen GmbH an die lokale Interessentengruppe abzutreten, damit ein entschuldeter Seilbahnbetrieb mit neuen lokalen Eigentümern auf der Mariazeller Bürgeralpe wichtige touristische Impulse für die Region Mariazellerland setzen kann.

Es wird vorgeschlagen, den Leiter der Abteilung 12 zur Unterfertigung der beiliegenden, einen integrierenden Bestandteil dieses Antrages bildenden Verträge für das Land Steiermark zu bevollmächtigen und zu beauftragen. Rein formale bzw. geringfügige Änderungen ohne Veränderung des wirtschaftlichen Gehalts, die zu keiner Mehrbelastung des Landes Steiermark führen, können in den beiliegenden Verträgen noch durchgeführt werden.

Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Oktober 2014.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Abtretung der Landesanteile an der Mariazeller Schwebebahnen GmbH und der Abschluss des Abtretungsvertrages wird im Rahmen der dargestellten Gesamtlösung genehmigt.