LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2911/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 24.07.2014, 09:42:01


Landtagsabgeordnete(r): Hannes Amesbauer (FPÖ), Andrea Michaela Schartel (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Franz Voves

Betreff:
Rückkehr zur sprachlichen Normalität

In einem offenen Brief an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner forderten Mitte Juli dieses Jahres über 800 Universitätsprofessoren, Lehrer, Journalisten und andere Sprachkritiker dem Wildwuchs durch das sprachliche "Gendern" Einhalt zu gebieten. Unter den Unterzeichnern des Briefes, mehr als die Hälfte der Personen waren übrigens Frauen, fanden sich unter anderem Chris Lohner (Schauspielerin und Moderatorin), Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer (Universität Wien), Univ.-Prof. i. R. Dr. Heinz-Dieter Pohl (Universität Klagenfurt), Univ.-Prof. Dr. Konrad Liessmann (Universität Wien), Univ.-Prof. Dr. Peter Wiesinger (Universität Wien), Univ.-Prof. Dr. Herbert Zeman (Universität Wien), ao. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Taschner (Technische Universität Wien), Prof. Mag. Dr. Tomas Kubelik und Dr. Annelies Glander (Universität Wien). Sie forderten die Streichung bestimmter Auswüchse der "Gender-Schreibung" und nannten dabei konkret das Binnen-I (KollegInnen), den Schrägstrich im Wortinneren (Kolleg/-innen), die Klammern innerhalb eines Wortes (Kolleg(inn)en) und das hochgestellte "a" bzw. "in" im Anschluss an bestimmte Abkürzungen (Mag.a, Dr.in).


Die Autoren begründeten ihren Vorstoß damit, dass diese Schreibformen nicht dem amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung entsprächen, Kindern das sinnerfassende Lesen wesentlich erschwert werde und Personen, die Deutsch als Fremdsprache lernen, vor große Probleme stelle. Bezugnehmend auf die von feministischer Seite ignorierte Funktion des grammatikalischen Geschlechts hielten die Unterzeichner wie folgt fest:

Die feministisch motivierten Grundsätze zur "sprachlichen Gleichbehandlung" basieren auf einer einseitigen und unrichtigen Einschätzung der Gegebenheiten in unserer Sprache. Das "generische Maskulinum" (z. B. Mensch, Zuschauer…) zum Feindbild zu erklären und dessen Abschaffung zu verlangen, blendet die Tatsache aus, dass unsere Sprache ebenso ein "generisches Femininum" (z. B. Person, Fachkraft…) und ein "generisches Neutrum" (z. B. Publikum, Volk…) kennt. Alle seit Jahrhunderten als Verallgemeinerungen gebrauchten Wörter umfassen prinzipiell unterschiedslos beide Geschlechter. Die angeführten Beispiele beweisen dies. Es kann also weder die Rede davon sein, dass das jeweils andere Geschlecht nur "mitgemeint" sei, noch dass das "generische Maskulinum" ein "geronnener Sexismus" wäre und für die Unterdrückung der Frau in der Sprache stünde. Die Sprachfrequenzforschung belegt ganz im Gegensatz dazu überzeugend, dass der feminine Artikel "die" in allen Arten von Texten um ein Vielfaches häufiger repräsentiert ist als der maskuline Artikel "der".

Die Autoren des Briefes schlugen daher vor, den ÖNORM-Entwurf A 1080 zur geschlechtergerechten Sprache als Grundlage der Textgestaltung im öffentlichen Bereich zu erklären. Dieser Entwurf sieht unter anderem vor, das "Binnen-I" sowie andere morphologische Gender-Kunstgriffe (Schrägstrich im Wortinneren (Kolleg/-innen), Klammern (Kolleg(inn)en), hochgestelltes "a" und "in") im öffentlichen Schriftverkehr nicht zu verwenden und der eingeschlechtlichen Formulierung den Vorzug zu geben, wenn die Verständlichkeit eines Textes sonst nicht sichergestellt werden kann: "In Publikationen wie Geschäftsberichten, Informationsbroschüren oder wissenschaftlichen Arbeiten sollten personenbezogene Ausdrücke jeweils in verallgemeinernder Form eingesetzt werden. Das unterstützt die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Inhaltes. In diesem Fall ist dem Text an geeigneter Stelle eine klärende Generalklausel voranzustellen," heißt es im Entwurf der Sprachexperten zur Regelung des Schriftverkehrs.

Nicht nur auf Bundesebene auch auf Landesebene hat in den letzten Jahren die Verwendung von kreativ anmutenden "Gender-Bezeichnungen" in offiziellen Schriftstücken des Landes Steiermark Einzug gehalten. Mit dem Landtagsbeschluss vom 25. März 2003 wurde die Landesregierung aufgefordert, bestimmte gleichgeschlechtliche Formulierungsrichtlinien zu beachten. Im Antragtext wurden hierzu folgende "Rechtschreibmöglichkeiten" aufgezählt:
 
• explizite Erwähnung von Frauen und Männern, z.B. "Studentinnen und Studenten" oder
• abgekürzte Nennung beider Geschlechter, z.B. "der/die Studierende" oder
• Verwendung des großen "I" im Wortinnern, z.B. "Studentinnen"

Eine vom Landtag beschlossene Verpflichtung zur Verwendung dieser Schreibweise gibt es nicht, da die Regierung lediglich aufgefordert wurde, die oben angeführten Formulierungsrichtlinien "zu beachten". Dennoch wurden und werden seitens der Landesregierung, der überwiegenden Mehrheit der Landtagsparteien und zahlreicher Abteilungen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung das "Binnen-I" und andere Formen zur Sichtbarmachung des weiblichen Geschlechts verwendet. Diesen kreativen Formen der Wortbildung steht freilich das amtliche Regelwerk entgegen. Der "Duden", bekanntlich das bedeutendste Wörterbuch der deutschen Sprache, hielt dazu im Jahr 2011 wie folgt fest: "Die Verwendung des großen I im Wortinnern (Binnen-I) entspricht nicht den Rechtschreibregeln." Der Rat für deutsche Rechtschreibung teilte im Jahr 2013 mit, "dass die Binnengroßschreibung nicht Gegenstand des amtlichen Regelwerks ist" und auch das Wörterbuch "Wahrig" konstatierte, dass das "Binnen-I" nicht den amtlichen Rechtschreibregeln entspricht.
Kritik am "Binnen-I" kommt auch von Frauenorganisationen. So lehnt etwa die ÖVP-Frauenorganisation diese Schreibung ab, wie die Bundesvorsitzende NAbg. Dorothea Schittenhelm klarstellte: "Bei der Diskussion um eine geschlechtergerechte Sprache bin ich sehr für die Abschaffung des Binnen-I und für eine korrekte Verwendung der männlichen und weiblichen Form."

Im Bereich der Landesgesetzgebung hat die konsequente männliche und weibliche Schreibweise von bislang ausschließlich grammatikalisch maskulinen Bezeichnungen selbst bei einfachen Sätzen zu deutlichen Textverlängerungen geführt, wie folgendes Beispiel offenbart:

"Normale" Schreibweise:
"Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, einem oder zwei Landeshauptmann-Stellvertretern sowie weiteren Mitgliedern (Landesräten)."

"Gegenderte" Schreibweise:
"Die Landesregierung besteht aus der Landeshauptfrau/dem Landeshauptmann, einer/einem oder zwei Landeshauptfrau-Stellvertreterinnen/Landeshauptfrau-Stellvertretern/Landeshauptmann-Stellvertreterinnen/Landeshauptmann-Stellvertretern sowie weiteren Mitgliedern (Landesrätinnen/Landesräten)."

Durch die beharrliche Nennung des männlichen und weiblichen Geschlechtes wurde aus dem Wort Landeshauptmann-Stellvertreter(n) ein Wortungetüm aus nicht weniger als 135 Buchstaben, das sich über eineinhalb Zeilen ausbreitet und die Lesbarkeit des Gesetzestextes nahezu unmöglich macht. Diese Schreibweise ignoriert die Tatsache, dass es innerhalb der deutschen Sprache einen Unterschied zwischen biologischem (Sexus) und grammatikalischem Geschlecht (Genus) gibt und letzteres in seiner Form alle Personen umfasst. Insofern ist die Verwendung des generischen Maskulinums, Femininums oder Neutrums, im Gegensatz zur feministischen Schreibweise, in keiner Weise diskriminierend, da alle Geschlechter - und nicht nur die männliche und weibliche Bezeichnungsform - Berücksichtigung finden.

Mit der völligen Ausblendung des grammatikalischen Geschlechts geht eine Einschränkung der Vielfalt der deutschen Sprache einher, da zigtausende Aussagen nicht mehr fehlerlos dargelegt werden können. Der Satz "Mütter sind eben doch die besseren Autofahrer" lässt sich ohne die Verwendung des generischen Maskulinums nicht korrekt wiedergeben. "Gendert" man das Wort Autofahrer, würde das bedeuten, dass Mütter nur im Segment der weiblichen Autofahrer die besseren Autolenker sind. Der Beispielsatz soll allerdings zum Ausdruck bringen, dass Mütter unter allen Autofahrern (männlichen und weiblichen) die besseren Autolenker sind. Auch bestimmte Satzkonstruktionen mit Indefinitpronomen ("jemand", "niemand", "irgendwer" etc.) können durch die verpflichtende "Gender-Schreibweise" nicht mehr verwendet werden, da sie nun mal eingeschlechtlich (männlich) sind. Der geläufige Aussagesatz "Wir suchen dringend jemanden, der unsere Internetseite überarbeitet." macht deutlich, dass das eingeschlechtliche "jemand" als grammatisch korrektes Pendant ein "der" benötigt. Es steht völlig außer Zweifel, dass damit alle Menschen gemeint sind, obwohl das Indefinitpronomen das maskuline Relativpronomen "der" verlangt.

Gender-Kunstgriffe können in diesen Fällen nicht angewandt werden oder verfälschen den Inhalt der Aussage, wie das oben angeführte Beispiel zeigt. Darüber hinaus entsprechen sie nicht immer dem Sprachgesetz der Kongruenz (= Übereinstimmung von aufeinander bezogenen Satzteilen), das in der deutschen Sprache verpflichtend einzuhalten ist. Die von der Gleichbehandlungsstelle Steiermark geforderte verpflichtende, geschlechtergerechte Formulierung bei Stellenausschreibungen ist beim einfachen Satz "Wir suchen eine/n wissenschaftliche/n Mitarbeiter/in…" im Hinblick auf seine Sprachrichtigkeit schlichtweg falsch. Denn beim ersten und zweiten Wortpaar ("eine/n", "wissenschaftliche/n") erscheint jeweils zuerst die weibliche, dann die männliche Form. Beim letzten Wortpaar ("Mitarbeiter/in") ist hingegen zuerst die männliche und dann die weibliche Form anzutreffen. Nach den Gesetzmäßigkeiten der deutschen Sprache, diese ist schließlich gemäß Art 5 der Landesverfassung die Geschäftssprache der Behörden und Ämter des Landes und gemäß § 76 der Geschäftsordnung des Landtages Steiermark die Verhandlungs- und Geschäftssprache des Landtages und seiner Ausschüsse, müssen solche Reihungen im Sinne der Kongruenz parallel gebaut sein. Den Lesern ein bunt zusammengewürfeltes "Buchstaben-Puzzle" vorzulegen und ihn vor die Aufgabe zu stellen, sich selbst die passenden Teile korrekt zusammenzusetzen ist weder Sinn und Zweck der Funktion der Sprache noch ein Zeichen der Wertschätzung des männlichen bzw. weiblichen Geschlechtes.

Sprache dient sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form in erster Linie der problemlosen Verständigung und nicht der Durchsetzung partikulärer Interessen. Die auf politischer Ebene zu führende Diskussion über die Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft auf dem sprachwissenschaftlichen Teilgebiet der Grammatik auszutragen, geht völlig ins Leere, da dadurch die vielfältigen Nachteile, denen Frauen im Alltag begegnen müssen (weniger Lohn für gleiche Arbeit etc.), in keiner Weise gelöst werden. Vielmehr wird durch die Verunstaltung von schriftlichen Texten, entgegen der amtlich gültigen Rechtschreibnormen, den zweifelsohne berechtigten Anliegen von Frauen im Bereich der Gleichstellung kein guter Dienst erwiesen. Im Sinne einer Rückkehr zur sprachlichen Normalität sollte der Entwurf der ÖNORM A 1080 als Grundlage der Textgestaltung im Amt der Steiermärkischen Landesregierung sowie im Landtag Steiermark verwendet werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, den Entwurf der ÖNORM A 1080 als Grundlage der Textgestaltung im Amt der Steiermärkischen Landesregierung zu verwenden.

Der Landtag Steiermark spricht sich für den Entwurf der ÖNORM A 1080 aus und erklärt diesen zur Grundlage der Textgestaltung im öffentlichen Bereich.


Unterschrift(en):
Hannes Amesbauer (FPÖ), Andrea Michaela Schartel (FPÖ), Gunter Hadwiger (FPÖ)