LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3129/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 20.11.2014, 13:34:53


Landtagsabgeordnete(r): Werner Murgg (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Siegfried Schrittwieser

Betreff:
Wohnbeihilfe für alle, die sie brauchen?

Wohnen ist ein unverzichtbares Grundbedürfnis. Im Gegensatz zu anderen Gütern zeichnet sich das Gut Wohnen dadurch aus, dass es nicht substituierbar und zudem standortgebunden ist, die Produktionszeiten lang, die Produktionskosten sehr hoch und die Nutzungsdauern sehr lang sind. Wohnen lässt sich mit anderen Gütern nicht vergleichen. Das Eingreifen des Staates ist daher für Fragen der Verteilung und der Sozialpolitik unabdingbar. Die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit ausreichendem und adäquatem Wohnraum zählt zu den wichtigsten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen.

Regulierte Mietpreise und ein ausreichendes Angebot des gemeinnützigen bzw. öffentlichen Sektors wirken sich wesentlich auf die Leistbarkeit des Wohnens aus. So haben Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen jeweils die geringsten jährlichen Steigerungen (ca. 2,3 % pro Jahr) der Mietpreise zu verzeichnen.
Allerdings verkleinert sich derzeit der Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes durch die Alterung des Gebäudebestandes (und die Nichtanpassung des MRG an dieses Faktum). Die Zahl der jährlich fertiggestellten bzw. sanierten Wohnungen des gemeinnützigen Sektors hat sich seit den 90er Jahren massiv verringert. Dies, in Verbindung mit einer wachsenden Bevölkerung und vor allem zunehmender Haushaltsverkleinerung, verschärft die Wohnungsproblematik.

Von 1980 bis 2010 hatte Österreich ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum (BIP) von über 2,1 % zu verzeichnen. Die verfügbaren Einkommen blieben demgegenüber mit durchschnittlich 1,8 % Zuwachs pro Jahr zurück. Der Verbraucherpreisindex stieg von 1980 bis 2010 jährlich im Schnitt um 2,6 %, die Mieten aber stiegen in diesem Zeitraum um jährlich durchschnittlich 4,4 Prozent (Quelle:  WIFO).
Die Mietpreise steigen also weitaus stärker als das Einkommen der Menschen, aber auch als die sonstigen Verbraucherpreise.

Neben der Objektförderung (Wohnbauförderung) ist die Subjektförderung (Wohnbeihilfe) ein unverzichtbares Element der Wohnungspolitik. Die Wohnbeihilfe hat sich aber nach den 90er Jahren umgekehrt proportional zum Mietpreis entwickelt.

Laut WBF-Gesetz 1989 hatten folgende Personengruppen Anspruch auf Wohnbeihilfe: MieterInnen einer geförderten Mietwohnung\; MieterInnen einer Gemeindewohnung oder geförderten Genossenschaftwohnung\; WohnungseigentümerInnen(anwärterInnen) einer geförderten Eigentumswohnung.
Die Wohnbeihilfe berechnete sich aus der Differenz zwischen dem auf die angemessene Nutzfläche entfallenden Wohnungsaufwand  und dem zumutbaren Wohnungsaufwand. In den 90er Jahren war die Wohnbeihilfe nach oben nicht gedeckelt.

Ab 1998 waren auch UntermieterInnen einer von einer Gemeinde gemieteten geförderten Wohnung und ab 2000 auch HauptmieterInnen von nicht geförderten Mietwohnungen wohnbeihilfenberechtigt, wenn der Hauptmietzins nicht höher als der Richtwert war.
Für Mindestpensionspaare galt im Jahr 2000 bei einem damals durchschnittlichen Mietpreis (lt. Immobilienpreisspiegel der WK Österreich) von etwa 5.000 öS für eine 70 m²-Wohnung, ein zumutbarer Wohnungsaufwand von 2.000 öS. Für alleinstehende AusgleichszulagenbezieherInnen war bei einem durchschnittlichen Mietpreis von 3.700 öS für eine 50 m²-Wohnung 810 öS als zumutbar festgelegt.

2002 kam es unter LR Hirschmann zu einer radikalen Kürzung der Wohnbeihilfe. Sie wurde für 1-Personen-Haushalte mit 1.800 öS (131 €), für 2-Personen-Haushalte mit 2.300 öS (167 €) gedeckelt.  In aller Eile wurde ein "Härtefonds" eingerichtet, der einen Zuschuss gewährte, wenn die Belastung 1/8 des verfügbaren Einkommens überstieg. Die Mittel aus diesem Härtefonds waren zuzüglich 0,5 % Zinsen pro Jahr rückersatzpflichtig.

2006 wurde die Wohnbeihilfe unter LR Flecker reformiert. Zur Mietbeihilfe wurden zusätzlich 1,56 €/m² als pauschaliertem Betriebskostensatz gewährt, wodurch die maximale Wohnbeihilfe für Einzelpersonen von 131 € auf 182 € pro Monat anstieg. Gleichzeitig wurde der Härtefonds wieder abgeschafft.
Der BezieherInnenkreis wurde von 28.000 wieder auf 32.000 Personen erweitert. Mindestpensionspaare konnten 103 € an Wohnbeihilfe erhalten, alleinstehende MindestpensionistInnen sogar die volle Wohnbeihilfe von 182 €.

2011 wurde die Betriebskostenpauschale unter LR Schrittwieser halbiert. Die maximale Wohnbeihilfe beträgt seitdem nur mehr 143 € für eine Einzelperson und 174,40 € für zwei Personen. Mindestpensionspaare erhielten gar keine Wohnbeihilfe mehr, alleinstehende AusgleichszulagenbezieherInnen nur mehr etwa 92 €.
5.000 Menschen verloren den Anspruch auf Wohnbeihilfe.

2013 hob LR Schrittwieser die Einkommensgrenzen um 3,5 % an. Mindestpensionspaare hatten weiterhin keinen Anspruch, alleinstehende MindestpensionistInnen bekamen weiterhin nur etwa 92 €. Der BezieherInnenkreis verringerte sich weiter auf 26.000.

Ab 1.1.2015 werden nun die Einkommensgrenzen um 10 % angehoben. Alleinstehende MindestpensionistInnen erhalten ab 2015 nun um monatlich 12 € mehr an Wohnbeihilfe. Ehepaare mit Mindestpension sind auch weiterhin offenbar zu wohlhabend, um Wohnbeihilfe zu beziehen.
Aber auch z.B. eine Familie, 2 Erwachsene mit 2 Kindern, die ein monatliches Einkommen von gerade 1.485 € und durchschnittliche Mietkosten von etwa 550 € (6,30 €/m² lt. Statistik Austria) hat, ist nicht berechtigt Wohnbeihilfe zu beziehen.

Diese als Erhöhung gepriesene Wohnbeihilfe grenzt weite Bevölkerungsgruppen, die sich am Rande zur Armut befinden und eine Unterstützung wirklich benötigen würden, aus.



  1. Wieviele Menschen bezogen zwischen 2006 und 2011 jährlich Wohnbeihilfe?
  2. Wieviele Menschen hatten zwischen 2012 und 2014 jährlich Anspruch auf Wohnbeihilfe?
  3. Wie haben sich die Mietpreise seit 2006 in der Steiermark entwickelt?
  4. Wie hat sich die maximal mögliche Wohnbeihilfe für Einzelpersonen, 2-Personen-Haushalte, 3-Personen-Haushalte, 4-Personen-Haushalte und 5-Personenhaushalte seit 2006 entwickelt?
  5. Wieviele PensionistInnen-Paare gibt es in der Steiermark, die einen so geringen Pensionsanspruch haben, dass sie eine Ausgleichszulage erhalten?
  6. Wieviele dieser Paare hatten zwischen 2012 und 2014 jährlich Anspruch auf Wohnbeihilfe?
  7. Wieviele dieser Paare werden ab 1.1.2015 Anspruch auf Wohnbeihilfe haben?
  8. Verdienen MindestpensionistInnenpaare Ihrer Einschätzung nach so viel, dass sie keine Wohnbeihilfe benötigen?
  9. Ist es richtig, dass eine vierköpfige Familie mit einem monatlichen Einkommen von 1.485 € auch ab 1.1.2015 keinen Anspruch auf Wohnbeihilfe hat?
  10. Halten Sie eine wirkliche Erhöhung der Wohnbehilfe, d.h. der jeweils maximal möglichen Ansprüche, zumindest auf das Niveau der Wohnbeihilfenverordnung 2006, für nicht gerechtfertigt?
  11. Halten Sie es für nicht gerechtfertigt, auch die Wohnbeihilfenhöhe zu indexieren, um den jährlichen Mietenanstieg abzufedern?


Unterschrift(en):
Werner Murgg (KPÖ), Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)