LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3243/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 15.01.2015, 18:25:34


Landtagsabgeordnete(r): Peter Samt (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: -
Regierungsmitglied(er): Siegfried Schrittwieser

Betreff:
Neues Jahr, altes Chaos im Flüchtlingswesen in der Steiermark – was tut die Landesregierung?

Seit dem Herbst des letzten Jahres versuchte Landeshauptmann-Stv. Siegfried Schrittwieser durch die Abhaltung sogenannter "Informationsveranstaltungen" die steirischen Bürgermeister für die Unterbringung von Asylwerbern zu begeistern. Nicht selten wurden dabei die Gemeindeoberhäupter öffentlich brüskiert und ob der Anzahl der in ihren Kommunen versorgten Flüchtlinge an den Pranger gestellt. Darüber hinaus gelangten auch einige Fälle ans Tageslicht, bei denen gegen den entschiedenen Willen der Gemeindeführung bzw. ohne eine Vorabinformation an diese zu geben, Asylwerber in den Gemeinden untergebracht wurden. Damit griff Schrittwieser genau zu jenen demokratiepolitisch bedenklichen Durchsetzungsmitteln, die er bei Innenministerin Mikl-Leitner im Zuge der Errichtung des Erstaufnahmezentrums in Spital am Semmering als "ausgesprochen unsensible und nicht akzeptable Vorgehensweise" bezeichnete. Schrittwieser weiter: "Ich bin für eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen auf das gesamte Bundesgebiet, lehne es aber ab, gerade dort noch zusätzliche Quartiere zu schaffen, wo die Belastung ohnehin schon groß ist", so der zuständige Landesrat.

Diese Aussage ist insofern bemerkenswert, als Schrittwieser die Verantwortung dafür zu tragen hat, dass in Relation zur Einwohnerzahl in der ehemaligen Gemeinde Mürzsteg (seit 1. 1. 2015 Neuberg an der Mürz) mit Abstand am meisten Asylwerber untergebracht werden. Die ausgewogene Verteilung, die Schrittwieser gegenüber der Innenministerin einmahnte, setzt er augenscheinlich im eigenen Wirkungsbereich in keiner Weise um. Im Gegenteil: Gemäß zweier schriftlicher Anfragebeantwortungen von Landeshauptmann-Stv. Schrittwieser stieg im Vergleichszeitraum 12. Februar 2013 bis 20. März 2014 die Zahl von Asylwerbern in Mürzsteg um acht Prozent. Hier verschweigt Schrittwieser, dass eine "Gettobildung" (Zitat Siegfried Schrittwieser) bereits seit Jahren Realität ist.

Auch die Standortwahl der von Schrittwieser eröffneten Flüchtlingsheime stieß auf starke Kritik bei Kommunalpolitikern, schließlich richtete man diese oftmals mitten in Wohngebieten sowie im unmittelbaren Umkreis von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen ein. Angesichts der evidenten Sicherheitsprobleme, die es in und rund um Flüchtlingsheime gibt, erscheint dies in keiner Weise nachvollziehbar. Denn gemäß einer schriftlichen Anfragebeantwortung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gab es in den letzten zweieinhalb Jahren rund 200 Polizeieinsätze in Asylheimen in der Steiermark. Dabei wurden zwei Polizisten verletzt und 20 Personen festgenommen. Gemäß eines Berichts des Innenministeriums bergen Flüchtlingsunterkünfte auch ein großes Potential an Suchtkriminalität in sich:
 
"Jede Unterkunft, in der eine große Anzahl Asylwerber aus Westafrika untergebracht ist, stellt ein Gefährdungspotenzial dar. Es kommt daher in diesen Unterkünften immer wieder zu Festnahmen und Sicherstellung größerer Mengen Drogen in den zugewiesenen Zimmern oder allgemeinen Räumlichkeiten. Ebenso ist festzustellen, dass in Gegenden, in welchen eine Konzentration an Asylwerberheimen vorhanden ist, auch der Drogenhandel im Nahbereich signifikant ansteigt."  (Quelle: Bericht des Innenministerium: Aus dem Inneren - Drogenbekämpfung. Presseunterlage. URL: http://www.bmi.gv.at/cms/cs03documentsbmi/859.pdf)


Der aggressiven Kampagne zur Unterbringung von Asylwerbern war es schließlich geschuldet, dass die Anzahl an Flüchtlingen im Laufe des letzten Jahres kontinuierlich anstieg. Kurz vor Weihnachten erfüllte die Steiermark erstmals die Asylquote zu 100 Prozent. Per Stichtag 6. Jänner 2015 zählte die Grüne Mark 4.591 Flüchtlinge - was einer Quotenerfüllung von 102,30 Prozent entspricht. Die Steiermark nimmt damit bedeutend mehr Asylwerber (per 6. Jänner 106 Personen) auf, als sie gemäß der Vereinbarungen mit dem Bund müsste.

Im Zuge ihres Besuchs des Erstaufnahmezentrums in Spital am Semmering am 24. September 2014 gab Innenministerin Johanna Mikl-Leitner öffentlich das Versprechen ab, das Erstaufnahmezentrum im Ortsteil Steinhaus zu schließen, wenn die Steiermark ihre Quote an aufzunehmenden Flüchtlingen erfülle. "Nun hat es das Land in der Hand" (Online-Ausgabe "Kleine Zeitung" vom 24. 9. 2015) verkündete Mikl-Leitner im Beisein von Bürgermeister Reinhard Reisinger, Behördenvertretern und Bewohnern der Region. Zum damaligen Zeitpunkt lag die Flüchtlingsquote bei 88 Prozent. Wie bereits ausgeführt, hält die Steiermark aktuell bei einer Quote von über 100 Prozent, dennoch ist das Erstaufnahmezentrum in Spital am Semmering - trotz der eindeutig anderslautenden Versprechungen der Innenministerin - in Betrieb. Welche (Protest)Maßnahmen das hierfür zuständige Regierungsmitglied nun setzen wird, entzieht sich der Kenntnis der Fragesteller. Unbekannt ist auch die Geschlechterverteilung der in der Steiermark untergebrachten Asylwerber sowie die aktuelle Verteilung derselben auf die einzelnen Bezirke bzw. Gemeinden in der Steiermark.

Aufgrund der zu erwartenden Länge der Antworten auf die Fragen 8, 9, 10 und 11 erklären sich die Fragesteller damit einverstanden, dass im Sinne einer ökonomischen Verfahrensweise die Beantwortung dieser Fragen unter Bezugnahme durch eine an die Abgeordneten ausgeteilten Tischvorlage erfolgt.

1. Wie viele Flüchtlinge sind aktuell in der Steiermark untergebracht?

2. Zu wie viel Prozent erfüllt die Steiermark damit die Quote an aufzunehmenden Asylwerbern?

3. Wie viele Flüchtlinge nimmt die Steiermark gemäß der vereinbarten Quote zu viel bzw. zu wenig auf?

4. Wie hoch ist der Anteil an Frauen, Männern und Kindern der in der Steiermark grundversorgten Asylwerber?

5. Auf welche Nationalitäten teilen sich die in der Steiermark untergebrachten Flüchtlinge auf?

6. Wie teilen sich die in der Steiermark grundversorgten Flüchtlinge auf die einzelnen Bezirke auf?

7. Wie viele Flüchtlinge sind in organisierten Quartieren und wie viele in individuellen Unterkünften wohnhaft?

8. Auf welche Nationalitäten teilen sich die in den einzelnen Gemeinden der Steiermark befindlichen Flüchtlinge auf? (siehe Verweis im letzten Absatz der Begründung)

9. Wie teilen sich die in der Steiermark grundversorgten Flüchtlinge auf die einzelnen Gemeinden auf? (siehe Verweis im letzten Absatz der Begründung)

10. Wie teilen sich die in individuellen Unterkünften befindlichen Asylwerber auf die einzelnen Bezirke und Gemeinden in der Steiermark auf? (siehe Verweis im letzten Absatz der Begründung)

11. Wie teilen sich die in organisierten Quartieren untergebrachten Flüchtlinge auf die einzelnen Bezirke und Gemeinden in der Steiermark auf? (siehe Verweis im letzten Absatz der Begründung)

12. Welche Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt, um die von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner versprochene Schließung des Erstaufnahmezentrums in Spital am Semmering durchzusetzen?

13. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Steiermark keine weiteren Asylwerber mehr aufnimmt, solange vom Innenministerium das Erstaufnahmezentrum in Spital am Semmering nicht geschlossen wird?

14. Wenn ja, was werden hierzu Ihre nächsten Schritte sein?

15. Wenn nein, welche anderen Protestmaßnahmen werden Sie in dieser Angelegenheit setzen?

16. In welchen Gemeinden sollen die im Falle einer Schließung des Erstaufnahmezentrums in Spital am Semmering beherbergten Asylwerber in der Folge untergebracht werden?

17. Liegt Ihrem Ressort der Vertrag zwischen dem Betreiber des Erstaufnahmezentrums und dem Innenministerium vor?

18. Wenn ja, unter welchen Bedingungen ist eine Schließung des Flüchtlingsgroßquartiers möglich?

19. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um den exorbitant hohen Anteil an Asylwerbern in der ehemaligen Gemeinde Mürzsteg (seit 1. 1. 2015 Neuberg an der Mürz) zu reduzieren?

20. Ist eine Reduzierung der Flüchtlinge im Ortsteil Mürzsteg geplant?

21. Wenn ja, um welche Größenordnung handelt es sich dabei?

22. Wenn nein, warum nicht?

23. Welche Informationen zum aktuellen Verhandlungsstand zur Errichtung eines Verteilerzentrums in der Gemeinde Kalsdorf liegen Ihrem Ressort vor?

24. Fanden hinsichtlich der Errichtung dieses Quartiers bereits Gespräche zwischen Vertretern des Landes und dem Bürgermeister von Kalsdorf statt?

25. Wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Besprechungen?

26. Ab welchem Zeitpunkt soll das Verteilerzentrum Kalsdorf seinen Betrieb aufnehmen und wie viele Personen sollen darin maximal beherbergt werden können?
 
27. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass bei der geplanten Errichtung des Verteilerzentrums in Kalsdorf ein Einvernehmen mit der Gemeindeführung hergestellt wird?

28. Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie hierzu konkret ergreifen?


Unterschrift(en):
Peter Samt (FPÖ)