LANDTAG STEIERMARK
XVI. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 3256/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 22.01.2015, 19:13:33


Landtagsabgeordnete(r): Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Umwelt
Regierungsmitglied(er): Gerhard Kurzmann

Betreff:
Der grüne Weg - Umsetzung und Anwendung der Aarhus-Konvention in der Steiermark

Die Aarhus-Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der allen BürgerInnen
Rechte im Umweltschutz sichern soll. Er besteht aus drei Säulen: freier Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren sowie
die gerichtliche Durchsetzung von Umweltrecht im Falle der Verletzung desselben durch Behörden oder Dritte. Obwohl das Übereinkommen bereits im Jahre 2005 von der Republik Österreich ratifiziert wurde und seitdem für Bund und Länder völkerrechtlich verbindlich ist, wurde es bisher rechtlich noch immer nicht vollständig umgesetzt.

Der Zugang zu Umweltinformationen sollte durch das Steiermärkische Umweltinformationsgesetz ermöglicht werden, erweist sich in der Praxis für BürgerInnen aber als schwer zugänglich und oft wenig auskunftsreich. Hier bedarf es noch einer Nachbesserung.

Die Öffentlichkeitsbeteiligung wurde zwar für Umweltorganisationen und teilweise für BürgerInneninitiativen im UVP- und IPPC-Verfahren verankert, geht jedoch nicht weit genug. Im vereinfachten Verfahren haben BürgerInneninitiativen nur Beteiligtenstellung mit dem Recht auf Akteneinsicht, jedoch kein Berufungsrecht und kein Beschwerderecht. Hier mangelt es außerdem am "angemessenen zeitlichen Rahmen" für Öffentlichkeitsbeteiligung (Art 6 Abs. 4 Aarhus-Konvention), um der Öffentlichkeit ausreichend Vorbereitungszeit einzuräumen. Sechs Wochen für die öffentliche Auflage laut UVP-G erscheinen zu kurz. Weiters findet hier die Öffentlichkeitsbeteiligung im Allgemeinen zu spät anstelle von "frühzeitig und effektiv" statt, weil im UVP-Verfahren bereits konkrete Projekte und Detailfragen geprüft und Alternativen nicht mehr berücksichtigt werden. Ebenso fehlt die Öffentlichkeitsbeteiligung im Feststellungsverfahren.

Im Steiermärkischen Naturschutzgesetz fehlt die in der Aarhus-Konvention gewährleistete BürgerInnenbeteiligung völlig. Die EU-Kommission hat im Rahmen des Begutachtungsverfahrens die Umsetzung der Aarhus-Konvention eingefordert.

Die Umsetzung der dritten Säule, des Zugangs zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention), fehlt in Österreich generell. Es kam hier zu keinem Richtlinienvorschlag der Kommission, da etliche Staaten, darunter auch Österreich, den Dialog unter Berufung auf das Subsidiaritätsprinzip verweigerten. Dennoch überwacht die Kommission die Einhaltung des Vertrages und moniert die mangelhafte Umsetzung in
einem Mahnschreiben an die Republik.

Den Umweltorganisationen wurde ein Beschwerderecht im Feststellungsverfahren
eingeräumt, was der österreichische Gesetzgeber aber erst nach einem Vertragsverletzungsverfahren ins UVP-G aufgenommen hat. Es besteht aber kein Rechtsmittel, wenn kein Feststellungverfahren durchgeführt wird.  

Der Schutz des Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention geht außerdem über den Anwendungsbereich des UVP-Verfahrens hinaus. Hier wird verlangt, dass die Öffentlichkeit Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Verfahren haben, um Handlungen aber auch Unterlassungen von Privaten und Behörden, die gegen Umweltrecht verstoßen, anfechten zu können.

Jüngst sprach die Vorarlberger Landesregierung einer BürgerInneninitiative in einem vereinfachten UVP-Verfahren Parteistellung zu und begründet diese Entscheidung mit den Regelungen der Aarhus-Konvention und der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie über die "betroffene Öffentlichkeit". Die Behörde befand es für legitim, da hier ein umweltbezogenes Interesse der BI am Entscheidungsgegenstand vorlag und vertritt somit die Meinung, dass § 19 Abs. 2 UVP-G, nach welchem einer BI keine Parteistellung im vereinfachte Verfahren zukommt, gegen Unionsrecht verstößt.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, die vollständige Anwendung der Aarhus-Konvention in der Steiermark sicherzustellen und dem Landtag entsprechende Gesetzesvorschläge zu übermitteln.


Unterschrift(en):
Lambert Schönleitner (Grüne), Ingrid Lechner-Sonnek (Grüne), Sabine Jungwirth (Grüne)