LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 178/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 28.08.2015, 14:01:49


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Ing. Sabine Jungwirth (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Umwelt
Regierungsmitglied(er): Landesrat Anton Lang

Betreff:
Ein neues Naturschutzgesetz für die Steiermark
Das Naturschutzgesetz aus dem Jahre 1976 ist überaltet und in vielen Bereichen nicht mehr zeitgemäß. Daher sollte nach 40 Jahren ein gänzlich neues Naturschutzgesetz erarbeitet und inkraft gesetzt werden.
 
Bei der Vorlage eines neuen Naturschutzgesetzes an den Landtag ist es vonnöten, dem gesellschaftlichen Wandel, den systematischen und inhaltlichen  Anforderungen völkerrechtlicher und gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen, sowie neuen inhaltlichen Herausforderungen zum Schutz der Natur Rechnung zu tragen.
 
Gesellschaftspolitische Vorstellungen haben sich verändert, die nach einer stärkeren Beteiligung der BürgerInnen rufen. Wurde früher der Naturschutz vorrangig bis ausschließlich hoheitlich begriffen und bewerkstelligt, so ist dieser Zugang im Laufe der Zeit einer bürgerInnenbezogenen Sichtweise gewichen, in der mündige BürgerInnen als PartnerInnen ebenso Verantwortung tragen wie die Verwaltung, und hat den Weg für den Vertragsnaturschutz geebnet. Dafür müssen gesicherte Finanzierungsinstrumente zur Verfügung gestellt werden. Durch die Integration einer Naturentnahmeabgabe in das NSchG kann eine solche Finanzierungssicherheit geschaffen werden.
 
Ein weiterer Aspekt ist die Sicherstellung von BürgerInnenbeteiligung in umwelt- und naturschutzbezogenen Verfahren. Das fordert die Aarhus-Konvention, die allen BürgerInnen Rechte im Umweltschutz sichern soll: freier Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren sowie die gerichtliche Durchsetzung von Umweltrecht im Falle der Verletzung desselben durch Behörden oder Dritte. Obwohl das Übereinkommen bereits im Jahre 2005 von der Republik Österreich ratifiziert wurde und seitdem für Bund und Länder völkerrechtlich verbindlich ist, wurde es bisher rechtlich noch immer nicht vollständig umgesetzt. Im Steiermärkischen Naturschutzgesetz fehlt die in der Aarhus-Konvention gewährleistete BürgerInnenbeteiligung völlig. Die EU-Kommission hat im Rahmen des Begutachtungsverfahrens die Umsetzung der Aarhus-Konvention eingefordert.
 
Besonders besorgniserregend ist der mangelhafte Bodenschutz. Im Zeitraum 2001 bis 2010 gingen in der Steiermark pro Tag durchschnittlich drei Hektar meist landwirtschaftlicher Böden verloren. Die Reduktion des Bodenverbrauchs ist ein unerlässlicher Beitrag zur Erhaltung der Ernährungssicherheit und zum Klimaschutz. Eine Verminderung der Bodenversiegelung ist dringend notwendig.
 
Moore sind ein wertvoller Bestandteil unserer steirischen Landschaft, sind unerlässlich für die biologische Vielfalt und dienen als CO²-Speicher für den Klimaschutz. Ihre Lebensräume sind stark gefährdet, auch weil es nach wie vor keinen gesetzlichen Schutz gibt. Es braucht daher so rasch wie möglich die gesetzliche Verankerung des Moorschutzes, um eine weitere Beeinträchtigung und Zerstörung zu verhindern.
 
Auch stehende und fließende Gewässer brauchen einen stärkeren Schutz. Zwei Drittel der steirischen Flüsse sind aus dem ökologischen Gleichgewicht geraten. Genauere Messungen im Rahmen des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans zeigen, dass sich in den letzten Jahren die Lage sogar noch verschärft hat. Das Regionalprogramm zum Schutz von Gewässerstrecken muss nach dessen Erlassung auch im Naturschutzgesetz eine Berücksichtigung finden. Ein automatischer Schutzgebietsstatus (Festlegung von no go areas) ist erforderlich. Und ein zeitgemäßer Uferschutz muss verankert werden.
 
Veränderungen im Freizeitverhalten haben den Zugriff auf unberührte und geschützte Gebiete gewaltig erhöht und gefährden zunehmend geschützte Tiere und Pflanzen. Der Druck auf die wirtschaftliche Verwertung der Natur hat ebenso immens zugenommen, sei es durch touristische Projekte, die industrielle Gewinnung von Rohstoffen oder die Energiegewinnung.
 
Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat im steirischen Naturschutz zu großen Änderungen geführt, sei es durch neue Schutzgebietskategorien (Natura 2000-Gebiete, Europaschutzgebiete) oder durch die verpflichtende Umsetzung von EU-Recht im Landesrecht, wie die Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitatrichtline, sowie die Wasserrahmenrichtlinie. Ein automatischer Schutz von FFH Lebensräumen muss auch außerhalb von ausgewiesenen Natura-2000 Gebieten auf Basis einer laufenden Biotopkartierung gewährleistet werden.
 
Der österreichische Beitritt zur Alpenkonvention erfordert in der Steiermark ebenso Umsetzungsschritte, die die verschiedenen Protokolle der Konvention betreffen und nach Anpassungen im Naturschutzgesetz rufen.
 
Es braucht auch präzise Standards für Interessensabwägungen. Das öffentliche Interesse ist auf Basis fachlicher Gutachten zu definieren. Naturschutzgebiete mit Lebensräumen für prioritäre Arten (EU-Richtlinie) sind aufzuwerten: Ausnahmegenehmigungen dürfen nur mehr bei öffentlichem Interesse wie Gesundheit, Sicherheit oder Verbesserung für den Naturraum erteilt werden.
 
Der fehlende Baumschutz führt immer wieder zu öffentlichen Diskussionen und Auseinandersetzungen. Das Naturschutzgesetz sollte daher Regelungen für den Solitär-Baumschutz in Siedlungsgebieten flächendeckend vorsehen (Festlegung von Kriterien
z.B. durch Stammumfang und Arten).

Es wird daher der Antrag gestellt, der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, einen Entwurf eines neuen Naturschutzgesetzes im Landtag einzubringen, der u.a. folgende Punkte berücksichtigt:

  • Stärkung und Finanzierungsbasis für den Vertragsnaturschutz (Naturentnahmeabgabe)
  • Parteistellung für BürgerInnen im Naturschutzverfahren sowie für Gemeinden und angrenzende Gemeinden, BürgerInneninitiativen und anerkannte NGOs
  • Verminderung der Bodenversiegelung
  • Schutz der Moore
  • Stärkung des Gewässerschutzes (no go areas) und des Uferschutzes
  • automatischer Schutz von FFH Lebensräumen
  • Aufwertung der Naturschutzgebiete mit Lebensräumen für prioritäre Arten
  • Präzisierung des öffentlichen Interesses bei Eingriffen in den Naturschutz
  • flächendeckender Solitär-Baumschutz in Siedlungsgebieten.

Unterschrift(en):
LTAbg. Ing. Sabine Jungwirth (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne)