LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 541/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 22.01.2016, 09:26:22


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Bildung
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Ursula Lackner

Betreff:
Massive Überfinanzierung und politische Projekte der Offenen Jugendarbeit (OJA) einschränken, Verbandliche Jugendarbeit stärken und Ehrenamtliche versichern!

Die Förderungen des Landes Steiermark in der Kinder- und Jugendarbeit gliedern sich im Wesentlichen in zwei große Bereiche. Die Offene Jugendarbeit (OJA) findet vor allem in Jugendzentren, Jugendtreffs, Jugendcafés und anderen Einrichtungen sowie im öffentlichen Raum statt und soll jungen Menschen die Möglichkeit bieten, fachlich begleitete Angebote in Anspruch zu nehmen. Gemäß „Strategischer Ausrichtung der Kinder- und Jugendarbeit 2020“ wird die OJA wie folgt definiert: „Kinder und Jugendliche werden u.a. in Jugendzentren, Jugendtreffs, Jugendcafés oder auch im öffentlichen (Spiel-)Raum betreut und begleitet. Kindern und Jugendlichen werden Möglichkeiten und Angebote zur Verfügung gestellt, die sich vor allem an den gesellschaftlichen Entwicklungen orientieren. Die Zusammensetzung der Gruppen verändert sich stetig, ebenso wie Intensität der Angebotsnutzung.“ (Quelle: http://www.jugendreferat.steiermark.at/cms/dokumente/11639213_598018/9f9853c7/Fa6a_Jugendstrategie_Strategiedokument_v21%20%282%29.pdf)

Die aus freiheitlicher Sicht zentrale Säule der Kinder- und Jugendarbeit ist jedoch die Verbandliche Jugendarbeit (VJA). „Sie ist die älteste Form der Kinder- und Jugendarbeit in Österreich. In Vereinen und Verbänden mit meist klar definierten Werten und Weltanschauungen werden auch hier Kinder und Jugendliche beim ‚Erwachsenwerden‘ begleitet. In dieser Form der Jugendarbeit ist eine höhere Regelmäßigkeit der Angebote und Homogenität der Gruppen vorhanden“, heißt es in der „Strategischen Ausrichtung der Kinder- und Jugendarbeit 2020“ des Landes. Die dort erwähnte Kinder- und Jugendarbeit wurde aber vor allem im verbandlichen Bereich in den letzten fünf Jahren mit finanziellen Kürzungsmaßnahmen konfrontiert. Während die Fördergelder 2010 noch rund 648.000 Euro betragen hatten, wurden im Jahr 2014 lediglich 500.000 Euro seitens des Landes Steiermark zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2015 fand eine überaus bescheidene Mittelerhöhung um 30.000 Euro statt.

In diesem Zusammenhang gilt es festzuhalten, dass die Jugend- und Kinderorganisationen, die im Steirischen Landesjugendbeirat vertreten sind, über 140.000 Mitglieder zählen. Dass diesem bedeutenden Tätigkeitsbereich in den vergangenen Jahren eine massive Schlechterstellung und Geringschätzung seitens der Landesregierung widerfährt, ist nicht hinzunehmen. Die starke Fokussierung der zuständigen Mitglieder der Landesregierung auf die Offene Jugendarbeit lässt das hohe Engagement der ehrenamtlichen Funktionäre völlig außer Acht, was angesichts von annähernd 15.000 freiwillig und unentgeltlich arbeitenden Personen besonders bedauerlich erscheint.

Der Dachverband der Offenen Jugendarbeit wird hingegen überwiegend von Institutionen und Organisationen getragen, die mit bezahltem Betreuungspersonal arbeiten. Dies führt unweigerlich zu einer Kostenintensivierung, wenngleich Erfolgsnachweise weder sichtbar noch nachweisbar sind, wenn man von fragwürdigen Projekten absieht, die allesamt einen ideologisch-politischen Charakter aufweisen. Hier darf auf Vereine wie ISOP verwiesen werden. Für den Dachverband der Offenen Jugendarbeit wurden im Jahr 2014 rund 1,4 Millionen Euro vergeben, was sich anhand einer schriftlichen Anfragebeantwortung vom 11.12.2015 (EZ 285/2) nur als Spitze des Eisberges erweist, wurden daneben noch rund 4,6 Millionen Euro für die OJA in den einzelnen Bezirken und steiermarkweit ausgeschüttet. Somit werden für die Offene Jugendarbeit 92 Prozent der für die gesamte Jugendarbeit bereitgestellten finanziellen Mittel verwendet. Vergleicht man die in der Anfragebeantwortung ausgewiesenen dokumentierten Besucher in von der OJA getragenen Jugendzentren und die dokumentierten Kontakte, so ist die Verteilung der Mittel mehr als nur fragwürdig. Vor allem die Beteiligung an der Finanzierung von Jugendzentren und Personal darf durch die Trägerorganisationen nicht zu einer unqualifizierten Inanspruchnahme von Geldern des Landes Steiermark führen. Es erscheint dringend notwendig, die strategische Ausrichtung der Kinder- und Jugendarbeit auf neue Beine zu stellen und den Bereich der Verbandlichen Jugendarbeit massiv auszubauen.

Die Rückmeldungen ehrenamtlich Engagierter zeigen, dass die erworbenen Kompetenzen (Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Persönlichkeitskompetenz) nicht nur einen Mehrwert für die Einrichtung und das Gemeinwesen darstellen, sondern die Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung maßgeblich prägen. Trotz unterschiedlicher Zielsetzungen haben die Jugendorganisationen in der Verbandlichen Jugendarbeit wesentliche Gemeinsamkeiten: Sie wollen die Jugendlichen zur sinnvollen Freizeitgestaltung, zur Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen unserer Zeit und zum Engagement in der Gesellschaft ermutigen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Jugendorganisationen wenden dafür – ohne finanzielle Entschädigung – hunderte Stunden ihrer Freizeit auf. Diese oft ungewürdigte Arbeit ist als Zeichen der demokratischen Kultur und Einsatzbereitschaft junger Menschen zu verstehen.

In einer Stellungnahme der Landesregierung aus dem Jahr 2011 zum Selbstständigen Antrag der FPÖ mit dem Betreff „Unterstützung Kinder- und Jugendarbeit“ (EZ 154/1) wurde ein jährlicher finanzieller Aufwand von 65.000 Euro für eine „Ehrenamtlichkeitsversicherung“ aller ehrenamtlich tätigen Personen in der Steiermark errechnet. Seitens der Landesregierung merkte man an, die Diskussion über einen Versicherungsabschluss müsse mit den Ressortverantwortlichen geführt werden. Ein ähnlicher Antrag der KPÖ („Haftpflicht- und Unfallversicherung für ehrenamtlich Tätige im Gemeinwesen“, EZ 405/1) wurde wenige Zeit später von der Landesregierung mit jährlichen Kosten in der Höhe von 120.000 Euro taxiert und ebenfalls negativ beschieden, da „die Finanzierung im Widerspruch zu den laufenden Sparbemühungen steht, wonach das Land Steiermark im Interesse einer Budgetkonsolidierung bestrebt ist, verzichtbare Leistungen zu streichen oder zu reduzieren und möglichst keine zusätzlichen Verpflichtungen zu übernehmen.“

Während die Stadt Graz bereits seit 2012 alle Ehrenamtlichen versichert und man von nur geringen Kosten spricht, erweist sich das Land Steiermark weiterhin als beratungsresistent. Im Nachhinein betrachtet, muten die Stellungnahmen aus dem Jahre 2011 wie blanker Hohn, steht doch mittlerweile fest, dass die vermeintlichen Sparbemühungen der Landesregierung ins Leere liefen und letztlich nur die ohnehin schon sozio-ökonomisch schwächsten Bevölkerungsschichten zur Kasse gebeten wurden. Für das Asylwesen werden innerhalb kürzester Zeit finanzielle Mittel in Millionenhöhe aufgestellt, Gelder vom Wohnbeihilfebudget abgezogen und Verfassungsgesetze geändert. Für die ehrenamtlich engagierten Menschen in der Steiermark, die in einem für die Zukunft so wichtigen Bereich arbeiten, hat man im Vergleich zu den großartigen Leistungen, die die Ehrenamtlichen für unser Land erbringen, vergleichsweise nur wenig Dank übrig. Es wäre ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung, wenn sich die Landesregierung endlich dazu durchringen und den großen Arbeitseinsatz der ehrenamtlich Tätigen mit einem Versicherungsschutz – ähnlich des Modells in Vorarlberg – entsprechend würdigen würde.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert,

  1. das massive Missverhältnis zwischen der Finanzierung der Verbandlichen Jugendarbeit (VBA) und der Offenen Jugendarbeit (OJA) auszugleichen,
  2. die Kriterien für die Finanzierung von Personal und Jugendzentren deutlich – im qualitativen Bereich – zu schärfen,
  3. die Finanzierung von Projekten einem Objektivierungsprozess, ähnlich dem des Landesjugendbeirates, zu unterwerfen,
  4. die „Strategische Ausrichtung der Kinder- und Jugendarbeit“ unter Einbeziehung aller im Landtag vertretenen Parteien auf neue Grundlagen zu stellen und
  5. für alle in der Steiermark ehrenamtlich tätigen Personen ein landesweites Modell einer kollektiven Haftpflicht- und Unfallversicherung, nach Vorbild des in Vorarlberg existierenden „Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutzes im Ehrenamt“ auszuarbeiten, anzubieten und dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen.

Unterschrift(en):
LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)