LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 738/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 01.04.2016, 09:19:09


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Gemeinden
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann-Stv. Mag. Michael Schickhofer

Betreff:
Landflucht junger Frauen in der Steiermark

Das Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung der Universität für Bodenkultur Wien publizierte im Jahr 2012 eine Studie über die Motive des Wanderungs- und Bleibeverhaltens junger Frauen im ländlichen Raum der Steiermark. „Gehen oder bleiben?“ Diese Frage stellen sich viele, vor allem gut ausgebildete Frauen zwischen 20 und 29 Jahren. Immer mehr junge Frauen sehen im ländlichen Bereich keine Zukunftsperspektive für sich und wandern folglich in die Ballungsräume ab. Mit der Landflucht junger Frauen gehen weitreichende Konsequenzen für die zukünftige Entwicklung der davon betroffenen Gebiete einher.

„Wenn die Frauen gehen, stirbt das Land“. Dieses Zitat spricht auf drastische Weise die bedenklichen Entwicklungen an, die sich insbesondere für ländlich geprägte Regionen und Gemeinden ergeben, wenn eine geringe Geburtenzahl langfristig von einer negativen Wanderungsbilanz überlagert wird und dabei mehr junge Frauen als junge Männer abwandern. Der Umstand, dass heutzutage weniger Kinder pro Frau auf die Welt kommen und es mehr Fortzüge als Zuzüge in Landgemeinden gibt, führt zu einer stark rückläufigen Bevölkerungszahl und somit zur Ausdünnung des ländlichen Raums. Durch die sogenannte Landflucht von Frauen ergeben sich massive Verschiebungen im Bevölkerungsaufbau. In manchen Gemeinden kommen auf sieben junge Männer nur noch fünf junge Frauen, was längerfristig zu einem deutlichen Ungleichgewicht führt. Die Prognose für das Jahr 2030 geht davon aus, dass 63 Prozent der steirischen Gemeinden von einer rückläufigen Bevölkerungsentwicklung betroffen sein werden. (Quelle: http://derstandard.at/1289608637020/Steiermark-Weibliche-Landflucht-bringt-Land-in-die-Klemme)

Das Wanderungsverhalten wird insbesondere von der jeweiligen Berufsausbildung, der Erwerbstätigkeit sowie vom Privatleben bestimmt. Vor allem Letzteres stellt ein entscheidendes Motiv für die Wahl des Wohnstandortes dar, da Frauen oftmals dem (Ehe-)Partner an dessen Wohnort folgen und ebendort ihrer Ausbildung bzw. ihrem Beruf nachgehen. Das Ergebnis der Studie zeigt deutlich, dass in dieser dynamischen Lebensphase der jungen Frauen persönliche Werthaltungen geprägt werden, sie sich von der Herkunftsfamilie lösen und einen eigenen Haushalt begründen. Der maßgebliche Unterschied zur Müttergeneration ist, dass sich die heute 20- bis 29-Jährigen durch ein hohes Ausbildungsniveau auszeichnen und zum Studieren in die Stadt ziehen, wo sie oftmals auch verweilen. Zudem herrschen in der heutigen Zeit eine hohe Kinderlosigkeit und eine höhere Abwanderungsbereitschaft junger Frauen sowie eine geringe Neigung, sich in Vereinen ehrenamtlich zu engagieren. (Quelle: http://derstandard.at/1289608637020/Steiermark-Weibliche-Landflucht-bringt-Land-in-die-Klemme)

Der Entscheidung für einen Wohnstandort liegen aber auch wirtschaftliche Überlegungen zugrunde, ob passender und leistbarer Wohnraum vorhanden ist, ob es einen geeigneten Braugrund gibt und wie weit man zum Arbeitsplatz pendeln muss. Die Verkehrsanbindung, die Versorgung mit Gütern und Diensten des täglichen Bedarfs sowie Einkaufsmöglichkeiten vor Ort bilden wichtige Entscheidungsfaktoren. Für Mütter stellen insbesondere die Qualität der Kinderbetreuung und das Vorhandensein entsprechender Freizeitmöglichkeiten für Kinder essentielle Kriterien dar. Auch das soziale Klima vor Ort und das Kultur- und Gesellschaftsleben und altersspezifische (Freizeit-)Infrastruktur sind entscheidende Motive. (Quelle: http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/BOKU_endbericht_gehen_bleiben_03_10.pdf)

Die Landesstatistik Steiermark wies bereits im Jahr 2007 darauf hin, dass in der Mehrheit der steirischen Verwaltungsbezirke signifikant weniger Frauen zwischen 20 und 29 Jahren leben als gleichaltrige Männer. Dieses Missverhältnis in der Geschlechterverteilung ist besonders stark in den strukturschwachen Bezirken der Obersteiermark (Murau, Leoben, Murtal, Bruck-Mürzzuschlag) ausgeprägt. Auf Gemeindeebene betrachtet erreicht der Frauenmangel in diesem Alterssegment bereits ein Minus von 40 Prozent gegenüber Männern in diesem Alter. (Quelle: http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/BOKU_endbericht_gehen_bleiben_03_10.pdf)

Dementsprechend ist es dringend nötig, nicht nur in den Städten sondern auch im ländlichen Bereich attraktive Angebote für Frauen zu schaffen, um ihnen eine gute Zukunftsperspektive zu bieten. Es gilt, Maßnahmen zu setzen und konkrete Lösungswege zu erarbeiten, um das Bleibe- und Wanderungsverhalten junger Frauen zu beeinflussen und die Zugehörigkeit in der Gemeinde zu steigern, sodass diese vermehrt in der Heimatgemeinde bleiben. Diesbezüglich werden in der besagten Studie Themenbereiche wie „Atmosphärisches, Freizeitgestaltung, Ehrenamt, Mobilität, Versorgungsqualität, Organisation des täglichen Lebens, Wohnraum, Aus- und Weiterbildung, Arbeitsplatz sowie Partnerschaft und Familie“ genannt. Neben der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Bereitstellung von entsprechenden Wohnungen und der notwendigen Infrastruktur stellt vor allem die soziale Verwurzelung einen wichtigen Grund dar, um ländliche Regionen in der Steiermark lebenswert zu machen und junge Frauen an die Heimatgemeinde zu binden. (Quelle: http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/BOKU_endbericht_gehen_bleiben_03_10.pdf)

Das Bevölkerungswachstum und der Zuzug in die Ballungszentren halten weiter an, wie aus „Österreichs Städte in Zahlen 2013", einer Publikation von Statistik Austria und dem Österreichischen Städtebund, entnommen werden kann. „Städte werden zunehmend weiblich, der Frauenanteil steigt stetig. Neben ‘privaten Gründen‘ wie beispielsweise einer Heirat, ist die eigene Arbeit bzw. der eigene Beruf das zweitwichtigste Motiv der Frauen aus ihrer Geburtsgemeinde wegzuziehen. (Quelle: http://www.staedtebund.gv.at/services/aktuelles/aktuelles-details/artikel/staedtebund-staedte-wachsen-unaufhaltsam.html)

Um dieser Entwicklung wirksam entgegentreten zu können, sind entsprechende Maßnahmen zur Eindämmung der Landflucht, insbesondere junger Frauen, dringend erforderlich. Zudem sollen Anreize gesetzt werden, damit Frauen nach einem – beispielsweise durch die Ausbildung bedingten – Wegzug in ein Ballungszentrum, wieder in die Heimatgemeinde zurückkehren. Diesbezüglich wurden in der von der ehemaligen Fachabteilung 19 D beauftragten Studie „Gehen oder Bleiben? Die Motive des Wanderungs- und Bleibeverhaltens junger Frauen im ländlichen Raum der Steiermark und die daraus resultierenden Handlungsoptionen im Rahmen der Lokalen Agenda 21-Prozesse“ aus dem Jahr 2012 bereits konkrete Handlungsansätze aufgezeigt, um der Landflucht junger Frauen entgegenzuwirken.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, einen Bericht zu erstellen, in dem die bisher umgesetzten Maßnahmen zur Eindämmung der Landflucht junger Frauen, in Bezug auf die in der Studie vorgeschlagenen Lösungsansätze in den Bereichen

  • Atmosphärisches und Identifikationsbildung,

  • Freizeitgestaltung und Ehrenamt,

  • Mobilität,

  • Versorgungsqualität und Organisation des täglichen Lebens,

  • Wohnraum,

  • Ausbildung, Arbeitsplatz und Weiterbildung sowie

  • Partnerschaft, Familie und Kinderbetreuung

evaluiert und dem Landtag zur Kenntnis gebracht werden.


Unterschrift(en):
LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)