LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 19

EZ/OZ 1835/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Umwelt

Betreff:
Einsatz von Pestiziden endlich lückenlos erheben und nachhaltig reduzieren

 

zu:
EZ 1835/1, Einsatz von Pestiziden endlich lückenlos erheben und nachhaltig reduzieren (Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT))

 

Der Ausschuss "Umwelt" hat in seiner Sitzung am Dienstag, dem 09.01.2018 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Mit Beschluss des Ausschusses für Umwelt vom 12.09.2017 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht, eine Stellungnahme zum Selbständigen Antrag (§ 21 GeoLT), Einl.Zahl 1835/1, betreffend „Einsatz von Pestiziden endlich lückenlos erheben und nachhaltig reduzieren“, abzugeben.

Mit diesem Antrag soll die Landesregierung aufgefordert werden

  1. in Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern Maßnahmen zu erarbeiten, um die Qualität der Daten und der Datenerfassungsmethoden zum Pestizideinsatz erheblich zu verbessern, und
  2. Strategien zu entwickeln und umzusetzen, welche längerfristig eine von Pestiziden unabhängige Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion ermöglichen.

Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:

Zu 1. „In Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern Maßnahmen zu erarbeiten, um die Qualität der Daten und der Datenerfassungsmethoden zum Pestizideinsatz erheblich zu verbessern“

Abteilung 10:

Gemäß der EU-Verordnung über Statistiken zu Pestiziden, VO (EG) Nr. 1185/2009 müssen die Mitgliedstaaten Statistiken über die landwirtschaftliche Verwendung von PSM erstellen und an EUROSTAT übermitteln. Bis Ende 2015 waren dazu erstmalig die Mengen an verwendeten Pflanzenschutzmitteln in Kilogramm (kg) Wirkstoff und die behandelte Fläche in Hektar (ha) für ausgewählte (relevante) Kulturen für zumindest ein Jahr im Bezugszeitraum 2010–2014 zu übermitteln.

Die erstmalige Auswertung der in der Landwirtschaft verwendeten Mengen von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in einzelnen Kulturen war Gegenstand eines Projektes, das die AGES im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Bundesländer wie folgt abgewickelt hat:

  • Die in der Landwirtschaft verwendeten Mengen an Pflanzenschutzmittel wurden auf Basis einer Teilerhebung von Aufzeichnungen des Pflanzenschutzmitteleinsatzes auf Erhebungs-betrieben ermittelt.
  • Die Auswahl der für Österreich relevanten Kulturen wurde nach der abgeschätzten Behandlungsfläche durchgeführt: Apfel, Kartoffel, Mais, Raps, Sojabohne, Sommergerste, Wein, Winterweizen und Zuckerrüben wurden als relevant eingestuft. Österreich wurde dabei als eine Erhebungsregion betrachtet.
  • Datenbasis für das Referenzjahr 2012 bildeten 508 Erhebungsbetriebe mit einer Erhebungsfläche von 11.500 ha. Als zweite Datenquelle dienten Daten aus den Saatgutzertifizierungsverfahren des Bundesamtes für Ernährungssicherheit (BAES).

Das Ergebnis der Hochrechnung ergibt für die relevanten Kulturen die abgeschätzte Menge an verwendeten Wirkstoffen in kg. Die Zuordnung der Wirkstoffe zu den Wirkstoffgruppen erfolgte gemäß VO (EG) Nr. 1185/2009 und entspricht in der Form der Veröffentlichung der in Verkehr gebrachten Mengen von Pflanzenschutzmitteln im Grünen Bericht.

Die Ergebnisse wurden der Kommission (EUROSTAT) übermittelt und am 30.12.2015 auf der AGES Homepage veröffentlicht.

Diese Methodik hat sich grundsätzlich als geeignet erwiesen und wurde auch von der EU-Kommission anerkannt, weshalb die Erhebung und Auswertung der landwirtschaftlichen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln im Zeitraum 2015 – 2019 wieder nach dieser Methodik erfolgen soll. Die Landesagrarreferentenkonferenz hat dazu am 02. Juni 2017 beschlossen, die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) mit der Erstellung einer Studie zur Erhebung und Auswertung von Daten hinsichtlich des Pflanzenschutzmittelverbrauchs in Österreich in den Jahren 2015 bis 2019 zu beauftragen.

Zur Forderung einer lückenlosen Erhebung des Pestizideinsatzes wird angemerkt, dass dies weder aus EU-rechtlichen Gründen erforderlich ist, noch aus anderen Erwägungen notwendig erscheint:

  • Die beruflichen Verwender von Pflanzenschutzmitteln sind nach dem Steiermärkischen Pflanzenschutzmittelgesetz 2012 verpflichtet, genaue Aufzeichnungen zu führen, aus denen mindestens die Bezeichnung des Grundstückes, die Schlaggröße, die Kulturpflanze, das angewendete Pflanzenschutzmittel und die Aufwandmenge pro Hektar oder die Konzentration und die Brühenmenge pro Hektar sowie das Datum der Anwendung ersichtlich sein müssen (Dokumentation). Diese Aufzeichnungen sind innerhalb von zwei Tagen nach Anwendung des Pflanzenschutzmittels durchzuführen und mindestens drei Jahre aufzubewahren. Die Behörde kann in diese Aufzeichnungen Einsicht nehmen oder sich diese Aufzeichnungen über Aufforderung vorlegen lassen.
  • Bei den Kontrollen der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln durch die zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden werden insbesondere diese Aufzeichnungen überprüft, die vorhandenen Pflanzenschutzmittel erfasst sowie die Lagerung und die Einhaltung der sonstigen Voraussetzungen für die Verwendung kontrolliert. Dabei werden auch Pflanzenproben gezogen und auf Pflanzenschutzmittel-Rückstände untersucht.

Mit einer lückenlosen Erhebung des Pestizideinsatzes wäre überdies ein sehr hoher zusätzlicher administrativer Aufwand sowohl für die Verwender von Pflanzenschutzmitteln, als auch für die Behörden verbunden!

 

Zu 2. „Strategien zu entwickeln und umzusetzen, welche längerfristig eine von Pestiziden unabhängige Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion ermöglichen.“

Abteilung 10:

Die Förderung der biologischen Landwirtschaft hat seit dem Beginn der 1990er Jahre in Österreich einen hohen Stellenwert. Im Jahr 2001 wurde das erste österreichweite Bio-Aktionsprogramm beschlossen. Das aktuelle Bio-Aktionsprogramm 2015-2020 setzt auf mehreren Schienen an. Ein zentrales Element für die Weiterentwicklung der biologischen Landwirtschaft ist das Förderprogramm Ländliche Entwicklung mit dem Agrarumweltprogramm ÖPUL (mit eigener Fördermaßnahme „Biologische Wirtschaftsweise“), der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete (in den Berggebieten Österreichs gibt es besonders viele Biobauern) und einem Biobonus (höherer Zuschuss, bessere Bewertung im Auswahlverfahren) bei Förderungen.

In der Steiermark werden etwa 23% der landwirtschaftlich genutzten Flächen biologisch bewirtschaftet, wobei der Anteil an Bio-Betrieben hierzulande mit 16,4% deutlich über den knappen 6% der Europäischen Union liegt. Auch die stetig steigende Nachfrage an Bio- Lebensmitteln bei den Konsumenten zeigt einen deutlichen Trend hin zu einem stärkeren Bewusstsein für eine gesunde Ernährung mit Lebensmitteln aus heimischer, regionaler Produktion.

Nach einer AIZ-Meldung vom 16.11.2017 (Quelle: Eurostat) hat Österreich in der EU den höchsten Anteil an biologisch bewirtschafteten Flächen und liegt mit über einem Fünftel (21% oder 571.000 ha) an Bioflächen im Jahr 2016 klar an der Spitze.

Um der Forderung nach mehr Klarheit rund um das Thema Bio-Lebensmittel und einem Ausbau der Bio-Landwirtschaft gerecht zu werden, wurde 2017 das steirische Bio-Aktionsprogramm in Zusammenarbeit zwischen Land Steiermark, Bio Ernte Steiermark sowie der Landwirtschaftskammer erarbeitet. Ziel des Aktionsprogramms ist es, die Bio-Landwirtschaft weiter zu stärken und den Anteil der biologisch bewirtschafteten Flächen von derzeit 23 auf 25 Prozent im Jahr 2020 auszuweiten. Kernpunkte dabei sind entsprechende Aus- und Weiterbildung, unabhängige Bio-Fachberatung sowie abgestimmte Entwicklung von Nachfrage und Angebot an Bio-Produkten.

Die LFS Grottenhof ist seit Jahrzehnten bereits Schwerpunktschule für biologische Landwirtschaft und auf Grund des neuen, mit Bio Austria abgestimmten Lehrplans, werden zukünftig den SchülerInnen aller Landwirtschaftsschulen die Inhalte des „Grundkurs biologische Landwirtschaft“ vermittelt. Überdies umfassen die Meisterkurse im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildung zukünftig Biomodule. Das Bildungsprogramm des LFI Steiermark beinhaltet eine Reihe von Kursen für die Bio-Landwirtschaft.

Die Erforschung und Entwicklung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen wird u. a. im Rahmen von Bund-Bundesländer-Kooperationsprojekten (BBK-Projekten) seit Jahren maßgeblich gefördert. Beispielhaft wird dazu auf folgende BBK-Projekte verwiesen:

  • DIACONT – Alternative biologische Methoden zum Schutz des Maises vor dem MWB
  • Blühstreifen in Foliengewächshäusern zur Nützlingsförderung
  • PEPOSAN - Untersuchungen zur Bekämpfung der Fruchtfäule und Bakteriosen des Steirischen Ölkürbis
  • Projekt Nr. 100929 zur Eindämmung und Bekämpfung des Westlichen Maiswurzelbohrers

 

Die Versuchsstationen für Obst- und Weinbau Haidegg und für Spezialkulturen in Wies führen teilweise selbst und teilweise als Kooperationspartner Versuche zur Erforschung, Entwicklung und Anwendung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen durch wie z.B.:

  • Testung von alternativen Mitteln zur Feuerbrandbekämpfung
  • Wirkungen der Volleinnetzung auf Befall mit Schadorganismen
  • Erprobung biologischer Beizverfahren bei Kürbis und Bohne

Die Verwendung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen und Einschränkungen bei Pflanzenschutzmitteln wird im Rahmen des ÖPUL seit Jahrzehnten gefördert. Beispielhaft wird auf folgende Maßnahmen verwiesen:

  • Biologische Wirtschaftsweise
  • Nützlingseinsatz im geschützten Anbau
  • Einschränkung ertragssteigernder Betriebsmittel (Verzicht Pflanzenschutz auf Grünland und Ackerfutterflächen mit Ausnahme Bio-Mittel)
  • Nützlingseinsatz im geschützten Anbau (jährlicher, flächendeckender Einsatz von Nützlingen im geschützten Anbau in mind. einem Glashaus/Folientunnel, die einen Pflanzenschutzmitteleinsatz ersetzen)
  • Pflanzenschutzmittelverzicht Wein und Hopfen
  • Verzicht auf Fungizide in Getreide
  • Begrünung Acker – Zwischenfruchtanbau sowie Begrünung – System Immergrün

Überdies wurde die Verwendung alternativer Maßnahmen zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers (Nematoden, Pheromone) vom Land in den Jahren 2015, 2016 und 2017 finanziell unterstützt.

Die Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark führt seit Jahren erfolgreich Nützlingsberatung im Gemüse- und Zierpflanzenbau durch.

Mit den dargestellten Maßnahmen und Aktivitäten wird der Forderung „Strategien zu entwickeln und umzusetzen, welche längerfristig eine von Pestiziden unabhängige Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion ermöglichen“ bereits in einem sehr hohen Maße entsprochen.

Es besteht aber die Bereitschaft in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung die Erforschung, Entwicklung und Anwendung alternativer Pflanzenschutzmaßnahmen weiterhin zu fördern und voranzutreiben, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelproduktion weiter zu reduzieren.

Abteilung 13:

Der Naturschutz leistet seinen Beitrag zur Reduktion von Pestiziden soweit als möglich durch Förderung von Grünlandflächen im Zuge des Vertragsnaturschutzes. Dieser beruht jedoch auf der Freiwilligkeit der Landwirte. Insgesamt stehen, mit Datum März 2017, 6.581,10 ha ÖPUL-Flächen, 800,93 ha Biotoperhaltungsflächen und 896,25 ha Natura-2000-Vertragsnaturschutzflächen unter Vertragsnaturschutz. Diese Flächen, in Summe 8.278,28 ha Grünlandflächen, werden extensiv bewirtschaftet und es gilt ein allgemeiner Pestizidverzicht. Durch diese Bewirtschaftungsweise soll unter anderem auch die Biodiversität gefördert werden.

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt zum Antrag der Grünen, EZ 1835/1, betreffend "Einsatz von Pestiziden endlich lückenlos erheben und nachhaltig reduzieren", wird zur Kenntnis genommen.

 

 

 

Die Obfrau:
LTAbg. Gabriele Kolar