LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 30

EZ/OZ 3371/5

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Infrastruktur

Betreff:
Unser Trinkwasser schützen

 

zu:
EZ 3371/1, Unser Trinkwasser schützen (Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT))

 

Der Ausschuss "Infrastruktur" hat in seiner Sitzung am Dienstag, dem 10.09.2019 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

 

Mit Beschluss des Ausschusses für Infrastruktur vom 18.06.2019 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht, eine Stellungnahme zum Selbstständigen Antrag, EZ/OZ: 3371/1, abzugeben.

Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:

1. Unionsrechtlicher Rahmen

Primärrechtlich stellt die Wasserversorgung eine Leistung der Daseinsvorsorge1 dar. In welchem Umfang derartige Leistungen angeboten und wie diese organisiert werden, ist Sache der Mitgliedstaaten.

Sekundärrechtlich gibt es punktuelle Bezugnahmen auf den Bereich der Wasserversorgung, wobei im Vordergrund die Wasserrahmenrichtlinie steht. Ziel der Wasserrahmenrichtlinie ist gem. Art. 1 lit. b ua. die Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen. Zu ergreifende Maßnahmenprogramme haben gem. Art. 11 Abs. 3 als Mindestinhalt die Begrenzung der Entnahme von Oberflächensüßwasser und Grundwasser zu enthalten. Wesentlich im gegebenen Zusammenhang ist Erwägungsgrund 1, wonach Wasser keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut ist, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss. In diesem Sinn lässt die Wasserrahmenrichtlinie die Eigentumsstruktur unberührt, fordert keine Marktöffnung und greift nicht in die Verwaltungsstrukturen der Mitgliedstaaten ein. Auch die Dienstleistungsrichtlinie hat an diesem Befund nichts geändert, da mit Art. 17 Abs. 1 lit. d Dienste der Wasserverteilung und -versorgung sowie der Abwasserbewirtschaftung ausdrücklich ausgenommen wurden.

2. Nationaler Rahmen

Nach dem Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung (BVG Nachhaltigkeit),2 bekennt sich die Republik Österreich zum Prinzip der Nachhaltigkeit bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen, um auch zukünftigen Generationen bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten (§ 1). Die Wasserversorgung wird als Teil der Daseinsvorsoge ausgewiesen. Zudem bekennt sich die Republik Österreich zu ihrer Verantwortung für die Sicherung der Wasserversorgung und deren Qualität.

§ 4 des BVG Nachhaltigkeit lautet:

„§ 4. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität.“

Mit der Verankerung dieser Leistungen als Staatsaufgabe sollen Tendenzen einer Marktliberalisierung auf den Bereich der Wasserdienstleistungen entgegengetreten werden. Durch diese Staatszielbestimmung wird deutlich, dass sich der Staat zur Sicherstellung der Wasserversorgung bekennt und sich zu diesem Zweck verpflichtet, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.

§ 4 des genannten Bundesverfassungsgesetzes wurde kürzlich im Lichte der sog. Ibiza-Affäre abgeändert und lautet künftig wie folgt:3

„§ 4. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere dazu, das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten.“

Begründet wurde die Änderung wie folgt:

„Unser Land ist für sein sauberes und ausreichend verfügbares Trinkwasser bekannt. Österreich wird weltweit um die Qualität der Versorgung mit Wasser, aber auch um die hohe Güte unseres Wassers beneidet.

Die österreichische Wasserversorgung wird vorwiegend durch meist kleine Versorgungsunternehmen sichergestellt. Es handelt sich dabei um 1.900 kommunale Anlagen, 165 Wasserverbände und rund 3.400 (sehr) kleine Wassergenossenschaften. Zu einem kleineren Teil erfolgt die Wasserversorgung auch durch andere Versorger wie z.B. private Unternehmen (im Wesentlichen ausgelagerte Unternehmen der öffentlichen Hand, z.B. Stadtwerke). Hierbei ist festzuhalten, dass eine mittelbare Mehrheitsbeteiligung der Republik Österreich (Bund, Länder, Gemeinden) an der Wasserversorgung die im § 4 erwähnte Verfügungsgewalt sicherstellt. Ebenso bleiben die Rechte von Wassergenossenschaften und Wasserverbänden nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 unberührt.

Der Antrag konkretisiert die Verantwortung der Gebietskörperschaften für die Aufrechterhaltung der hohen Qualität der Wasserversorgung und trägt dem, in den Anträgen 869/A, 888/A und 920/A (XXVI. GP) ausgedrückten Ziel von ÖVP, SPÖ und FPÖ, Rechnung, das österreichische Wasser zu schützen.“4

Vor dem Hintergrund des dargestellten rechtlichen Rahmens und der vor Kurzem beschlossenen Novelle des Bundesverfassungsgesetzes Nachhaltigkeit bleibt die öffentliche Wasserversorgung weiterhin in öffentlicher Hand, ist rechtlich abgesichert und kann damit gleichzeitig der „Schutz des Trinkwassers“ auf nationaler Ebene gewährleistet werden.

 


1Vgl. Art. 345 AEUV, wonach die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten unberührt bleiben; Art. 14 und 106 AEUV sowie Art. 36 GRC betreffend Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und die Gewährleistung des Zuganges zu diesen Dienstleistungen.

2 BGBl. I Nr. 111/2013.

3Die Kundmachung im BGBl. steht unmittelbar bevor.

4677 der Beilagen XXVI. GP.

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Infrastruktur zum Antrag der Abgeordneten der Grünen, EZ 3371/1 betreffend "Unser Trinkwasser schützen" wird zur Kenntnis genommen.

 

 

Die Obfrau:
LTAbg. Helga Ahrer