EZ/OZ: 3217/1
Regierungsvorlage
eingebracht am 28.03.2019, 11:30:02
Geschäftszahl(en): LADKS-311705/2015-41
Zuständiger Ausschuss: Infrastruktur
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann-Stv. Mag. Michael Schickhofer
Beilagen: Stellungnahme des Landesfinanzreferenten
Betreff:
Digitalisierung des Warn- und Alarmdienstes in der Steiermark; Errichtungskosten von € 23,5 Mio und Betriebskosten von jährlich € 1,5 Mio
Im Jahre 1970 wurde, unter der Federführung des Bundesministeriums für Inneres, die österreichweite Verwendung von einheitlichen Sirenensignalen (Probe, Feuer, Warnung, Alarm und Entwarnung) fixiert und erstmals über ein zentral auslösbares Warn- und Alarmierungssystem diskutiert.
In den Jahren 1973/74 wurde rund um den internationalen Flughafen Graz, mit vorerst 17 Sirenenanlagen, das österreichweit erste Testsystem errichtet. Ab dem Jahre 1976 erfolgte der stufenweise Rollout der analogen Funksirenenendstellen in der Steiermark.
Dieser Analogtechnologie sind aber technische Grenzen gesetzt. Derzeit findet z.B. eine unidirektionale Alarmierung der Funksirenen statt, die den Einsatzzentralen keine Information rückübermittelt, ob die alarmierte Funksirene auch tatsächlich ausgelöst hat. Alarmierungen über Rufempfänger sind über diese Systemstruktur nur sehr eingeschränkt möglich.
Daher wurde im Zuge der Realisierung des Projektes „BOS Digitalfunk Austria“ mit Regierungsbeschluss vom 11.07.2005, GZ.: FA7B-41.3-30/150-200, auch die Umsetzung der Digitalisierung des Warn- und Alarmdienstes als Projektbestandteil beschlossen.
Im Regierungsbeschluss vom 28.06.2010, GZ.: A20-11-1/2007-110, und im Beschluss des Landtages Steiermark in der 65. Sitzung der XV. Gesetzgebungsperiode vom 6. Juli 2010 wurde allerdings festgehalten, dass auf Grund der Kostensteigerung bei der Umsetzung des „Digitalfunk BOS Austria“ vorerst von der Realisierung des Projektbestandteiles „Digitale Warnung und Alarmierung“ Abstand genommen wird.
Das analoge Warn- und Alarmsystem ist nach wie vor das zentrale Einsatzmittel für die Warnung und Alarmierung der Zivilbevölkerung und der Feuerwehren in der Steiermark. Die lange Betriebslaufzeit konnte nur durch laufend durchgeführte Systemerhaltungsmaßnahmen sichergestellt werden. Nun muss aber befürchtet werden, dass in absehbarer Zeit das „End of Life“ gewisser Systemkomponenten erreicht sein wird. Deshalb wurde die technische Universität Graz mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für den Warn- und Alarmdienst beauftragt. Die Beauftragung erfolgte auf Grundlage des Regierungsbeschlusses vom 16.06.2016, GZ.: LADKS-311705/2015-4.
Mit Regierungsbeschluss vom 18.01.2018, GZ.: LADKS-311705/2015-12, wurde das Ergebnis der Studie zur Kenntnis gebracht.
Teil dieser Studie ist ein Resümee, in dem – aus Sicht der Studienautoren – u. a. folgendes zusammengefasst wird:
„Bei einer realistischen Marktbetrachtung muss man zum Schluss kommen, dass die Anbieter der 4 m Band- Technologie jederzeit den Ausstieg aus dieser analogen Technologie und das Ende der Produktion von Ersatzteilen beschließen können.
Da diese Anbieter über das Know-how für die neue digitale Technologie verfügen und diese auch produzieren, ist in diesem Fall nicht mit einer langen Übergangsphase zu rechnen, in der noch Ersatzteile der alten Technologie verfügbar sind.
Gleichzeitig hat der weitgehend flächendeckende Umstieg auf die digitale Alarmierung unter Berücksichtigung von Ausschreibung und Genehmigungsverfahren eine Vorlaufzeit von mindestens zwei bis drei Jahren. In der Phase zwischen dem Auslaufen der alten Technologie und der weitgehend flächendeckenden Inbetriebnahme der neuen digitalen Technologie besteht das Risiko, dass die Alarmierung der Einsatzkräfte nur eingeschränkt und unter besonderen Umständen gar nicht möglich ist.
Je länger man daher mit dem Technologietausch wartet, desto größer wird das Risiko, dass dieses zeitliche Delta schlagend und zur Gefahr für die steirische Bevölkerung wird.“
Mit demselben Beschluss beauftragte die Steiermärkische Landesregierung die Fachabteilung Katastrophenschutz und Landesverteidigung, im Sinne der Empfehlungen aus der Studie der Technischen Universität Graz, mit der Erstellung eines Gesamtkonzeptes und einer vorläufigen Funknetzplanung für den Steirischen Warn- und Alarmdienst, um auf Basis dieser gewonnenen Daten eine Entscheidungsgrundlage für die weitere Vorgangsweise zu erhalten.
Um diesem Auftrag gerecht zu werden, wurde die Beiziehung eines externen Planungsbüros notwendig. Zum einen wurde das fachspezifische Detailwissen eines Planungsexperten für die Erstellung des technischen Gesamtkonzeptes benötigt und zum anderen steht der ha. Fachabteilung für die Erstellung einer Funknetzplanung nicht das notwendige technische Equipment (Planungstool) zur Verfügung. Die Beauftragung zur Leistungserbringung erfolgte an die Firma Dipl.-Ing. Dr. Hermann Bühler GmbH, welche mit Regierungsbeschluss vom 08.03.2018, GZ.: LADKS- 311705/2015-21, genehmigt wurde.
Die Erstellung des Gesamtkonzeptes wurde von einem Steuerungsgremium, bestehend aus zwei Repräsentanten des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark und zwei Repräsentanten der Fachabteilung Katastrophenschutz begleitet, sodass nunmehr ein abgestimmtes Konzept vorliegt. Das Konzept sieht die Erneuerung bzw. Erweiterung
• der Leitstellen (Landeswarnzentrale und Landesleitzentrale der Feuerwehr)
• des Funknetzes zur Signalübertragung
• der Alarmumsetzer auf Ortsebene
vor.
Neben der technischen Konzeption beinhaltet das Gesamtkonzept einen Zeitplan/Zahlungsplan und die laufenden jährlichen Betriebskosten für das Land Steiermark.
Das Konzept geht davon aus, dass die bestehende bauliche Infrastruktur, die bereits jetzt für die Funksirenenendstellensteuerung genutzt wird, von den Gemeinden unentgeltlich beigestellt wird und keine zusätzlichen Neuerrichtungen erforderlich sind. Sofern notwendige Adaptierungen am Standort erforderlich sind, sollen diese von der Gemeinde getragen werden. Insbesondere wären dies Kosten für, Standortakquisition, Elektroinstallationsmaßnahmen/Stromversorgung, Antennenanlagen, Sirene, Blitzschutz und mechanische Vorbereitungsmaßnahmen für die Neuinstallierungen.
Auch der Ankauf von Rufempfängern müsste, wie bisher, von den Gemeinden getragen werden. Der Stückpreis hängt von der Ausstattungsvariante ab und wird aus derzeitiger Sicht mit rd. € 280,-- beziffert.
Für die Unterbringung des neuen technischen Equipments für die Signalübertragung wäre geplant, die bestehende bauliche Infrastruktur der Funkrelaisstandorte des Landes und der Feuerwehr zu nutzen, um neue Infrastrukturbaumaßnahmen weitgehend zu vermeiden. Es wird in der Berechnung der Errichtungs- und Betriebskosten für das Land Steiermark davon ausgegangen, dass die bestehenden Funkrelaisstandorte der Feuerwehr unentgeltlich beigestellt werden und die lfd. Betriebs- und Erhaltungsmaßnahmen, insbesondere Strom und Miete, wie bisher auch von der Feuerwehr getragen werden. Bauliche Adaptierungsmaßnahmen an der Bestandsinfrastruktur können aber nicht ausgeschlossen werden.
Unter der Berücksichtigung dieser „Beistellleistungen“ würden sich die Errichtungskosten für das Land laut Gesamtkostenberechnung auf rund € 23,5 Mio (inkl. Ust.) belaufen. Im „Best Case“ wird im technischen Gesamtkonzept von einem Umsetzungszeitraum von drei Jahren ausgegangen.
Auf Basis der Erfahrungswerte aus dem Projekt „Digitalfunk BOS Austria“ ist aber nicht davon auszugehen, dass der „Best Case“ eintreten wird, weil es bei der Umsetzung eines so großen Projektes nahezu immer zu rechtlichen und technischen Problemen kommt, die Verzögerungen zur Folge haben. Es ist daher realistischer, mit einem Umsetzungszeitraum von zumindest 4 Jahren zu rechnen.
Dies würde für den Zahlungsplan folgendes bedeuten:
Jahr
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vorläufige Errichtungskosten
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Vorläufige Betriebskosten
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2020
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€ 0,2 Mio
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-
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2021
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€ 8,3 Mio
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€ 0,75 Mio
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2022
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€ 7,5 Mio
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€ 1,2 Mio
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2023
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€ 7,5 Mio
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€ 1,5 Mio
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2024 ff
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€ 1,5 Mio
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Es wird darauf hingewiesen, dass Änderungen des Zeitplans auch Verschiebungen im Zahlungsplan mit sich bringen können.
Die Umsetzung dieses Großprojektes stellt auch für die Fachabteilung Katastrophenschutz und Landesverteidigung, FB Kommunikationstechnik eine große Herausforderung dar, die eine qualifizierte personelle Verstärkung von zumindest einem zusätzlichen Mitarbeiter mit einem Dienstfahrzeug erforderlich macht. Die Kosten hierfür wurden bereits in den Betriebskosten berücksichtigt.
Es wird darauf hingewiesen, dass sich die im Zuge der Erstellung des technischen Gesamtkonzepts ermittelten Kosten durch das notwendige europaweite Vergabeverfahren verändern können.
Die Digitalisierung des Warn- und Alarmdienstes ist als Vorhaben gemäß § 47 des Steiermärkischen Landeshaushaltsgesetzes 2014 (StLHG) zu werten. Entsprechend § 48 StLHG wurde für dieses Vorhaben, insbesondere für den über den aktuell beschlossenen Landesfinanzrahmen 2019-2022 hinausgehenden Mittelbedarf im Globalbudget Landesamtsdirektion Katastrophenschutz für die Jahre 2020 bis 2023 in Höhe der vorläufig ermittelten Errichtungskosten von € 23,5 Mio und in Höhe der vorläufig ermittelten Betriebskosten von € 3,45 Mio sowie die ab 2024 zu leistenden Betriebskosten von jährlich € 1,5 Mio wertgesichert gemäß der oben angeführten Darstellung, das Einvernehmen mit dem Landesfinanzreferenten hergestellt.
Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. März 2019.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
-
Der vorstehende Bericht wird zur Kenntnis genommen.
-
Die Steiermärkische Landesregierung wird aufgefordert, die Umsetzung der Digitalisierung des Warn- und Alarmdienstes zu beauftragen.
-
Für den über den aktuell beschlossenen Landesfinanzrahmen 2019-2022 hinausgehenden Mittelbedarf ist im Globalbudget Landesamtsdirektion Katastrophenschutz für die Jahre 2020 bis 2023 in Höhe der vorläufig ermittelten Errichtungskosten von € 23,5 Mio und in Höhe der vorläufig ermittelten Betriebskosten von € 3,45 Mio sowie für die ab 2024 zu leistenden Betriebskosten von jährlich € 1,5 Mio wertgesichert gemäß der in der Begründung dargestellten Aufstellung Vorsorge zu treffen, wobei die jeweils gültigen Fiskalregeln gemäß Österreichischem Stabilitätspakt 2012 einzuhalten sind.