EZ/OZ: 2684/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 20.09.2018, 11:30:37
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), LTAbg. Dr. Werner Murgg (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: Gesundheit
Regierungsmitglied(er): Landesrat Mag. Christopher Drexler
Betreff:
Verschlechterungsverbot bei Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger
Laut Medienberichten wurde die so genannte „Kassenreform“ der schwarz-blauen Bundesregierung bereits in allen wesentlichen Details beschlossen. Was der Bevölkerung als Verwaltungsvereinfachung verkauft wird, ist die weitreichendste sozialpolitische Umwälzung in der Geschichte der Zweiten Republik. Bekannt ist, neben einer Reihe von Köpfen, die ausgetauscht werden, dass die neun Landeskassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) mit Sitz in Wien fusioniert werden sollen. Die Länderkassen bleiben aber bestehen und heißen künftig „Landesstellen“. Die Länderversicherungen verlieren allerdings ihre Budgethoheit. Mit der Zentralisierung der Krankenversicherung wird die Zentrale künftig über eine enorme Machtfülle verfügen, immerhin geht es um ca. 60 Milliarden Euro pro Jahr. Auch kleinere Kassen werden zusammengelegt, insgesamt bleiben fünf Versicherungsträger (inkl. Pensionsversicherung für Arbeiter und Angestellte) über. ÖVP-Gesundheitslandesrat Drexler zeigte sich begeistert und richtete aus, er sei über die Änderungen „glücklich“.
Bei den Krankenversicherungen geht es FPÖ und ÖVP politisch vor allem um die Aushöhlung der Selbstverwaltung. Selbstverwaltung bedeutet, dass die Kassen von Vertreterinnen und Vertretern der Versicherten und ihrer Dienstgeber verwaltet werden, die etwa von der Arbeiter- oder der Wirtschaftskammer entsendet werden. Eingriffe in dieses System wurden bereits 2003 von der ersten schwarzblauen Bundesregierung vorgenommen. Das hängt damit zusammen, dass der Großteil der Sozialversicherungsbeiträge – ca. 90 Prozent – aus den Beiträgen der ArbeiterInnen und Angestellten stammt. Deshalb wurde die Sozialversicherung früher vor allem von deren Vertretung verwaltet. Seither leitet die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer den Hauptverband.
Die Bundesländerkassen sollen nicht aufgelöst, sondern in Landesstellen umgewandelt werden. Somit wird eine neue Ebene eingeführt. Das widerspricht den Beteuerungen, es ginge um Einsparungen bei der Verwaltung. Die Verwaltungskosten der Sozialversicherung lagen 2016 bei 2 Prozent (1,21 Milliarden Euro Verwaltungsaufwand bei 60,12 Milliarden Euro Gesamtaufwand). Im Jahr 1995 lagen sie noch bei 2,9 Prozent. Vergleicht man diese Zahlen etwa mit dem privaten Versicherungswesen, zeigt sich, dass der Verwaltungsaufwand relativ gering ist. Die Verwaltungskosten betragen im privaten Bereich nämlich mindestens 15 bis 30 Prozent.
In der ÖGK wird der weitaus größte Teil der Menschen in Österreich und demnach auch in der Steiermark versichert sein. Ohne Leistungskürzungen, schlechteren Zugang zur Versorgung und ohne Selbstbehalte werden die in Aussicht gestellten Einsparungen kaum realisierbar sein – es droht also eine massive Verschlechterung für die Bevölkerung. Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung schlagen beispielsweise seit Jahren vor, auch einen Behandlungsbeitrag bei ärztlicher Behandlung einzuheben, wie er in anderen Kassen bereits existiert.
Eine Vereinheitlichung der Leistungen über alle Träger hinweg kann aus den genannten Gründen nur Einsparungen bringen, wenn alle Versicherungen auf das unterste Niveau gebracht werden. Zudem hat die Regierung den Unternehmen versprochen, deren Beiträge zur Sozialversicherung ab 2020 zu senken. Das wird weitreichende Folgen für einen Großteil der Bevölkerung, auch in der Steiermark, haben. Sollte das Ziel tatsächlich nur das Sparen an der Verwaltung sein, muss seitens der Bundesregierung eine Garantie dafür abgegeben werden, dass es für die Versicherten zu keinen Verschlechterungen kommt. Eine solches Verschlechterungsverbot müsste im Hinblick auf die steirischen Versicherten auch im Sinne der steirischen Landesregierung und des Landtages sein.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
- Der Landtag Steiermark spricht sich gegen den geplanten Umbau des Sozialversicherungswesens in Österreich aus, der vor allem auf eine Neuverteilung der politischen Machtverhältnisse abzielt.
- Die Landesregierung wird aufgefordert, an die Bundesregierung mit dem Anliegen heranzutreten, im Zuge der geplanten Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger ein Verschlechterungsverbot im Hinblick auf eine potenzielle Erhöhung von Beiträgen für unselbständig Beschäftigte, die etwaige Einführung von Selbstbehalten für bisher nicht Betroffene sowie die Einschränkung von Leistungen für sämtliche Versicherte zu veranlassen.
Unterschrift(en):
LTAbg. Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), LTAbg. Dr. Werner Murgg (KPÖ)