LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 506/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 30.12.2015, 08:16:02


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Finanzen
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann-Stv. Mag. Michael Schickhofer, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer

Betreff:
Reform des Finanzausgleichsgesetzes

Wie hinlänglich bekannt, laufen seit April 2015 die Verhandlungen zwischen Bund, Ländern sowie Gemeinde- und Städtebund zum neuen Finanzausgleichsgesetz. Mit einem Ergebnis wird seitens des Finanzministeriums erst Mitte 2016 gerechnet. Dieser lange Zeitrahmen wird laut Finanzminister Hans Jörg Schelling erforderlich sein, zumal es diesmal nicht nur um die Verteilung von rund 80 Milliarden Euro Steuereinnahmen, sondern auch um eine grundsätzliche Reform des Verteilungssystems geht (Quelle: http://derstandard.at/2000014936419/Finanzausgleich-Verhandlungen-von-heute-bis-Mitte-2016).

Eine Überarbeitung der aktuellen Verteilungsregelungen, wie sie im geltenden Finanzausgleichsgesetz 2008 festgeschrieben sind, ist zweifelsohne begrüßenswert. So werden die Ertragsanteile zwar bereits derzeit entsprechend der Einwohneranzahl auf die Gemeinden aufgeteilt. Der „abgestufte Bevölkerungsschlüssel" sorgt allerdings dafür, dass Kommunen mit mehr Menschen auch mehr Geld je Einwohner erhalten. So bekommt etwa eine Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern den 2,3-fachen Betrag je Kopf. Der Ursprung dieser Regelung geht auf die Zeit unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Der historische Gesetzgeber vertrat die Ansicht, dass die größeren Gemeinden infolge der Zerstörungen einen wesentlich höheren Finanzierungsbedarf hätten als kleinere Kommunen (Quelle: http://gemeindebund.at/images/uploads/downloads/2015/Publikationen/RFG/RFG_3-2015-Analyse_der_Gemeindefinanzen_vor_dem_Hintergrund_eines_aufgabenor._FAG.pdf).

Es handelte sich bei dem derzeitigen Verteilungsschlüssel also eigentlich um eine Interimslösung, die der Beseitigung von Kriegsschäden dienen sollte. Das Beibehalten der Regelung bis ins 21. Jahrhundert erscheint angesichts ihres Ursprungs dementsprechend fragwürdig.

Fest steht, dass der Finanzbedarf der Gemeinden – ob groß oder klein – über Jahrzehnte infolge der beständigen Aufgabendelegationen von Bund und Land stetig gewachsen ist. So sind die Gemeinden heute in nahezu jeder Lebenslage erster Ansprechpartner, beginnend beim Kindergarten über die Leistungen der Sozialhilfeverbände bis hin zur Ermöglichung eines würdigen Lebensabends. Die demographische Entwicklung trifft viele Kommunen unmittelbar und lässt die Kosten im Vergleich zu den Einnahmen (eben aufgrund der Schlechterstellung durch den „abgestufte Bevölkerungsschlüssel") entsprechend wachsen. So kann beispielsweise in einer größeren Stadt mit einem Kilometer Wasserleitung, Kanal oder Straße eine viel größere Zahl von Menschen erreicht werden, als dies in einer kleinen Gemeinde der Fall ist. Im Sinne der Fairness und zur Vermeidung der finanziellen Ausblutung der ländlichen Regionen sollte der Großteil der Ertragsanteile daher vielmehr nach einem einheitlichen Bevölkerungsschlüssel verteilt werden.

Natürlich darf bei aller Gleichbehandlung im neuen Finanzausgleich nicht darauf vergessen werden, dass die einzelnen österreichischen Regionen unterschiedlich schnell wachsen. Ein guter Teil der Finanzmittel sollte dementsprechend nicht nur nach einem einheitlichen Bevölkerungsschlüssel, sondern im Sinne des tatsächlichen (Mehr-)Bedarfs zugewiesen werden. So ist etwa unverständlich, warum Graz als eine der am schnellsten wachsenden Ballungszentren Österreichs wesentlich weniger Finanzmittel pro Einwohner erhält, als die kaum expandierende Stadt Salzburg. Auch Innsbruck, Linz oder Wels bekommen mehr Ertragsanteile pro Bürger zugewiesen. Durch eine stärkere Aufgabenorientierung bei der Verteilung der Gelder kann diesem Missstand begegnet werden. Auch würde dieses Vorgehen zu einem gesunden Wettbewerb der Gemeinden untereinander führen, da sich künftig die Entwicklung tragfähiger und effizienter Entwicklungskonzepte finanziell zusätzlich rentiert.

Es ist erfreulich, dass es in beiden Bundesregierungsparteien immer mehr Befürworter für eine Verteilung der Ertragsanteile nach einem einheitlichen Bevölkerungsschlüssel gibt. So findet sich auf der burgenländischen ÖVP-Internetseite ein Artikel vom 11. September 2015, wonach Nationalratsabgeordnete der ÖVP einen gerechten Finanzausgleich fordern. Der sich unter ihnen befindliche Nationalratsabgeordnete Nikolaus Berlakovich führt aus, dass die Mittelzuweisungen nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel dem „verfassungsmäßigen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bürger“ widersprechen und „jeder Bürger […] gleich viel wert“ sei. Ins gleiche Horn stößt SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl laut der Onlineausgabe des „Standard“ vom 15. September 2015: „Jeder Burgenländer muss genau so viel wert sein, wie ein Bürger eines anderen Bundeslandes.“

Ähnliche breite Unterstützung findet sich für die Forderung nach einer stärkeren Fokussierung auf den tatsächlichen Finanzbedarf. So spricht sich im zitierten „Standard“-Bericht der burgenländische SPÖ-Finanzlandesrat, Helmut Bieler, für einen „vereinfachten und aufgabenorientierten Finanzausgleich nach aktualisierten Verteilungsschlüsseln“ aus. In den Reihen der ÖVP findet sich bekanntlich ebenfalls breite Unterstützung für eine stärkere Aufgabenorientierung.

Es entspricht den Interessen des Landes Steiermark sowie den Geboten der Fairness und Transparenz, wenn die Steiermärkische Landesregierung bei den Verhandlungen zum neuen Finanzausgleichsgesetz eine Verteilung der Ertragsanteile nach einem einheitlichen Bevölkerungsschlüssel fordert und sich gleichzeitig für eine verstärkte Aufgabenorientierung bei der Aufteilung der Finanzmittel ausspricht. Im Sinne einer „zukunfts- und enkeltauglichen“ Politik ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen beiden Verteilungssystematiken zweifelsohne wünschenswert.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bei den Verhandlungen zum neuen Finanzausgleichsgesetz

  1. für eine ausreichende finanzielle Ausstattung der steirischen Gemeinden einzusetzen,
  2. die Streichung der Aufteilung der Finanzmittel nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel zugunsten einer Verteilung nach einem einheitlichen Bevölkerungsschlüssel zu fordern sowie
  3. eine verstärkte Aufgabenorientierung bei der Aufteilung der Ertragsanteile zu forcieren.

Unterschrift(en):
LTAbg. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)