EZ/OZ: 3585/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 10.09.2019, 22:23:40
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Landesrat Anton Lang
Betreff:
Klimakrise: Die Politik hat Verantwortung!
„Es sind immer mehr Autos auf den Straßen. Da kann man nicht einfach sagen: Die Politik ist schuld, weil sie nicht die entsprechenden Gesetze erlassen hat.“ Das sagte Umwelt-Landesrat Lang am 4. August 2019 in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ zum Thema Klimakrise. Und: „Notstand, das sagt für mich: Es ist eine Riesenkrise da, ich muss sofort etwas unternehmen, weil etwas komplett schief läuft“. Daher sei er gegen die Ausrufung des Klimanotstandes.
Doch: Die Klimakrise ist schon vielerorts eine echte Überlebenskrise – und sie ist auch bei uns bereits Realität. Wir sind die erste Generation, die ihre Folgen zu spüren bekommt – und wir sind die letzte Generation, die noch etwas dagegen unternehmen kann. Im Jahr 2015 hat sich die Weltgemeinschaft in Paris gemeinsam das Ziel gesetzt, die globale Erhitzung deutlich unter 2°C, möglichst 1,5°C zu halten, um heutigen wie folgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Die Klimaforschung ist sich einig: Nur wenn der Pariser Vertrag eingehalten wird, lässt sich der globale Temperaturanstieg begrenzen. Der Kampf gegen die globale Erhitzung ist die Menschheitsaufgabe des 21. Jahrhunderts.
Dennoch stehen wir vor einer Situation, dass es nicht einmal mehr sicher gestellt ist, dass wir die niedrigen Ziele des Klimaschutzplans 2010 – minus 16 % Treibhausgasemissionen bis 2020 - erreichen werden, denn die Emissionen sind in der Steiermark um 7,3 % gestiegen (von 2016 auf 2017). Eine signifikante Abnahme der Emissionen ist nicht absehbar. ExpertInnen, die sich den Aktionsplan zur Klima- und Energiestrategie 2030 angesehen haben, kritisieren die fehlenden messbaren und nachvollziehbaren Zielvorgaben - und es wird stark bezweifelt, dass mit all den Maßnahmen zusammen das 2030-Ziel von minus 36 % Treibhausgasen erreicht werden kann.
Doch trotz steigender Treibhausgasemissionen, trotz der Dringlichkeit der Klimakrise, äußert sich der steirische Umwelt-Landesrat derart verharmlosend im zitierten „Kleine Zeitung“-Interview und meint, „dass der Weg, den wir in der Steiermark beschreiten, ein guter Weg ist und wir den Turnaround schaffen.“ Weiteres Zitat aus diesem Artikel: „Da muss man sich schon die Ursachen ansehen, etwa das Wirtschaftswachstum und die Verkehrssituation in der Steiermark.“
Eine wesentliche Forderung von „Fridays for Future", um die Zukunft möglichst klima- und lebensfreundlich zu gestalten, ist der Klimacheck. Am 27./28. Juni 2019 beschlossen die LandesumweltreferentInnen in Graz folgendes: „Die LandesumweltreferentInnen werden sich dafür einsetzen, dass auch im Bereich der Landesgesetzgebung eine qualifizierte, nachvollziehbare und fachlich fundierte Klimafolgenabschätzung nach wissenschaftlichen Kriterien bei relevanten Regierungsvorlagen, Gesetzesvorhaben und Verordnungen erfolgt.“
Auch in einem Nationalratsbeschluss im Juli 2019 wurde die Bundesregierung aufgefordert, „bei zukünftigen Entscheidungen auch stets die Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutz feststellen zu lassen, transparent und nachvollziehbar darzustellen und zu berücksichtigen.“
Es wird daher folgende
Dringliche Anfrage
gestellt:
1. Stehen Sie zu Ihrer Aussage, dass „die Politik“ nicht schuld an der Klimakrise sei? Hat „die Politik“ nicht die Pflicht, Maßnahmen gegen die Klimakrise und andere negative Folgen für die Lebensgrundlagen und die Gesundheit der Menschen (z.B. im Verkehrsbereich, in der Raumordnung, im BauG) zu ergreifen?
- a. Glauben Sie, dass die bestehenden Verhältnisse am Beispiel im öffentlichen Verkehr oder Radverkehr zufällig so sind wie sie sind oder mit politischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte zu tun haben?
- b. Glauben Sie, dass die Versiegelung von immer mehr Flächen, die Zersiedelung mit all ihren infrastrukturellen und Umweltkosten sowie Folgen für die Klimakrise, zufällig entstanden sind oder mit den politischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte zu tun haben?
- c. Glauben Sie, dass die Verschwendung von Ressourcen und Energie, sowie der damit einhergehende steigende Treibhausgasausstoß nur durch Appelle an die BürgerInnen in den nächsten Jahre in den Griff zu bekommen sind, oder müssen die politischen VerantwortungsträgerInnen deutlich schneller als bisher geänderte Rahmenbedingungen schaffen?
- d. Glauben Sie, dass ein Wechsel hin zu einer nachhaltigen, ressourcen- und energiesparenden Kreislaufwirtschaft innerhalb der nächsten 10 Jahre möglich sein wird, ohne dass die politisch VerantwortungsträgerInnen rasch die Rahmenbedingungen dafür schaffen?
2. Bekennen Sie sich vor dem Hintergrund Ihres Interviews in der Kleinen Zeitung vom 4.8.2019 zur Dringlichkeit der Klimakrise?
3. Welche zusätzlichen Maßnahmen müssen gesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Klimaschutz-Ziele der Steiermark für 2020 (laut Klimaschutzplan 2010) erreicht werden können?
4. Werden Sie vor dem Hintergrund des Beschlusses der UmweltreferentInnen-Konferenz vom Juni 2019 Grundlagen für einen Klimacheck aller Gesetze, Verordnungen und Förderungen erarbeiten lassen?
5. Wie konnte es passieren, dass derzeit Novellen zum ROG und BauG verhandelt werden, die bis auf ein Verbot neuer Ölheizungen in Neubauten keinerlei konkrete Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes erkennen lassen?
6. Wie kann eine Dekarbonisierung der Raumwärme gelingen, wenn kein Ausstieg aus bestehenden Heizungsystemen basierend auf fossilen Energien im BauG verankert wird?
Unterschrift(en):
LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne)