LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1144/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 29.09.2016, 12:56:30


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Gesundheit
Regierungsmitglied(er): Landesrat Mag. Christopher Drexler

Betreff:
Der Drogenproblematik den Kampf ansagen – steirische Suchtpolitik adaptieren!

Um sich der Ausmaße der Drogenproblematik in Österreich bewusst zu werden, brauchte man lediglich innerhalb des letzten Monats die Zeitung zu lesen: „Der Drogenhandel eskaliert völlig!“ berichtete etwa die „Kronen Zeitung“ in ihrer Onlineausgabe am 24. August 2016, „Mehr Drogenmissbrauch, ‚Böhmische Küchen‘ im Trend“ titelte dann der „Kurier“ am 28. August 2016 und seit 19. September 2016 findet sich ein Online-Bericht des „ORF-Steiermark“ mit der Überschrift „Junge Schülerinnen für Drogen ausgeraubt“. Die ungebrochene Aktualität des Problems steht folglich außer Frage, wobei in der Thematik die rasche Adaptierung etwaiger Bekämpfungsstrategien auf die sich ständig ändernden Herausforderungen von besonderer Wichtigkeit ist.

Umso mehr verwundert die diesbezügliche Nachlässigkeit der schwarz-roten Landesregierung. So ist die auf der Homepage des Landes Steiermark aufzufindende „neue steirische Suchtpolitik“ gar nicht mehr so neu, sondern wurde vielmehr bereits von der ehemaligen ÖVP-Gesundheitslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder im Oktober 2011 präsentiert. Im damaligen Konzept ging es laut Pressemitteilung vor allem darum, „neben der individuell zugeschnittenen Betreuung für Suchtkranke die Prävention zu verstärken und damit Kinder und Jugendliche fit für das Leben zu machen.“ Zur Umsetzung dieses Ziels wurden zehn Leitlinien entwickelt, die einen stärkeren Fokus auf Tabak-, Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit sowie Spiel- und Internetsucht legen sollten. Schließlich führe „eine Suchtpolitik, die wie bisher auf die so genannten illegalen Drogen fokussiert ist, […] an großen Teilen der Suchtproblematik vorbei.

Der damalige Ansatz der Landesregierung war und ist sicher nicht gänzlich unumstritten. Zweifelsohne muss der Vorbeugung und Bekämpfung überbordenden Konsums von legalen Berauschungsmitteln eine angemessene Bedeutung zukommen. Dies darf jedoch nicht das Kleinreden von mit verbotenen Substanzen einhergehenden Problemen und Gefahren bedeuten. Darüber hinaus belegt die immense Zunahme an Straftaten im Zusammenhang mit Drogen seit dem Jahr 2011, dass eine allzu liberale und primär auf Prävention fokussierte Suchtmittelstrategie den tatsächlichen Erfordernissen nicht gerecht werden kann.

Die Notwendigkeit für eine tatsächlich „neue“ steirische Suchtpolitik lieferte spätestens der diesjährige vom Bundesministerium für Inneres veröffentlichte Suchmittelbericht, in welchem bereits das Vorwort bestätigt, was besorgte Bürger seit längerem vermuten: Die Drogenkriminalität wird jährlich problematischer. So hat sich die Zahl der mit illegalen Rauschmitteln in Zusammenhang stehenden Delikte innerhalb von nur neun Jahren um fast 9.000 auf rund 33.000 Anzeigen im vergangenen Jahr erhöht. Dies entspricht einer unvorstellbaren Steigerung von 37,5 Prozent in nicht einmal einer Dekade. Zurückzuführen ist dies leider nicht nur auf erhöhte Kontrolltätigkeit seitens der Polizei, sondern vor allem auch auf den weiter steigenden Drogenmissbrauch. Österreich ist laut dem Bericht Konsum-, Transit- und Umschlagplatz für illegale Suchtmittel sowie Sitz verschiedenster Tätergruppierungen und Verteilernetzwerke. Dafür zeichnet vor allem die geographische Lage der Balkanroute verantwortlich, auf der Heroin- und Opiatprodukte ausgehend von Afghanistan nach und durch die Alpenrepublik geschmuggelt werden. Kokain wird hingegen vorwiegend über den Flughafen Wien-Schwechat aus Südamerika eingeführt. Dieses Jahr soll entsprechend den Plänen des Innenministeriums besonderes Augenmerk auf drogenbezogene Aktivitäten im Internet – vor allem im sogenannten Darknet – und auf die wieder zunehmende Straßenkriminalität gelegt werden.

Allen Beschwichtigungen der rot-schwarz-grün-pinken Toleranzromantiker zum Trotz stellt die Migrationssituation auch im Bereich der Drogenbekämpfung Europa und Österreich vor besondere Herausforderungen. Dementsprechend ist laut Suchtmitteljahresbericht die „deutliche Steigerung des Konsums und Handels mit Kleinmengen in Migrantenkreisen und das Entstehen kleinerer offener Szenen in städtischen Ballungsbereichen […] besonders seit Jahresbeginn 2016“ leider wenig verwunderlich. Es bedarf keiner besonderen analytischen Fähigkeiten, um den direkten Zusammenhang mit der im zweiten Halbjahr 2015 eskalierten Asylkrise zu erkennen.

Insgesamt erfolgten letztes Jahr 32.907 Anzeigen wegen strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG). Davon entfielen 10.510 auf fremde und 20.296 Anzeigen auf inländische Tatverdächtigte (in den restlichen Fällen blieben die Täter unbekannt). Bemerkenswert ist dabei, dass die Anzahl an Verfolgungshandlungen gegen österreichische Staatsbürger kontinuierlich gesunken, jene gegen Ausländer hingegen stetig gestiegen ist. So kamen 2006 auf einen ausländischen noch rund vier heimische Tatverdächtigte, im vergangenen Jahr waren es nur mehr knapp zwei.

Nimmt man 2011 als Ausgangspunkt, das Jahr der Veröffentlichung der steirischen Suchtmittelstrategie, und vergleicht die einstigen Statistiken mit jenen aus dem Jahr 2015, wird die Notwendigkeit einer Adaptierung der aktuellen Anti-Drogen-Linie immer deutlicher. Seit damals ist die Anzahl an Anzeigen wegen strafbarer Handlungen nach dem SMG in der Steiermark um rund 68 Prozent gestiegen. Bundesweit gab es lediglich eine Steigerung um etwas mehr als ein Viertel. Bemerkenswert ist dabei, dass es letztes Jahr im Vergleich zu 2011 nur um 7,35 Prozent mehr Anzeigen gegen Inländer gab. Im selben Zeitraum erhöhte sich die Summe an derartigen Verfolgungshandlungen gegen Ausländer hingegen österreichweit um unglaubliche 70 Prozent. In der Steiermark dürfte dieser Wert gar noch überschritten worden sein. Diese Entwicklung ist in erster Linie auf eine massive Zunahme an Delikten wegen Drogenkonsum zurückzuführen. Allerdings wurden 2015 auch um ein Drittel mehr Nichtösterreicher wegen Straftaten in Verbindung mit Drogenhandel als noch vor vier Jahren angezeigt. Die Zahlen des Innenministeriums belegen damit eindeutig, dass das Drogenproblem zunehmend zum Ausländerproblem geworden ist.

Die Auswirkungen des Suchtmittelmissbrauchs auf unsere Gesellschaft sind so mannigfaltig wie gravierend. Aus volkswirtschaftlicher Sicht entstehen dem Staat enorme Kosten, insbesondere durch erhöhten Polizeiaufwand, Gerichtsverhandlungen und Drogentherapieangebote. Von einem sicherheitspolitischen Standpunkt aus betrachtet sind in zahlreichen Ballungsräumen ganze Stadtviertel vom Drogenhandel bzw. -konsum gezeichnet, worunter das individuelle Sicherheitsbedürfnis der dort lebenden Bürger enorm leidet. Am schwerwiegendsten sind jedoch die gesellschaftlichen Folgen, die der ausufernde Suchtmittelmissbrauch auf unsere Jugend hat. So veröffentlichte der „Standard“ am 24. September 2016 ein Interview, in dem die an der Medizinischen Universität Innsbruck tätige Professorin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Kathrin Sevecke auf die Gefahren verwies, die Drogen insbesondere für junge Menschen darstellen. So sei etwa der schädliche Einfluss auch von vermeintlichen „weichen“ Drogen wie Cannabis auf das Gehirn Heranwachsender viel größer als bisher angenommen. Umso erschreckender ist daher ein Bericht der „Kleinen Zeitung“ vom 29. September 2016 zu werten, wonach ein 31-jähriger Somalier innerhalb eines Jahres im Raum Judenburg knapp eineinhalb Kilo Marihuana verkauft haben soll. Vorzugsweise tat er dies im Bereich des Schulzentrums Lindfeld, der berufsbildenden höheren Schulen und des angrenzenden Sportzentrums. Trotz der Schwere dieses Verbrechens wurde der mutmaßliche Dealer lediglich auf freiem Fuß angezeigt.

Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklungen besteht umgehender Handlungsbedarf seitens der Politik. Ohne entsprechende Maßnahmen drohen die Steiermark und ganz Österreich in den kommenden Jahren im Drogensumpf zu versinken. Es gilt die überalterte „neue steirische Suchtpolitik“ umgehend zu adaptieren und das Negieren von Problemen zu beenden. Ein solches muss der Landesregierung angesichts der Beantwortung einer FPÖ-Anfrage mit dem Betreff „Drogenproblematik in der Steiermark“ jedenfalls attestiert werden. Wie sonst sind die Aussagen von ÖVP-Gesundheitslandesrat Christopher Drexler zu beurteilen, wonach die stark gestiegenen Anzeigen nach dem SMG „erstens auf die polizeiliche Kontrollintensität (mehr Polizeikontrollen führen zu mehr Anzeigen), zweitens auf das veränderte Anzeigeverhalten in der Bevölkerung (subjektives Gefühl von Unsicherheit im öffentlichen Raum) und drittens auf gesetzliche Änderungen (Drogenhandel im öffentlichen Raum als Tatbestand des Suchtmittelgesetzes (SMG)) zurückzuführen“ sind. „[…] Einen Rückschluss auf einen Behandlungsbedürftigen, chronischen Drogenkonsum lassen diese Zahlen daher nicht zu.

Wie Landesrat Drexler trotz der Ausführungen im diesjährigen Suchmittelbericht des Innenministeriums zu dieser Ansicht kommt, bleibt schleierhaft. Vielmehr lässt seine Anfragebeantwortung lediglich zwei Schlüsse zu: Entweder war die Drogenproblematik auch in der Vergangenheit so brisant wie heute und die rot-schwarzen Bundes- und Landesregierungen haben es nicht bemerkt bzw. ignoriert oder der Gesundheitsreferent negiert die massiven Verschlechterung der letzten Jahre. Was auch immer die Gründe sein mögen, diese Vogel-Strauß-Taktik muss ein Ende finden. Widrigenfalls werden die Medien noch häufiger über die schrecklichen Folgen des Drogenmissbrauchs zu berichten haben.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, der ausufernden Suchtmittelproblematik durch ein Maßnahmenpaket mit folgendem Inhalt aktiver entgegenzutreten:

  • Abhaltung eines steirischen „Anti-Drogen-Gipfels“ bestehend aus Vertretern der Politik, der Exekutive, der Gesundheitsberufe und der Schulbehörden sowie sonstigen Betroffenen;
  • Neuauflage der Publikation „Die neue steirische Suchtpolitik“, in welche die Ergebnisse des „Anti-Drogen-Gipfels“ eingearbeitet werden;
  • Durchführung von Aufklärungskampagnen mit ungeschönten Fakten rund um Drogen- bzw. Beschaffungskriminalität, Suchtmittelumschlagplätze, Straftatstatistiken und klassische Täterprofile;
  • Evaluierungsbericht, ob das LKH Südwest – Standort Süd / Zentrum für Suchtmedizin personell und strukturell ausreichend ausgestattet ist;
  • Ersuchen der Bundesregierung um
    • die personelle und finanzielle Aufstockung der steirischen Polizei, vor allem im Bereich der Suchtmittelbekämpfung,
    • die Etablierung einer „Keine Toleranz“-Strategie bei potentiellen Dealern, indem diese fortan auch für den Verkauf von geringsten Suchtmittelmengen in Gewahrsam genommen und nicht mehr auf freien Fuß angezeigt werden,
    • die sofortige Einleitung von Abschiebemaßnahmen (insbesondere von Schubhaft) von in erster Instanz wegen Drogendelikten verurteilten Ausländern sowie
    • die regelmäßige Kontrolle von Flüchtlingsheimen hinsichtlich Drogenkriminalität durch eine eigens dafür abgestellte Kontrolleinheit.

Unterschrift(en):
LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ)