LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


TOP 5

EZ/OZ 2982/7

Schriftlicher Bericht

Ausschuss: Gesundheit

Betreff:
Pflegeregress auch in der mobilen Pflege abschaffen

 

zu:
EZ 2982/1, Pflegeregress auch in der mobilen Pflege abschaffen (Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT))

 

Der Ausschuss "Gesundheit" hat in seiner Sitzung am Dienstag, dem 10.09.2019 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.

Mit Beschluss des Ausschusses für Gesundheit vom 08.01.2019 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Selbständigen Antrag, Einl.Zahl 2982/1, abzugeben.

Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:

Wie bereits bei der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage „Kosten der Abschaffung des Regresses bei der mobilen Pflege“ (EZ 3033/1) ausgeführt, hätte die Abschaffung des Vermögensregresses für die mobile Pflege zur Folge, dass Personen, die durch die Inanspruchnahme der mobilen Hauskrankenpflege weniger als € 863,04 an Einkommen zur Verfügung haben (Ausgleichszulagenrichtsatz), einen Antrag auf Bezuschussung durch die Sozialhilfe stellen können. Um die unmittelbaren budgetären Folgen für die Landesbudgets 2019 und 2020 beurteilen zu können, wurde in Vorbereitung einer Antwort dieser schriftlichen Anfrage mit der Stadt Graz Kontakt aufgenommen, da diese Erfahrungen mit einer derartigen Regelung aufgrund ihres Tarifmodells hat (vgl. EZ/OZ 2676/2). Allerdings wurde uns mitgeteilt, dass diesbezügliche Zahlen erst Ende März vorliegen, so dass die Antwort zum derzeitigen Datum noch nicht gegeben werden kann. Sobald diese Zahlen vorliegen, werden wir sie dem Landtag zur Verfügung stellen.

Mit Beschluss des Ausschusses für Gesundheit vom 08.01.2019 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Selbständigen Antrag, Einl.Zahl 2982/1, abzugeben. Da wichtige Kostenberechnungsdaten noch nicht vorlagen, wurde in der Sitzung vom 9.4.2019, Einl.Zahl 2982/4 der Beschluss gefasst, eine ergänzende Stellungnahme unter Berücksichtigung der ausstehenden Zahlen einzuholen.

Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:

Eine Abschaffung des Vermögensregresses bei der mobilen Pflege, Steiermärkisches SHG § 9 Abs. 2a, berührt die Hauskrankenpflege und gemäß geltendem Rechtsspruch des LVwG auch die 24-Stunden-Betreuung.

Hauskrankenpflege:

Zur Berechnung der budgetären Folgen wurden die Graz-Daten 2018 und die Daten der Fachabteilung Gesundheit und Pflegemanagement herangezogen. Angenommen wurde, dass Personen, die aufgrund der Inanspruchnahme der Hauskrankenpflege monatlich weniger Individual-Einkommen (nach Abschöpfung des gesamten Pflegegeldes) als € 863,04 (Ausgleichszulagenrichtsatz) zur Verfügung haben, einen Antrag auf Bezuschussung durch die Sozialhilfe stellen.

Unter Bedachtnahme dieser Berechnungsgrundlage beantragen jährlich ca. 2.150 Hauskrankenpflegekunden/-kundinnen (12 Prozent) eine Bezuschussung aus der Sozialhilfe. Der Euro-Mehraufwand würde im Jahr 2020 etwa 2,1 Millionen Euro kosten.

Die 2,1 Millionen Euro berücksichtigen keinen Mengeneffekt. Berücksichtigt werden muss, dass der Kunde/die Kundin nach Erreichung des max. belastbaren Einkommens von € 864,04 kostenfrei betreut wird und gegebenenfalls die Anzahl der Stunden – ohne Pflegebedarfsprüfung – steigt.

Der Sozialhilfeträger Stadt Graz finanziert bereits derzeit im Rahmen des Kundentarifmodells die Differenz zum Ausgleichszulagenrichtsatz mit, wobei der Betreuungsbedarf ggf. von den Amtspflegefachkräften (DGKP/Dipl. Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen) der Stadt Graz geprüft wird. Die Stadt Graz verfügt hierfür über fünf Vollzeit-Dienstposten, welche im Rotationsprinzip für die Pflegebedarfsprüfungen im Rahmen der Kontrolle der mobilen Dienste und für das Case Management (Pflegedrehscheibe) tätig sind. Hochgerechnet auf Basis der Einwohner 65+ ergibt dies für die restlichen steirischen Bezirke eine Anzahl von 21 Vollzeit-Dienstposten. Derzeit arbeiten vier Case Managerinnen (DGKP/Dipl. Gesundheits- und Krankenpfleger/innen) im Rahmen des Pilotprojektes „Pflegedrehscheibe“ in den Bezirkshauptmannschaften. Die Kosten für einen DGKP-Dienstposten (ST12) betragen durchschnittlich € 65.000.-/Jahr.

Eine Abschaffung des Vermögensregresses ohne die Schaffung von notwendigen Rahmenbedingungen, d.h. ohne Bereitstellung von trägerunabhängigem Personal zur Prüfung des erforderlichen Pflege- und Betreuungsbedarfs und Personal für die Einkommenserhebung und Bescheiderstellung in den Bezirkshauptmannschaften wird aus Sicht der Fachabteilung Gesundheit und Pflegemanagement als sehr kritisch beurteilt.

24-Stunden-Betreuung:

Die Berechnung der Mehrkosten der 24-Stunden-Betreuung aufgrund der Abschaffung des Vermögensregresses ist mit großen Unsicherheiten behaftet, da es an den notwendigen Daten fehlt, um hier verlässliche Prognosen abzugeben.

Aufgrund der Daten des Sozialministeriumsservice Steiermark ist bekannt, dass es im Jahr 2017 monatlich 4.844 Personen gab, die eine Förderung ihrer 24-Stunden-Betreuung bezogen. Unter der Annahme, dass es eine jährliche Steigerung der Anzahl der Förderungsbezieher in Höhe von 6 Prozent gibt (entspricht der Steigerung von 2016 auf 2017 - die Steigerungen in den Vorjahren waren ungleich größer), ergibt sich für 2019, dass es monatlich 5.443 Förderungsbezieher gibt.

Hinsichtlich der Kosten wird ein Worst-Case-Szenario unterstellt, das aus den Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes resultiert: § 9 SHG regelt, dass Zuzahlungen der öffentlichen Hand zu nichtstationären Leistungen nur in der maximalen Höhe einer Heimzuzahlung gewährt werden dürfen. Daraus ergibt sich für die Bruttoausgaben, dass die Pflegeheimkosten eines Jahres herangezogen wurden. Als Einnahmen werden 39 Prozent dieser Kosten abgezogen. Als Basis für diesen Prozentsatz wurde der Anteil der Einnahmen an den Ausgaben für stationäre Pflege (Quelle: Rechnungsabschluss 2017) abzüglich des Einnahmeentfalls aufgrund der Abschaffung des Vermögensregresses herangezogen.

Unterstellt man nun, dass 10 Prozent, 12 Prozent bzw. 14 Prozent von den 5.443 Förderungsbeziehern nach Abschaffung des Vermögensregresses für mobile Pflege einen Sozialhilfeantrag stellen, ergeben sich folgende Werte für die finanzielle Mehrbelastung des Landes Steiermark:

 

Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Der Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Antrag, EZ 2982/1, "Pflegeregress auch in der mobilen Pflege abschaffen", der Abgeordneten der Grünen wird zur Kenntnis genommen.

 

 

Die Obfrau:
LTAbg. Sandra Krautwaschl