LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2638/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 31.08.2018, 09:35:24


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), LTAbg. Dr. Werner Murgg (KPÖ)
Fraktion(en): KPÖ
Zuständiger Ausschuss: Regionen
Regierungsmitglied(er): Landesrat Anton Lang, Landesrat Johann Seitinger

Betreff:
Änderung des Stmk. Hebeanlagengesetzes

Mit dem Stmk. Hebeanlagengesetz 2015 – StHebAG wurden nicht nur Inhalte der EU-Richtlinie 2014/33/EU hinsichtlich neuer Aufzüge im privaten Wohnbereich und in nicht-gewerblichen Arbeitsstätten, sondern auch die unverbindliche Empfehlung der Kommission vom 8. Juni 1995, 95/216/EG, umgesetzt. Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt bei der Durchführung der sicherheitstechnischen Prüfung und allfälligen Nachrüstverpflichtung für bestehende Aufzüge.

In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf heißt es zu den maximal zu erwartenden Kosten der Nachrüstung eines alten Aufzugs wörtlich:

Laut TÜV können die Kosten für allfällige Nachrüstungsmaßnahmen abhängig vom Baujahr der Anlage bis zu ca. € 35.000,- betragen. Diese Kosten von ca. € 35.000,- beziehen sich jedoch auf eine Gesamtsanierung eines Wohnhausaufzuges (5-6 Halt, 320 kg, Baujahr vor 1975). Es handelt sich dabei um Aufzüge, die nahezu 40 Jahre alt und älter sind und bei denen aufgrund des Alter der Aufzüge die technischen Hauptkomponenten aus Sicherheitsgründen zu erneuern sind.“

Dies ist nicht, wie in der Anfragebeantwortung EZ 2482/2 dargestellt wird, als „grobe Kostenschätzung“ zu lesen. Vielmehr wurden in den Erläuterungen die Kosten von ca. 35.000 Euro pro Liftanlage offenkundig als Maximalwert angegeben – und das für den Fall, dass aufgrund des Alters der Aufzüge technische Hauptkomponenten zu erneuern wären.

Nun sind die ersten Liftanlagen in der Steiermark bereits einer Sicherheitsprüfung unterzogen worden. Das Ergebnis ist für die BewohnerInnen der betroffenen Häuser schockierend! Obwohl die Liftanlagen – zu nicht unerheblichen Wartungskosten von etwa 8.000 Euro jährlich pro Lift – immer geprüft, gewartet, abgenützte Anlagenteile ausgetauscht und die Anlagen schließlich laut gesetzlicher jährlicher Überprüfung durch den TÜV nach dem bewilligungsgemäßen Zustand für "gut"  befunden wurden, fallen nun Kosten an, die die genannten 35.000,- Euro bei weitem überschreiten.

So wurden bei einigen Liftanlagen in Graz Kostenvoranschläge für die Nachrüstung von bis zu 80.000 Euro pro Lift vorgelegt!

Betroffen sind besonders BewohnerInnen von Häusern, die vor mehr als 40 Jahren gebaut wurden. Gerade in diesen Häusern leben naturgemäß meist ältere Menschen, Pensionistinnen und Pensionisten, viele Witwen und Witwer, die über kein hohes Einkommen verfügen. Noch dazu sind bei diesen alten Gebäuden aufgrund vieler anderer notwendigen Renovierungsmaßnahmen, (thermischen) Sanierungen und Brandschutzmaßnahmen die Rücklagen aufgebraucht.

Werden die Fristen für die sicherheitstechnische Überprüfung bzw. für die Nachrüstungsmaßnahmen nicht eingehalten, so hat die Behörde den Betrieb bescheidmäßig zu untersagen. Für die teils betagten BewohnerInnen von Mehrfamilenhäusern, aber auch für Eltern mit kleinen Kindern oder bewegungseingeschränkten Personen wäre die Stilllegung der Liftanlagen in mehrstöckigen Häusern und Hochhäusern natürlich fatal.

Für viele betroffene BewohnerInnen stellen die nun zu erwartenden immensen Kosten für die Lift-Nachrüstung eine untragbare zusätzliche finanzielle Belastung dar. Da sich nun herausstellt, dass wesentliche Angaben, die in den Materialien zum Gesetzesentwurf gemacht wurden, offenkundig nicht der Realität entsprechen, dass vielmehr die tatsächlichen Kosten mehr als das Doppelte über diese Angaben hinausgehen, ist es dringend geboten, dass der Landtag seinen damaligen Gesetzesbeschluss überdenkt und die nötigen Änderungen des Stmk. Hebeanlagengesetzes beschließt.

Rechtlich ist dies ohne weiteres möglich. Die diesem Gesetz zugrundeliegende „Norm“ (95/216/EG) ist in Wahrheit nämlich nur eine unverbindliche Empfehlung, welche aus dem Jahr 1995 stammt. Es handelt sich keinesfalls um zwingendes EU-Recht! Zwingend gemäß der Europäischen Aufzugsrichtlinie ist tatsächlich nur die Umsetzung der Sicherheitsbestimmungen für das Inverkehrbringen neuer Aufzugsanlagen. Für bestehende Lifte in Privathäusern gibt es keine wie immer geartete zwingende europäische Norm, die diese kostspieligen Maßnahmen für geprüfte und als sicher begutachtete Liftanlagen vorsehen würde!

Wie viele Steirerinnen und Steirer betroffen sein werden, lässt sich erahnen: In den Erläuterungen heißt es nämlich, dass in der Steiermark 534 Aufzüge aufgrund der neuen Bestimmungen umfassend zu sanieren seien. Weitere 500-600 Aufzüge seien einer Teilsanierung bezogen auf die drei Hauptmängel zu unterziehen. Da die Gesamtanzahl der Anlagen bei insgesamt ca. 2400 Anlagen liegt, müssten also fast die Hälfte aller privaten Liftanlagen in den nächsten Jahren umfassend saniert werden!  

Eine solche Übererfüllung im Interesse der Aufzugsherstellerlobby kann vom Landtag Steiermark nicht gutgeheißen werden.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Die Landesregierung wird aufgefordert:

1.) Einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem § 20 Stmk. Hebeanlagengesetz in der Form geändert wird, dass

  • für bestehende und in Betrieb befindliche Aufzüge oder Hebeeinrichtungen für Personen nur die sich aus zwingenden EU-Recht ergebenden Nachrüstungsmaßnahmen vorgeschrieben werden,
  • die Sicherheitsprüfung sich unter Bedachtnahme auf die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für die Konzeption und den Bau von Aufzügen und Sicherheitsbauteilen von Aufzügen gemäß Anhang 1 der Aufzüge-Sicherheitsverordnung 1996, BGBl. Nr. 780/1996 idF BGBl. II Nr. 464/2005, nur auf die Gefährdungen, die beim Betrieb eines Aufzuges bereits eingetreten oder - trotz der anlässlich regelmäßiger Wartungsmaßnahmen nicht in Frage gestellten Betriebssicherheit der Anlage - mit Sicherheit zu erwarten sind, erstreckt,
  • Sicherheitsberichte, die auf einer vor dem Inkrafttreten dieser Novellierung des Steiermärkischen Hebeanlagengesetzes 2015 vorgenommenen Sicherheitsprüfung beruhen, außer Kraft treten,
  • die Durchführung der Sicherheitsprüfung weiterhin zu den im Gesetz angeführten Zeitpunkten zu erfolgen hat.

2.) Eine nicht rückzahlbare Förderung bzw. im Falle von Darlehensaufnahmen im Zuge von Lifterneuerungen einen 40 %igen Annuitätenzuschuss einzurichten, damit übermäßige finanzielle Belastungen der BewohnerInnen, die sich aus der Nachrüstung bestehender, immer korrekt überprüfter und gewarteter, Aufzugsanlagen ergeben, hintangehalten werden.

 


Unterschrift(en):
LTAbg. Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), LTAbg. Dr. Werner Murgg (KPÖ)