EZ/OZ: 1613/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 26.04.2017, 11:28:56
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Gesundheit
Regierungsmitglied(er): Landesrat Mag. Christopher Drexler
Betreff:
Pflegende Angehörige durch Einführung eines „Pflegeführerscheins“ unterstützen
Mitte März 2017 sensibilisierte ein trauriger Gerichtsfall die heimische Bevölkerung hinsichtlich der physischen und vor allem psychischen Belastungen, denen sich pflegende Angehörige ausgesetzt sehen. So berichtete der „ORF“ am 16. März 2017 über jenen angeklagten Oststeirer, der sich mit der Pflege seiner demenzerkrankten Frau derart überfordert sah, dass er seine Gattin und sich durch einen absichtlich herbeigeführten Autounfall töten wollte. Der steirische Gerichtspsychiater Manfred Walzl sprach in diesem Zusammenhang von einem „Extremversagen des Pflegesystems“, da den pflegenden Verwandten immer mehr aufgebürdet wird, sie aber vom System allein gelassen werden. Laut dem Experten bedarf es daher umgehend staatlich organisierter Programme, die zur Entlastung der Betroffenen beitragen. Pflegende brauchen Urlaub, Entspannung und generell Unterstützung. All das gibt es derzeit allerdings nicht in einer strukturierten Form.
Dass die unverzügliche Etablierung derartiger Unterstützungsmodelle die absolute Priorität darstellen muss, lässt sich angesichts der Ausführungen im „Bedarfs- und Entwicklungsplan für pflegebedürftige Personen“ kaum leugnen. Demnach wird sich der Anteil der über 75-jährigen Steirer von heute 9,1 Prozent bis zum Jahr 2025 auf 11 Prozent erhöht haben. Berücksichtigt man dabei, dass österreichweit ca. 80 bis 85 Prozent der pflegebedürftigen Personen zu Hause leben und dort von Familienangehörigen allein oder mit Unterstützung professioneller Dienste betreut werden, wird folglich auch die Anzahl der pflegenden Angehörigen stark zunehmen.
Anfang April widmeten die „Salzburger Nachrichten“ der Zukunft der Pflege einen umfangreichen Artikel. Die darin zu Wort kommende Leiterin des Instituts für Pflegewissenschaften an der Uni Wien, Hanna Mayer, mahnt eine neue Rolle bzw. ein neues Bild der Pflege ein. Es müsse Richtung Förderung des Selbstmanagements gehen, wofür „sehr, sehr viel Beratung der Patienten und ihrer Familien notwendig sei. Derzeit fehle diese ‚so wichtige Verbindungskette zur Familie‘, dank der ‚vieles abgefangen werden könnte‘, so Mayer.“
Hinzu kommt, dass Pflegefälle nicht selten spontan auftreten und daher das Leben aller Beteiligten praktisch von heute auf morgen auf den Kopf stellen. Alltägliche Dinge, wie die morgendliche Körperhygiene und das Ankleiden, werden dann nicht nur für die zu Pflegenden zu großen Belastungen. Meist wissen die Angehörigen nicht, an wen sie sich in derartigen Situationen bei Fragen wenden sollen. Eine Möglichkeit zur Entschärfung derartiger Problemstellungen wäre die Einführung eines „Pflegeführerscheines“. Professionelle Pflegekräfte könnten dabei im Rahmen von speziellen Kursen oder auch von Hausbesuchen den Angehörigen bereits zu Beginn vermitteln, auf was es in der Betreuung nahestehender Personen zu achten gilt, welche Leistungsansprüche bestehen, wo welche Leistungen beantragt werden können und auf welche Situationen man sich wie vorzubereiten hat. In Deutschland werden derartige Unterstützungsmodelle etwa vom Deutschen Roten Kreuz oder vom Verein „Vita Centrum“ angeboten und über die Krankenkassen verrechnet. Dadurch können auch finanziell weniger gut situierte Menschen die Leistungen in Anspruch nehmen.
Der demografische Wandel wird die Steiermark in den kommenden Jahren vor immense Herausforderungen stellen. Die Politik hat die Aufgabe und Verpflichtung, rechtzeitig jene Strukturen zu schaffen, die den durch diese Entwicklung betroffenen Menschen bestmöglich unter die Arme greifen. Die Einführung eines „Pflegeführerscheins“ könnte dabei zumindest einen Teil dazu beitragen, das Leben vieler Menschen ein Stück weit zu erleichtern. Verzweiflungstaten, wie jene des 70-Jährigen Oststeirers, werden dann hoffentlich der Vergangenheit angehören.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, die Voraussetzungen für die Einführung eines „Pflegeführerscheins“ im Sinne der Antragsbegründung zu schaffen, um dadurch insbesondere pflegende Angehörige auf die alltäglichen Herausforderungen und Fragestellungen fachlich bestmöglich vorzubereiten.
Unterschrift(en):
LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)