LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 1477/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 20.02.2017, 10:00:04


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Ing. Sabine Jungwirth (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Soziales
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Doris Kampus

Betreff:
Qualität bei der Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen anheben

Die Steiermark hat bei der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen hinsichtlich der Quartiergröße und des Betreuungsschlüssels niedrigere Standards als andere Bundesländer.

Quartiergröße: Z.B. in Wien gibt es für unbegleitete Minderjährige ausschließlich Wohngemeinschaften mit maximal 15 Jugendlichen, in der Steiermark nach wie vor Großquartiere mit bis zu 55 Jugendlichen. In einer neuen Durchführungsverordnung zum Steiermärkischen Grundversorgungsgesetz wurde erneut festgelegt, dass maximal 40 Jugendliche und in begründeten Ausnahmefällen sogar 50 Jugendliche pro Quartier wohnen dürfen, diese Zahl ist bei Weitem zu hoch.

Betreuungsschlüssel: Auch beim Betreuungsschlüssel, der über eine 15a-Vereinbarung geregelt wird, hinkt die Steiermark hinterher, es gilt ausschließlich der Betreuungsschlüsse von 1:15. Im Gegensatz zu mehreren anderen Bundesländern gibt es in der Steiermark kein einziges Quartier mit einem Betreuungsschlüssel von 1:10. Der Bedarf an einer besseren Betreuungsstruktur ist jedoch auch in der Steiermark gegeben.

Die österreichischen Kinder- und Jugendanwaltschaften verweisen in einem Positionspapier auf die unzureichenden Mittel für die Betreuung der jugendlichen Flüchtlinge und sehen eine Ungleichbehandlung je nach Bundesland: „Die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs sind höchst besorgt über die Zukunft dieser Kinder und Jugendlichen und fordern einen Paradigmenwechsel, der die Gleichstellung von Flüchtlingskindern und -jugendlichen in sämtlichen Lebensbereichen beinhaltet. Mit diesen Tagsätzen ist eine Betreuung nach sonst üblichen sozialpädagogischen Kriterien, gerade für diese oft schwer traumatisierte Gruppe junger Menschen, nicht möglich.“  

Alleine die Erlebnisse während der Flucht und die frühe Trennung von der Familie haben traumatisierende Auswirkungen auf die Jugendlichen, die in Österreich ohne Netzwerk und familiäre Unterstützung in einer sowieso komplizierten Lebensphase zu Recht kommen müssen.

Die Landesregierung argumentiert regelmäßig, dass nicht alle Jugendlichen automatisch einen erhöhten Betreuungsbedarf aufweisen. Da es sich aber um Jugendliche ohne jegliches Netzwerk und Familienstruktur handelt, ist der Bedarf an professioneller und ausreichender Betreuung selbsterklärend. Auch die Größe der Einrichtungen in der Steiermark widerspricht allen fachlichen, sozialpädagogischen und kinderrechtlichen Prinzipien: zu viele junge Menschen auf engem Raum mit wenig Betreuungsstruktur und ohne tatsächliche Bildungsmöglichkeiten.

Ein höherer Tagsatz wäre nicht nur für das Betreuungsverhältnis relevant, sondern auch für die Eröffnung neuer kleinerer Quartiere. Laut Katharina Glawischnig von der Asylkoordination Österreich sind vor allem die Kosten, die mit der Eröffnung eines neuen Quartiers verbunden sind, Grund für fehlende Neueröffnungen kleinerer Quartiere mit angemessener Betreuungsstruktur:

„Mit dem Höchsttagsatz von 77 Euro haben die Trägerorganisationen bereits regelmäßig rote Zahlen geschrieben und zusätzlich noch Spendengelder draufgelegt, damit sich die gesamte Finanzierung der Betreuungsstellen ausgeht. […] Für diese Anfangskosten kommt niemand auf, das bedeutet, sie müssen sich über den langfristigen Betrieb finanzieren. Wenn bereits der Normalbetrieb defizitär ist, können solche Aufwendungen gar nicht getätigt werden, und diese liegen für gewöhnlich im sechsstelligen Bereich.“

In der Steiermark wird noch dazu nur ein Tagsatz von 62 Euro ausbezahlt.

Die Voraussetzung für Leistungen nach dem Steiermärkischen Kinder- und Jugendhilfegesetz ist jedoch allein „der Hauptwohnsitz, mangels eines solchen der gewöhnliche Aufenthalt, bei Gefahr im Verzug der Aufenthalt, von (werdenden) Eltern, Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen in der Steiermark.“ Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum diese Jugendlichen nicht nach Standards der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht und betreut werden.

Diese Jugendlichen brauchen endlich Betreuungsstrukturen, die sozialpädagogischen Standards gerecht werden und auf ihre Bedürfnisse und Lebenssituationen adäquat eingehen, um in Folge ein selbstbestimmtes Leben in der Steiermark führen zu können. 


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach den Standards der Kinder- und Jugendhilfe unterzubringen und zu betreuen, sowie eine Schlechterstellung dieser Personengruppe aufgrund ihres Aufenthaltsstatus nicht zuzulassen.


Unterschrift(en):
LTAbg. Ing. Sabine Jungwirth (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne)