LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 871/1

Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)

eingebracht am 02.05.2016, 22:02:21


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Ing. Sabine Jungwirth (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Landesrat Johann Seitinger

Betreff:
Schutz der steirischen Landwirtschaft vor dem Hintergrund der aktuellen TTIP-Enthüllungen

Für die Landwirtschaft, die in der Steiermark und in Österreich wesentlich geprägt ist von Klein- und Mittelbetrieben, sind TTIP und CETA eine große Bedrohung. Kein Stein würde mehr auf dem anderen bleiben. LandwirtInnen müssen bereits jetzt um faire Preise kämpfen und werden durch das Abkommen zusätzlich dem Preisdumping durch Importe der Agro-Industrie ausgesetzt. Außerdem würde die Qualität der österreichischen Produkte unter Druck kommen, wenn agro-industrielle Produkte mit geringeren Standards auf den Markt kommen und heimische Tier- und Umweltschutzstandards einklagbar werden.

Ein Großteil der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich beteiligt sich nicht am Handel mit den USA. Gerade diese bäuerlichen Betriebe, die die öffentliche Hand zurecht fördern und bewahren will und die das Rückgrat des ländlichen Raumes bilden, würden durch den Konkurrenzdruck infolge des transatlantischen Handels mit agroindustriellen Produkten einem vernichtenden Preiskampf ausgesetzt. Es kommt in der Folge zu einer Nivellierung der Standards nach unten, wenn bäuerliche Betriebe, die nachhaltig, gentechnikfrei und kreislauforientiert wirtschaften, mit agroindustriellen Konzernen in einen Wettbewerb treten müssen. In Österreich könnten vor allem die US-Importe von Geflügel und Mais stark zunehmen, für Milchprodukte lässt eine Studie des EU-Parlaments einen starken Rückgang der Wertschöpfung befürchten. Der ohnedies angeschlagene Milchsektor käme durch TTIP in eine existentielle Bedrohung. Wenigen Exportchancen für Nischenprodukte stehen große Risiken gegenüber - für die Landwirtschaft, die Umwelt und die KonsumentInnen.

Von Greenpeace veröffentlichte Verhandlungsdokumente zeigen nun, dass die Befürchtungen der TTIP-GegnerInnen mehr als berechtigt sind. So steht die Aufweichung des VerbraucherInnenschutzes bei Lebensmitteln ebenso zur Verhandlung, wie eine weitere Öffnung des europäischen Marktes für US-amerikanische Lebensmittel im Abtausch für Exporte der europäischen Automobilindustrie. Auch beharren die USA weiter auf private Schiedsgerichte (ISDS). Der Verhandlungsverlauf zu den Schiedsgerichten und den privilegierten Konzernklagsrechten stellt sich ganz anders dar, als Kommissarin Malmström uns Glauben machen will. Von den von ihr behaupteten Verbesserungen findet sich in den nun aufgedeckten ausverhandelten Vertragsteilen keine einzige Spur.

Die Verhandlungen gehen in die völlig falsche Richtung und müssen daher beendet werden.

Ebenso bedrohlich wäre ein baldiger Abschluss des Abkommens CETA mit Kanada, das als Einstiegsticket für TTIP betrachtet werden muss. Dem vorliegenden CETA-Vertrag darf keineswegs zugestimmt werden, da auch darin das Vorsorgeprinzip nicht gilt und damit genmanipulierte Lebensmittel sowie in der EU bisher nicht zugelassene Pestizide verstärkt den europäischen Markt erreichen werden. Die Bundesregierung bzw. der zuständige Bundesminister dürfen CETA auf europäischer Ebene keinesfalls unterzeichnen. Zudem darf es keine Anwendung des Abkommens geben, ehe nicht die nationalen Parlamente damit betraut wurden, da eine solche Vorgehensweise einen Angriff auf unsere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit darstellen würde.


Es wird daher folgende

Dringliche Anfrage

gestellt:

1. Welche Auswirkungen würde das CETA-Abkommen auf die steirische Landwirtschaft haben?

2. Werden Sie auf den Wirtschaftsminister einwirken, damit er einer vorläufigen Anwendung des CETA-Abkommens ohne Einbindung des Nationalrates nicht zustimmt und das CETA-Abkommen in der vorliegenden Form ablehnt und nicht unterzeichnet?

3. Welche Auswirkungen würde das TTIP-Abkommen vor dem Hintergrund der aktuellen Enthüllungen auf die steirische Landwirtschaft haben?

4. Können Sie ausschließen, dass es durch CETA und TTIP zu einem Bauernsterben und Qualitätsverfall landwirtschaftlicher Produkte kommen wird?

5. Sind Sie als Agrarlandesrat dafür, dass die CETA- und TTIP-Verhandlungen vor dem Hintergrund der aktuellen Enthüllungen gestoppt werden?

6. Wenn ja, werden Sie die Bundesregierung auffordern, dass diese die TTIP-Verhandlungen auf europäischer Ebene abbricht?

 


Unterschrift(en):
LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Ing. Sabine Jungwirth (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne)