EZ/OZ: 3648/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 02.10.2019, 16:02:14
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer
Betreff:
Ausrufung des Klimanotstandes in der Steiermark (1)
Am 27. September 2019 haben tausende Menschen in der Steiermark und zigtausende in ganz Österreich im Rahmen der weltweiten Klimaschutzwoche für besseren Klimaschutz demonstriert. Gleichzeitig weigert sich der Landtag Steiermark bisher, den Klimanotstand auszurufen. „Es sind immer mehr Autos auf den Straßen. Da kann man nicht einfach sagen: Die Politik ist schuld, weil sie nicht die entsprechenden Gesetze erlassen hat.“ Das sagte Umwelt-Landesrat Lang am 4. August 2019 in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ zum Thema Klimakrise. Und: „Notstand, das sagt für mich: Es ist eine Riesenkrise da, ich muss sofort etwas unternehmen, weil etwas komplett schief läuft“. Daher sei er gegen die Ausrufung des Klimanotstandes.
Diese Sichtweise ist bedauerlich, denn die Klimakrise ist schon vielerorts eine echte Überlebenskrise – und sie ist auch bei uns bereits Realität. Wir sind die erste Generation, die ihre Folgen zu spüren bekommt – und wir sind die letzte Generation, die noch etwas dagegen unternehmen kann. Im Jahr 2015 hat sich die Weltgemeinschaft in Paris gemeinsam das Ziel gesetzt, die globale Erhitzung deutlich unter 2°C, möglichst 1,5°C zu halten, um heutigen wie folgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Die Klimaforschung ist sich einig: Nur wenn der Pariser Vertrag eingehalten wird, lässt sich der globale Temperaturanstieg begrenzen. Der Kampf gegen die globale Erhitzung ist die Menschheitsaufgabe des 21. Jahrhunderts.
Dennoch stehen wir vor einer Situation, dass es nicht einmal mehr sicher gestellt ist, dass wir die niedrigen Ziele des Klimaschutzplans 2010 – minus 16 % Treibhausgasemissionen bis 2020 - erreichen werden, denn die Emissionen sind in der Steiermark um 7,3 % gestiegen (von 2016 auf 2017). Eine signifikante Abnahme der Emissionen ist nicht absehbar.
Alle ExpertInnen, die sich den Aktionsplan zur Klima- und Energiestrategie 2030 angesehen haben, kritisieren die fehlenden messbaren und nachvollziehbaren Zielvorgaben - und es wird stark bezweifelt, dass mit all den Maßnahmen zusammen das 2030-Ziel von minus 36 % Treibhausgasen erreicht werden kann.
Der Nationalrat hat im Gegensatz zur Steiermark den Ernst der Lage erkannt. In einem gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ, NEOS und JETZT hat der Nationalrat am 26.9.2019 die Bundesregierung mit großer Mehrheit aufgefordert,
- "den Climate Emergency zu erklären und damit die Eindämmung der Klima- und Umweltkrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe höchster Priorität anzuerkennen,
- zusätzlich zu den Veröffentlichungen österreichischer gesetzlicher Institutionen die wissenschaftlichen Berichte des „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC), des „Austrian Panel on Climate Change“ (APCC) und der “Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services” (IPBES) als sachliche Grundlage für zukünftige Klima-und Umweltpolitik heranzuziehen,
- und darauf aufbauend im Rahmen der Nachbesserung des Nationalen Energie-und Klimaplans (NEKP) umgehend Maßnahmenvorzubereiten, welche den Ausstoß von Treibhausgasen ohne Einsatz von risikoreichen Kompensationstechnologien und ohne Ankauf von Emissions-Zertifikaten nachweislich verringern. Ziel soll es sein, die Emissionen ehestmöglich, doch noch vor Mitte des Jahrhunderts, und sozial verträglich über die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens hinaus auf Netto-Null zu reduzieren, um Österreichs angemessenen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C zu leisten,
- bei zukünftigen Entscheidungen auch stets die Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutzfeststellen zu lassen, transparent und nachvollziehbar darzustellen und zu berücksichtigen,
- zu Fortschritten und Schwierigkeiten bei der Emissions-Reduktion im Speziellen, sowie beim Klima- und Umweltschutz im Allgemeinen, dem Nationalrat und der Öffentlichkeit das halbjährliche Protokoll des Klimaschutzkomitees vorlegen zu lassen,
- die österreichische Bevölkerung über alle öffentlichen Kanäle umfassend und beständig über die Klima- und Umweltkrise, ihre Ursachen und Auswirkungen sowie über die Maßnahmen, welche gegen diese ergriffen werden, zu informieren,
- sich auf EU- und internationaler Ebene für die Erreichung des 1,5°C-Ziels politisch einzusetzen, entsprechende Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz auch von anderen Ländern einzufordern, sich für Erneuerbare Energien und gegen Energiegewinnung mittels Kernspaltung auszusprechen, sowie die Erfüllung des globalen Ziels durch den eigenen angemessenen Beitrag von Österreich zur Treibhausgasreduktion voranzutreiben,
- bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen mit den Bundesländern und Gemeinden zu kooperieren und sich mit diesen abzustimmen.
Eine wesentliche Forderung von „Fridays for Future", um die Zukunft möglichst klima- und lebensfreundlich zu gestalten, ist der Klimacheck. Am 27./28. Juni 2019 beschlossen die LandesumweltreferentInnen in Graz folgendes: „Die LandesumweltreferentInnen werden sich dafür einsetzen, dass auch im Bereich der Landesgesetzgebung eine qualifizierte, nachvollziehbare und fachlich fundierte Klimafolgenabschätzung nach wissenschaftlichen Kriterien bei relevanten Regierungsvorlagen, Gesetzesvorhaben und Verordnungen erfolgt.“ Auch im Nationalratsbeschluss im Juli 2019 wurde die Bundesregierung aufgefordert, „bei zukünftigen Entscheidungen auch stets die Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutz feststellen zu lassen, transparent und nachvollziehbar darzustellen und zu berücksichtigen.“
Es wird daher folgende
Dringliche Anfrage
gestellt:
1. Bekennen Sie sich zur Dringlichkeit der Klimakrise und unterstützen Sie die Ausrufung des Klimanotstandes?
2. Werden Sie vor dem Hintergrund des Beschlusses der UmweltreferentInnen-Konferenz vom Juni 2019 Grundlagen in der Landesverfassung erarbeiten lassen, damit bei allen Regierungsvorlagen betreffend einen Gesetzesvorschlag oder eine Verordnung eine verpflichtende Darstellung der Auswirkungen auf das Klima ("Klimacheck") für das Land und die übrigen Gebietskörperschaften anzuschließen ist?
Unterschrift(en):
LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne)