LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 962/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 10.06.2016, 09:34:44


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Zuständiger Ausschuss: Soziales
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Doris Kampus

Betreff:
Beseitigung von Nachteilen für Mehrkindfamilien – Auszahlung des monatlichen Kinderbetreuungsgeldes pro Kopf

Familien mit mehr als zwei Kindern, sogenannte Mehrkindfamilien, sind häufig mit finanziellen Nachteilen und einem schlechten Ansehen in der Gesellschaft konfrontiert. Der Alltag und die finanzielle Absicherung stellen oftmals eine große Herausforderung dar. Demnach sind ebendiese Familien einem besonderen Armutsrisiko ausgesetzt. Viele Großfamilien in Österreich leben nahe am Existenzminimum, da das Einkommen der Eltern, im Vergleich zu anfallenden Kosten, zu gering ist. In einer Familie mit drei oder mehr Kindern ist es so gut wie unmöglich, dass beide Elternteile voll berufstätig sind. Insbesondere Mehrkindfamilien mit einem Alleinverdiener sind oftmals armutsgefährdet.

Noch vor wenigen Jahrzehnten war es möglich, mit einem durchschnittlichen Einkommen einer Mehrkindfamilie einen bescheidenen Wohlstand zu gewähren. Heute sind wir davon weit entfernt, da Kinderreichtum leider kaum mehr leistbar ist. Die Umverteilung zu Lasten von Mehrkindfamilien hat dazu geführt, dass mehrere Kinder zu haben, zu drastischen finanziellen Einbußen führt. Dies ist eine der Hauptursachen dafür, dass sich heute nur noch sehr wenige österreichische Mittelstandsfamilien für mehr als zwei Kinder entscheiden.

Lag die Geburtenrate Anfang der 1960er Jahre noch bei rund 2,8 Kindern pro Frau, ist die Rate über die Jahre hinweg stetig gesunken. In den Achtzigerjahren und Anfang der 90er Jahre lag die Fertilitätsrate nur mehr bei ca. 1,5 Kindern, Anfang der 2000er Jahre bei einem Tiefststand von ca. 1,3 Kindern pro Frau (Quelle: https://www.google.at/publicdata). Mittlerweile hat sich der Trend umgekehrt und die Geburtenrate steigt wieder leicht, im Jahr 2014 lag diese bei 1,46 Kindern pro Frau. Ein Blick auf die Gesamtfertilitätsraten, aufgeschlüsselt nach Staatsangehörigkeit bzw. Geburtsland der Mutter, zeigt, dass Frauen mit österreichischer Staatsangehörigkeit die niedrigsten Zahlen aufweisen. Die Fertilitätsrate von österreichischen Frauen liegt laut Statistik Austria lediglich bei 1,36 Kindern (Quelle: Statistik Austria, Demographische Indikatoren 2014 - Eheschließungen, Scheidungen, Fertilität). Dieser Wert liegt deutlich unter dem sogenannten „Bestanderhaltungsniveau“ von etwa zwei Kindern pro Frau. Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, den leicht steigenden Trend zu mehr Kindern weiterzuverfolgen und inländische Familien dazu zu bewegen, wieder mehr Kinder zu bekommen. Dies kann allerdings nur erreicht werden, wenn vermehrt positive Anreize für österreichische Mehrkindfamilien gesetzt werden.

Die besondere Bedeutung von Familien mit Kindern ist evident: Sie dienen dem Erhalt unserer Solidargemeinschaft sowie der Erfüllung des Generationenvertrages. Darum sind Familien mit (mehreren) Kindern ein wichtiger Zukunftsfaktor für das Wachstum Österreichs. Die Benachteiligung kinderreicher Familien im Sozialsystem ist demnach nicht nachvollziehbar. Vielmehr wäre es an der Zeit, ebendiese Familien stärker zu unterstützen. Eltern tragen den größten Teil der Erziehungskosten. Die später von den Kindern erbrachten Steuern und Sozialbeiträge kommen hingegen allen zugute, unabhängig von der eigenen Kinderzahl – auch jenen Familien, die keinen Nachwuchs haben. Gerechtigkeit verlangt vor allem einen fairen Leistungsausgleich zugunsten von Eltern.

Für die Betreuung von Kindern wurde im Jahr 2001 das sogenannte Kinderbetreuungsgeld (KBG) beschlossen. Voraussetzungen für den Bezug von KBG sind ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind, der Anspruch auf und der tatsächliche Bezug von Familienbeihilfe für das Kind sowie ein rechtmäßiger Aufenthalt und Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich. Diese familienpolitische Sozialleistung soll es ermöglichen, dass Kinder bis zum Eintritt in den Kindergarten von einem Elternteil betreut werden. Allerdings wird das KBG immer nur für das jüngste Kind ausbezahlt. Wird in der Zeit des Bezuges ein weiteres Kind geboren, endet der Anspruch für das ältere Kind am Tag vor der Geburt des jüngeren Kindes. Bei Mehrlingsgeburten werden in jeder Pauschalvariante 50 Prozent des Grundbetrages für das zweite und jedes weitere Mehrlingskind ausbezahlt („Mehrlingszuschlag“). Während des Bezugs von Wochengeld, im Falle der Geburt eines zweiten Kindes, entfällt das Kinderbetreuungsgeld für das Erstgeborene. Das Wochengeld erhalten werdende Mütter als finanzielle Stütze grundsätzlich ab der achten Woche vor dem voraussichtlichen Geburtstermin bis acht Wochen nach der Entbindung. Nicht zurechtfertigen ist allerdings, dass in dieser Zeit das KBG für das erstgeborene Kind entfällt. Die Betreuung eines zweiten Kindes verlangt zweifellos mehr erzieherischen Aufwand und demnach auch eine hinreichende Finanzierung.

Am 26. April 2016 wurde im Ministerrat eine Reform des derzeitigen Kinderbetreuungsgeldes beschlossen. Künftig verschmelzen die bisherigen vier Pauschalvarianten in ein flexibles Konto, durch welches Mütter und Väter eine einheitliche Gesamtsumme von bis zu 16.449 Euro beziehen können, unabhängig davon, wie lange sie KBG in Anspruch nehmen. Durch diese „Kindergeldreform“ wurden allerdings keine konkreten Verbesserungen im Hinblick auf die Unterstützung von Mehrkindfamilien erzielt. Es herrschen weiterhin Ungerechtigkeiten gegenüber Familien mit mehreren Kindern, insbesondere mit einem Alleinverdiener.

Aus den angeführten Gründen ist es erforderlich, positive Anreize zu setzen, um die bestmöglichen Rahmenbedingungen für österreichische Familien mit mehreren Kindern zu schaffen. Mehrkindfamilien sollen durch die neue Kindergeldreform nicht benachteiligt, sondern entlastet werden. Eine bedeutende Maßnahme ist die Auszahlung des KBG pro Kopf. Vor dem Hintergrund, dass jedes Kind gleich viel wert ist, ist es nicht nachvollziehbar, dass das KBG derzeit nur für das jüngste Kind ausbezahlt wird. Der sogenannte Mehrlingszuschlag von 50 Prozent für das zweite und jedes weitere Mehrlingskind ist zudem zu wenig, um den erzieherischen „Mehraufwand“ von Mehrlingen abzudecken. Auch im Falle einer Mehrlingsgeburt soll das KBG pro Kopf ausbezahlt werden. Zwei und mehr kleine Kinder zu erziehen, bedeutet selbstverständlich auch mehr Arbeit, welche durch den Bezug von KBG pro Kind gerechtfertigt wäre. Nur so kann eine faire finanzielle Unterstützung für Eltern gewährleistet werden. Zudem sollte das durch die Kindergeldreform gekürzte KBG auf eine angemessene Höhe angehoben werden, die einen tatsächlichen Anreiz bietet, sich wieder für mehr Kinder zu entscheiden. So kann allen inländischen Familien eine hinreichende und solide finanzielle Basis für die Kinderbetreuung gewährt werden. Auch ärmere Familien könnten sich dadurch wieder mehrere Kinder leisten.

Anhand von finanziellen Anreizen für österreichische Mehrkindfamilien und der bewussten Verbesserung des Ansehens der Familie kann der Trend zur Mehrkindfamilie in Österreich langsam wiederhergestellt werden. Die Auszahlung des KBG pro Kind ist eine Investition in unsere Kinder sowie folglich auch eine Investition in unsere Zukunft und das Wachstum unserer Gesellschaft.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, mit der Forderung an die Bundesregierung heranzutreten, das Kinderbetreuungsgeldgesetz dahingehend zu novellieren, dass 

  1. der Anspruch auf Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld für jedes geborene Kind in voller Höhe besteht und

  2. der Bezug von Wochengeld die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes nicht hemmt.


Unterschrift(en):
LTAbg. Andrea Michaela Schartel (FPÖ), LTAbg. Christian Cramer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Gerald Deutschmann (FPÖ), LTAbg. Erich Hafner (FPÖ), LTAbg. Herbert Kober (FPÖ), LTAbg. Anton Kogler (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Mario Kunasek (FPÖ), Dritter Landtagspräsident Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ), LTAbg. Liane Moitzi (FPÖ), LTAbg. Albert Royer (FPÖ), LTAbg. Dipl.-Ing. Hedwig Staller (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)