LANDTAG STEIERMARK
XVII. GESETZGEBUNGSPERIODE


EZ/OZ: 2628/1

Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)

eingebracht am 30.08.2018, 08:48:35


Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Finanzen
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Landesrat Anton Lang

Betreff:
"Leerer Stuhl" im Aufsichtsrat bei Nichtbeachtung der Geschlechterbalance

Im Mai 2015 ist in Deutschland ein Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in Kraft getreten, welches 30 Prozent für das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht vorsieht. Bei Nichtbeachtung der Quote bei einer Aufsichtsratwahl bleiben die Plätze für das unterrepräsentierte Geschlecht rechtlich unbesetzt („Leerer Stuhl“). Seit Anfang 2016 ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten auf 27,3 Prozent angestiegen.

Seit dem 1. Jänner 2018 ist in Österreich das Gleichstellungsgesetz von Männern und Frauen im Aufsichtsrat (GFMA-Gesetz) nach deutschem Vorbild in Kraft. Eine 30 Prozent Quote für Frauen bei Neubestzung in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen wird gesetzlich vorgeschrieben. Wie auch in Deutschland bleibt bei Nichteinhaltung der Regelung der Stuhl im Aufsichtsrat unbesetzt. Der Aufholbedarf ist in Österreich jedoch größer als in Deutschland, lag der Frauenanteil in Aufsichtsräten 2017 noch bei nur 18 Prozent.

Auch auf EU-Ebene wurde versucht, eine Richtlinie zu verbindlichen Frauenquoten in der Höhe von 40 Prozent gesetzlich zu verankern. Während im Europäischen Parlament schnell eine Einigung erreicht wurde, konnte im Ministerrat keine gemeinsame Position gefunden werden. Vor allem Deutschland wird hier eine maßgebliche Mitschuld am Scheitern gegeben. Österreich stimmte neben Slowenien und Luxemburg dafür. Bis heute wurde keine Einigung gefunden.

In der Steiermark stellt sich die Situation in Unternehmen mit Landesbeteiligung wie im Folgenden aufgezeigt dar. Mehrere Unternehmen haben im Aufsichtsrat einen Frauenanteil von mehr als 30 Prozent, wohingegen auch bei einem nicht unbeachtlichen Teil an Unternehmen mit Landesbeteiligung keine einzige Frau im Aufsichtsrat vertreten ist. Unternehmen mit Landesbeteiligungen, die in den Bereichen Forschung und Kultur tätig sind, zeigen mit wenigen Ausnahmen den höchsten Anteil an Frauen, wohingegen sehr große und wichtige Unternehmen die schlechteste Bilanz aufweisen.

Mit Beschluss Nr. 405 des Landtages vom 24. April 2012 wurde die Landesregierung aufgefordert, bei der „Nominierung in AR bzw. Beiräten sicherzustellen, dass bis 31. Dezember 2014 kein Geschlecht weniger als 25 Prozent und 31. Dezember 2018 kein Geschlecht weniger als 35 Prozent der vom Land zu besetzenden Positionen einnimmt.“

Von 21 Unternehmen mit Landesbeteiligung und einem Aufsichtsrat, wird in ein Unternehmen kein Mitglied vom Land entsandt. Elf der verbleibenden 20 Unternehmen erfüllen die eingegangene Verpflichtung des Landes im Jahr 2016, wobei sieben der neun nicht-erfüllenden Unternehmen keine einzige Frau im Aufsichtsrat haben.

Die folgende Tabelle führt die 21 Unternehmen mit Landesbeteiligung, die einen Aufsichtsrat bestellt haben, an. Die nachstehende Zahl bezieht sich auf die vom Land entsendeten Mitglieder, und der Prozentsatz ergibt sich aus der Anzahl an Frauen an den vom Land zu besetzenden Mitgliedern (laut Beteiligungsbericht des Landes Steiermark per 31.12.2016).

1   Energie Steiermark AG  6 0%
2   Landes-Hypothekenbank Steiermark AG 2 0%
3   Österreich Wein Marketing GmbH 1 0%
4   Theaterholding Graz/Steiermark GmbH 3 0%
5   Planai-Hochwurzen-Bahnen GbmH 2 0%
6   Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H.  0 0%
7   Sport-Campus Leibnitz GmbH  1 0%
8   Energie Agentur Steiermark gemeinnützige GmbH 4 0%
9   Steirische Tourismus GmbH 7 14%
10   Steirischer Landestiergarten GmbH 7 14%
11   Steirische Verkehrsverbund GmbH (StVG) 7 29%
12   Landesimmobilien-Gesellschaft mbH 3 33%
13   Hauser Kaibling Seilbahn- und Lift Gesellschaft m.b.H. 3 33%
14   Hauser Kaibling Seilbahn- und Lift Gesellschaft m.b.H. & Co. KG 3 33%
15   Steiermarkbahn Transport und Logisitik GmbH 5 40%
16   Universalmuseum Joanneum GmbH  7 43%
17   steirischer herbst festival gmbH 4 50%
18   Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH 2 50%
19   Steirische Wissenschafts-, Umwelt- und Kulturprojektträgerges. m.b.H. (St:WUK) 2 50%
20   FH Joanneum Gesellschaft mbH 9 67%
21   Bergbahnen Turracher Höhe GmbH 1 100%

Eine gesetzliche Mindestquote dient als Instrument zur möglichst gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern in entscheidenden Funktionen von bedeutenden Unternehmen und setzt gleichzeitig einen Maßstab für die gesamte Privatwirtschaft. Für einen geschlechterspezifisch diversifizierten Aufsichtsrat sprechen unter anderem folgende Punkte: Eine größere Heterogenität der Fähigkeiten, Perspektiven und Ideen kann zu einer Erweiterung der Ressourcen führen. Zudem können geschlechterspezifische Verhaltensunterschiede eine Stärkung der Corporate Governance erzielen. Die Forschung zeigt, dass den durch eine geschlechterspezifische Diversität im Aufsichtsrat möglicherweise entstehenden Kommunikations- und Kooperationsproblemen deutlich positive Auswirkungen auf den langfristigen Unternehmenserfolg gegenüberstehen. 

Die Herstellung der Geschlechterbalance wird in der Regel für die nahe Zukunft versprochen, wenn es dann aber um die konkrete Besetzung geht, machtpolitischen Kalkülen geopfert. Wenn solche Sitze im Sinne einer Politik des "leeren Stuhls" unbesetzt bleiben müssten, würde die Geschlechterparität mit Sicherheit umgehend hergestellt.


Es wird daher der

Antrag

gestellt:

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, rechtliche Grundlagen im Landtag einzubringen, sodass bei Nichtbeachtung der Geschlechterbalance im Aufsichtsrat die Plätze für das unterrepräsentierte Geschlecht unbesetzt bleiben („Leerer Stuhl“).

 


Unterschrift(en):
LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne)