TOP 16
EZ/OZ 723/5
Schriftlicher Bericht
Ausschuss: Landwirtschaft
Betreff:
Einführung einer Milchmengensteuerung
zu:
EZ 723/1, Einführung einer Milchmengensteuerung (Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT))
Der Ausschuss "Landwirtschaft" hat in seiner Sitzung am Dienstag, dem 13.09.2016 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.
Mit Beschluss des Ausschusses für Landwirtschaft vom 12.04.2016 wurde die Steiermärkische Landesregierung ersucht eine Stellungnahme zum Antrag, Einl.Zahl 723/1, betreffend "Einführung einer Milchmengensteuerung" abzugeben.
Aufgrund dieses Beschlusses erstattet die Steiermärkische Landesregierung folgende Stellungnahme:
„Die Abteilung 10 Land- und Forstwirtschaft hat die Landwirtschaftskammer Steiermark mit dem gegenständlichen Antrag befasst und Medienberichte sowie den Letztstand auf EU-Ebene über Informationen des Steiermark Büros Brüssel in die folgende Stellungnahme eingearbeitet:
Zahlen, Daten und Fakten zum Milchmarkt:
Die Gesamterzeugung an Milch in allen 27 EU-Mitgliedstaaten beläuft sich auf schätzungsweise 152 Mio. Tonnen jährlich. Wichtigste Erzeuger in der EU sind Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Italien und Polen, die zusammen mehr als 70 % der EU-Milch produzieren. Allerdings gibt es unter den Mitgliedsstaaten große Unterschiede – während in Irland 14% mehr Milch produziert wird, sind es in Deutschland rund 2%. Milch macht EU-weit wertmäßig etwa 15% der landwirtschaftlichen Erzeugung aus; damit ist die Milchwirtschaft der führende Produktsektor in der EU-Agrarwirtschaft. Die EU als größter Exporteur vieler Milcherzeugnisse und insbesondere von Käse ist dementsprechend auch ein wichtiger Player am Weltmarkt. Der Anstieg in der EU-Milchproduktion ist kontinuierlich und liegt gegenüber 2015 aktuell bei 2,3%, wobei die Steigerung der Milchproduktion in Irland und den Niederlanden am höchsten ist. Das Ende der Milchquotenregelung führte also zu massiv steigender Produktion von Milch bei gleichzeitig verhaltener Nachfrage und damit zu verstärktem Marktdruck und einem innereuropäischen Verdrängungswettbewerb, der die heimische bäuerliche Landwirtschaft in ihrer Existenz gefährdet.
Es braucht europaweit einheitliche Anreize zur Verminderung der Milcherzeugung. Nationale Alleingänge im Hinblick auf Verringerung der Produktion werden sicherlich zu keiner nachhaltigen Entspannung bei den Milchpreisen führen, solange andere Mitgliedstaaten durch Mehrproduktion den Markt weiterhin überschwemmen.
Heimische Milchviehbetriebe haben sich in den letzten Jahren ständig weiterentwickelt und den Herausforderungen des Marktes gestellt. Eine Leistungssteigerung wurde durch kontinuierliche Optimierung der Produktionstechnik, intensive Zuchtarbeit, Anpassung der Kosten- und Leistungsstrukturen und bestmöglichen Nutzen der betrieblichen Ressourcen erreicht. Nun können aber die sinkenden Milchpreise nicht mehr durch weitere Optimierungsmaßnahmen ausgeglichen werden.
Im Jahr 2011 betrug der durchschnittliche Preis für Milch rund 35,45 Cent/kg. Dieser lag im Dezember 2015 bei 30,5 Cent.
EU-weit und auch weltweit wird keine Besserung der Milch-Marktsituation wahrgenommen. Die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland wurden gerade um ein weiteres halbes Jahr bis Jänner 2017 verlängert. Ein entsprechender Beschluss dazu fiel am 21.6. in einem Rundlaufbeschluss der EU-Staats- und -Regierungschefs. Auch Russland hat seinerseits die Sanktionen gegen die EU verlängert.
Die EU-Landwirtschaftsminister machen dementsprechend Druck auf die Europäische Kommission, ein Hilfspaket für die Milchwirtschaft zu erarbeiten und zu finanzieren. Der letzte Agrarrat am 14.3.2016 hat sich mit dem Thema sowie weiteren Maßnahmen zur Unterstützung der Milchbauern ausführlich beschäftigt, und das Thema „Milchmarkt“ steht auch auf der Tagesordnung der nächsten Agrarrats-Sitzung am 27.6. in Brüssel. Einig ist man sich im EU-Rat nach wie vor allerdings weder über eine Mengenregulierung, noch über die Forderung von Vorschusszahlungen. Österreich setzt sich auf EU-Ebene als Mitgliedstaat sehr für die Schaffung finanzieller Anreize zur Kompensation der Betroffenen aus. Es gibt den Vorschlag, Mittel aus der Marge des EU-Agrarhaushaltes dafür heranzuziehen.
Die Europäische Kommission betont immer wieder, dass es ihre Hauptpriorität ist, ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen, die Wettbewerbsfähigkeit der Bauern zu stärken und die Rolle der Forschung zu unterstützen. Dazu wurde eine eigene Agricultural Markets Task Force (AMTF) eingerichtet. Im April hat EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan in Brüssel ein Maßnahmenpaket der Europäischen Kommission vorgeschlagen, wie die Lage am Milchmarkt entlastet werden soll. Konkret geht es dabei darum, die EU-Unterstützung für die private Lagerhaltung von Butter und Magermilchpulver bis zum 30. September 2016 zu verlängern.
Die EK beobachtet weiterhin die Entwicklungen am Milchmarkt europa-und weltweit und hat für Juli dieses Jahres einen ersten Bericht dazu in Aussicht gestellt.
Die Forderung der Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich) an die Europäische Kommission, mehr Mittel für die Milchproduzenten und ein konkretes Hilfspaket zur Verfügung zu stellen hat Kommissar Hogan erstmals mit einer Überprüfung beantwortet.
Die Wiedereinführung einer Milchquotenregelung scheint ein unrealistisches Ziel zu sein. Eine solche wird auch von der Europäischen Kommission abgelehnt und auch im EU-Rat nicht gefordert. Generell würden dafür auf EU-Ebene die entsprechend erforderlichen Mehrheiten fehlen.
In Österreich wurde die Milchquotenregelung im Jahre 1978 und damit sechs Jahre früher als in der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) eingeführt.
Die Milchquotenregelung in der EU wurde immer nur für einen begrenzten Zeitraum beschlossen. Die letzte Verlängerung erfolgte bereits vor sechs Jahren mit der klaren Aussage, dass es danach zu keiner neuerlichen Verlängerung kommen werde. Auch war eine große Mehrheit der Mitgliedsstaaten eindeutig für ein Auslaufen der Quotenregelung, wobei sich Österreich gegen ein Auslaufen ausgesprochen hatte.
Es muss objektiv aber auch angeführt werden, dass das ursprüngliche Ziel der Quotenregelung, die Milchproduktion einzuschränken und damit preisstabilisierend zu wirken, nur sehr beschränkt erreicht werden konnte. Auch war es mit dieser Regelung nicht möglich, den Rückgang der Milchbetriebe zu stoppen. Österreich war eines jener Länder, die von den Überschusszahlungen immer am stärksten betroffen waren. Die Aufwendungen der österreichischen Milchbauern für den Quotenzukauf und die Überschussabgabenzahlungen waren immer besonders hoch. Nahezu eine halbe Milliarde (427 Mio. Euro) mussten allein für die Überschussabgaben bezahlt werden. Diese finanzielle Belastung hat die Wettbewerbsfähigkeit vieler Produzenten des Milchsektors geschmälert.
Betreffend die aktuelle Milchanlieferung wurde in Österreich im Zeitraum Jänner bis März 2016 um 6,7% mehr Milch angeliefert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres (aiz.info 25. Mai 2016). Die Milchquotensteigerung kann den Preisverfall jedoch nicht wettmachen und bringt zudem zusätzlichen Druck für den Sektor Milchwirtschaft. Zur Eindämmung der Mehrproduktion gibt es von einzelnen heimischen Molkereien unterschiedliche Ansätze, damit die gestiegene Anlieferungsmenge bestmöglich verarbeitet und vermarktet werden kann. Diese Maßnahmen helfen aber nicht, um den Basismilchpreis zu steigern, wie auch freiwillige Maßnahmen nur eingeschränkt zum Ziel führen, solange diese nicht europaweit koordiniert werden.
Die Kommission schuf mit 13. April 2016 die Möglichkeit, vorübergehende Absprachen für Genossenschaften und Erzeugerorganisationen zur Steuerung von Milchproduktion und Milchabsatz für ein halbes Jahr zu tätigen, wobei diese Absprachemöglichkeit um weitere sechs Monate verlängert werden könnte. Weiters wurde eine Verdoppelung der Obergrenzen für Interventionsankäufe von Milchprodukten zum Festpreis auf 218.000 t Magermilchpulver und 100.000 t Butter in Aussicht gestellt.
Die avisierte Möglichkeit der Kommission, Landwirten vorübergehend eine zusätzliche nationale Beihilfe von 15.000 EUR pro Jahr zu ermöglichen, ohne eine Überschreitung der De-minimis-Grenze zu fürchten, ist ein zusätzlicher Schritt in die richtige Richtung.
Der am 14. Juni 2016 von Landwirtschaftsminister Dipl.-Ing. Andrä Rupprechter bundesweit einberufene „Milchdialog“ soll für die MilchproduzentInnen diverse Hilfen und Erleichterungen bringen:
Bei diesem Milchgipfel wurde ein Zehn-Punkte-Programm gegen die Milchpreis-Krise präsentiert. Es wurden einerseits kurzfristige Hilfsmaßnahmen für bäuerliche Betriebe, aber auch mittelfristige und längerfristige Maßnahmen für Erzeuger, Verarbeiter, Handel und Konsument/-innen erarbeitet sowie Maßnahmen auf Europäischer Ebene vorgestellt.
Die wesentlichsten Hilfsmaßnahmen sind die Stundungen zweier Raten der Agrarinvestitionskredite, Landes-Beihilfen für LandwirtInnen in Berggebieten und Unterstützungsgelder für Investitionen der Milch verarbeitenden Betriebe. Zusätzlich werden Österreich jährlich 100 Mio EUR zur Verfügung gestellt, um in der Milchwirtschaft durch Stärkung der Vermarktung wettbewerbsfähiger zu werden und den Export zu steigern. Die Finanzierung erfolgt je zur Hälfte durch EU und Bund. Auch sollen 167 Mio EUR durch Erlassen der Sozialversicherungsbeiträge der LandwirtInnen für ein Quartal zur Verfügung gestellt werden. Durchschnittliche Milchbetriebe würden sich dadurch etwa 1.500 EUR bis 2.000 EUR ersparen. Weitere Begleitinstrumente sind die Weiterentwicklung und der Ausbau des Bestbieterprinzips für Lebensmittel und die Forcierung bzw. der Ausbau der Qualitätsprogramme, des AMA-Gütesiegels sowie die Stärkung der Produktdifferenzierung (Marktsegmentierung wie Heumilch, Bio-, Bergmilch, Bergerzeugnis, geschützte Angaben).
Die Europäische Kommission hat zudem zugesagt, weitere Vorschläge zur Verbesserung der Marktsituation vorzulegen.“
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Der Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft zum Antrag, EZ 723/1, „Einführung einer Milchmengensteuerung“, der Abgeordneten der FPÖ wird zur Kenntnis genommen.
Der Obmann:
LTAbg. Karl Lackner