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EZ/OZ 1037/11
Schriftlicher Bericht
Ausschuss: Verfassung
Betreff:
Selbstständiger Ausschussantrag gemäß § 22 GeoLT betreffend Gesetz vom […] mit dem die Landtags-Wahlordnung 2004, die Gemeindewahlordnung 2009 und das Landespersonalvertretungsgesetz 1999 geändert werden – Steiermärkisches Wahlrechtsänderungsgesetz 2019
zu:
EZ 1037/1, Novellierung der Landtags-Wahlordnung 2004 in Hinblick auf die „Briefwahl“ (Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT))
Der Ausschuss "Verfassung" hat in seiner Sitzung am Dienstag, dem 17.09.2019 über den oben angeführten Gegenstand die Beratungen durchgeführt.
1. Ziele und wesentlicher Inhalt:
1.1 Mit dem vorliegenden Wahlrechtsänderungsgesetz – Sammelnovelle – werden im Bereich der Wahlen in die allgemeinen Vertretungskörper die erforderlichen Maßnahmen zur Nutzung des Zentralen Wählerregisters für Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene geschaffen. Beim Zentralen Wählerregister handelt es sich um eine Datenanwendung, in der derzeit die Wählerevidenzen und entsprechenden Verzeichnisse für Wahlen zum Europäischen Parlament, zum Nationalrat, des Bundespräsidenten sowie für Volksabstimmungen und Volksbefragungen auf Bundesebene geführt werden. Künftig sollen auch die Wählerverzeichnisse auf Landes- und Gemeindeebene unter Verwendung des Zentralen Wählerregisters geführt werden.
Die verfassungsrechtliche Grundlage bildet Art. 26a Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B‑VG), nach dem die Speicherung der für Wählerevidenzen und Verzeichnisse nötigen Daten in einem Zentralen Wählerregister erfolgt, in dem auch Wählerevidenzen aufgrund der Landesgesetzgebung gespeichert werden und die Länder und Gemeinden diese Daten für solche Verzeichnisse in ihrem Zuständigkeitsbereich verwenden können. Auf einfachgesetzlicher Ebene bildet das Wählerevidenzgesetz 2018 des Bundes, BGBl. I Nr. 106/2016, in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, die Rechtsgrundlage für das Zentrale Wählerregister und regelt dessen nähere Ausgestaltung.
Durch die Nutzung des Zentralen Wählerregisters zur Führung der jeweiligen Wählerverzeichnisse nach den einzelnen Wahlordnungen (§§ 23, 26, 27 und 32 LTWO, §§ 25, 29, 30 und 35 GWO) anstelle der lokalen Anwendungen wird die Datenverwaltung vereinfacht. Daneben sind folgende Vorteile mit der Nutzung des Zentralen Wählerregisters verbunden:
- Verbessertes „Clearing“ aller Wahlberechtigten, insbesondere im Hinblick auf allfällige Mehrfachregistrierungen.
- Zielsichere Zuordnung von inhaftierten Personen zu einem Wählerverzeichnis während der Haft.
- Verbesserte Datenqualität bei der Weitergabe der Daten aus den Wählerverzeichnissen an die anspruchsberechtigten wahlwerbenden Parteien.
1.2 Weiters sollen mit dem vorliegenden Entwurf auf Ebene der Landtagswahl und der Gemeinderatswahlen die B-VG-Novelle, BGBl. I Nr. 41/2016, sowie die gleichzeitig erfolgte Novelle der Nationalrats-Wahlordnung 1992 nachvollzogen werden, mit denen insbesondere die Bestimmungen über den Mandats- bzw. Amtsverlusts von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern verschärft wurden. Die Länder müssen für Landespolitiker ebenso strenge Regelungen treffen. Für Gemeindepolitiker besteht zwar keine entsprechende bundesverfassungsrechtliche Vorgabe, es erscheint aber sinnvoll, den bislang bestehenden Gleichklang im Hinblick auf die Wählbarkeit von Landes- und Gemeindepolitikern auch künftig beizubehalten.
Konkret soll daher der Verlust der Wählbarkeit von Gemeindepolitikern künftig – wie bei Bundes- und Landespolitikern – an die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung zu einer nicht bedingt nachgesehenen sechs Monate übersteigenden Freiheitsstrafe bzw. zu einer bedingt nachgesehenen ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe geknüpft sein. Dies wird durch die geplante Änderung des § 37 der Landtags-Wahlordnung 2004 bewirkt; durch eine Anpassung des § 41 der Gemeindewahlordnung 2009 wird diese Änderung auch für Mitglieder des Gemeinderates wirksam.
1.3 Die zuständigen Wahlbehörden bzw. Wahlbehördenleiter sollen die Möglichkeit haben, die Wählbarkeit von auf den Wahlvorschlägen angeführten Personen automatisiert zu überprüfen (vgl. dazu § 41 Abs. 1 LTWO und § 45 Abs. 1 GWO).
1.4. Völlig neu geregelt und auf zeitgemäße Grundlagen gestellt wurde der Anspruch auf Vergütung für die aufgewendete Zeit der Mitglieder von Wahlbehörden (§ 21 LTWO, § 19 GWO). Die befassten Gebietskörperschaften hatten – im Fall einer Antragstellung – häufig Probleme die geltend gemachten Ansprüche nach den komplizierten Vorgaben des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 abzurechnen. Nunmehr gibt es in den Wahlgesetzen – außer für die Landeshauptstadt Graz – vorgegebene fixe Sätze, die sich nach der Dauer der Anwesenheit der Mitglieder bei den Sitzungen der Wahlbehörden richten. Die Landeshauptstadt Graz hat nach der Landtags-Wahlordnung 2004 durch eine vom Gemeinderat zu erlassende Verordnung das Recht, höhere Sätze vorzusehen; dies deshalb, da die Landeshauptstadt Graz schon jetzt Beträge als Vergütung für die Tätigkeit in Wahlbehörden gewährt, die weit über jenen Sätzen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, aber auch über der Höhe der mit dieser Gesetzesnovelle festgelegten Beträge liegen.
1.5 Sowohl in der Landtags-Wahlordnung 2004 als auch in der Gemeindewahlordnung 2009 wurden die Bestimmungen über das Wahllokal und seine Einrichtung, den Einlass in das Wahllokal sowie die Identitätsfeststellung der Wähler neu gefasst, um den durchführenden Wahlbehörden klare und unmissverständliche Vorgaben zu machen, die auch die Abwicklung der Aufgaben in den örtlichen Wahllokalen erleichtern soll. Weiters wird Wahlzeugen untersagt, Wahlergebnisse vor Wahlschluss weiterzugeben (§ 4 Abs. 5 LTWO, § 6 Abs. 5 GWO).
1.6 Daneben enthält der vorliegende Entwurf der Wahlgesetze für die allgemeinen Vertretungskörper des Landes und der Gemeinden Anpassungen an die Nationalrats-Wahlordnung 1992 im Zusammenhang mit Wahlkarten. Durch einheitliche Vorschriften für die Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene sowie auf Bundesebene wird der Ablauf des Wahlverfahrens für die Gemeinden und Wahlbehörden im Zusammenhang mit der Briefwahl vereinfacht. Die Anpassungen betreffen die Ermächtigung der Gemeinde zur selbstständigen Überprüfung der Passdaten bei einem Antrag auf eine Wahlkarte, Regelungen zur Erfassung der rücklangenden Wahlkarten sowie die Zuständigkeit der Wahlbehörde anstelle des Leiters der Wahlbehörde zur Öffnung der Wahlkarten. Weiters wird die Ausgestaltung der Wahlkarten an die bundesrechtlichen Vorgaben vereinheitlicht und die Lasche in normaler Größe ausgeführt, sodass sie die Daten der wahlberechtigten Person nicht mehr verdeckt werden.
1.7 Um die aufwändige Bildung und Konstituierung der Wahlbehörden zu vereinfachen, bestimmt der neugeschaffene § 11 GWO, dass die für die Wahl zum Landtag gebildete Landeswahlbehörde und die dazu gebildeten Bezirkswahlbehörden ihre Aufgaben auch bei der Durchführung der Gemeinderatswahl zu erfüllen haben. Somit erspart man sich bei den durchzuführenden Gemeinderatswahlen die Neubildung von Bezirkswahlbehörden und von der Landeswahlbehörde. Die örtlichen Wahlbehörden (Gemeindewahlbehörde, Sprengelwahlbehörde und besondere Wahlbehörde) sind nach dem bisherigen Modus vor jeder Gemeinderatswahl neu zu bilden.
1.8 Im Zuge der Wahlrechtsnovelle für die allgemeinen Vertretungskörper sollen auch zwei Anpassungen im Bereich Wahlen des Landespersonalvertretungsgesetzes 1999 umgesetzt werden:
- Gewährung eines größeren Spielraums bei der Festlegung der Dauer der Wahlperiode. Eine allenfalls damit verbundene Verlängerung oder Verkürzung der Funktionsperiode, die unter zehn Prozent des Zeitrahmens beträgt, liegt jedenfalls (noch) im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Unter Zugrundelegung allgemeiner Rechtsgrundsätze für Wahlen, wie zB Art. 3 1. ZPEMRK, würde sowohl die verkürzte als auch die verlängerte Periode den Vorgaben an die Dauer einer Funktionsperiode gerecht werden. Diese Änderung soll erst mit der auf die Landespersonalvertretungswahl 2020 folgende Wahl wirksam werden.
- Richtigstellung eines redaktionellen Versehens in § 41 Abs. 4 Z 4.
2. Kompetenzen:
Die Kompetenz zu den vorliegenden Gesetzesänderungen ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 B-VG.
3. Finanzielle Auswirkungen:
Bei der Einbindung in das Zentrale Wählerregister handelt es sich um eine Serviceleistung des Bundes. Durch die Verwendung des Zentralen Wählerregisters ergeben sich keine zusätzlichen Kosten für das Land oder die Gemeinden. Gleichzeitig sind auch keine nennenswerten Einsparungen zu erwarten, da die bisher verwendete Software auch weiterhin für die Datenverwaltung und –verarbeitung benötigt wird.
Die Neuregelung der Vergütungsansprüche der Mitglieder der Wahlbehörden kann zu zusätzlichen Kosten bei den Gebietskörperschaften Land und Gemeinden führen. In welchem konkreten Ausmaß der finanzielle Mehrbedarf zu Buche schlägt, kann zurzeit nicht bewertet werden, da dieser von der Anzahl der Wahlbehördenmitglieder abhängt, die einen Antrag auf Vergütung einbringen. Nach den bisherigen Erfahrungen hat nur ein geringer Anteil der Mitglieder der Wahlbehörden einen ihnen bis dahin zustehenden Gebührenanspruch durch Antrag geltend gemacht.
4. EU-Recht:
Das Recht der Europäischen Union enthält keine Bestimmungen, die dem vorliegenden Sammelgesetz entgegenstehen.
5. Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern und die gesellschaftliche Vielfalt:
Die beabsichtigte Regelung hat keine spezifischen Auswirkungen.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
(siehe angeschlossenen Gesetzestext)
Die Obfrau:
LTAbg. Barbara Riener