EZ/OZ: 356/2
Schriftliche Anfragebeantwortung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 04.05.2020, 15:47:54
Zu:
356/1 Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark
(Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT))
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ), LTAbg. Dr. Werner Murgg (KPÖ)
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Dr. Juliane Bogner-Strauß
Beilagen: Anfragebeantwortung Kinder- und Jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark.pdf
Betreff:
Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark
Die Anfrage vom 02.03.2020, Einl.Zahl 356/1 der Abgeordneten LTAbg. Claudia Klimt-Weithaler und LTAbg. Dr. Werner Murgg betreffend "Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark" beantworte ich wie folgt:
Anfragebeantwortung
Landesrätin Dr.in Juliane Bogner-Strauß
Die Anfrage der Abgeordneten Claudia Klimt-Weithaler und Dr. Werner Murgg gemäß § 66 der GeoLT, EZ/OZ 356/1, eingebracht am 02.03.2020, betreffend „Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark“ beantworte ich wie folgt:
Frage:
Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um den massiven Mängeln der psychiatrischen Versorgung der Kinder und Jugendlichen in der Steiermark entgegenzuwirken?
Die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung (KJP) in der Steiermark ist ein zentrales Anliegen und wird prioritär seit 2014 stufenweise umgesetzt. Die diesbezüglichen Planungen folgen den Vorgaben des Österreichischen Strukturplan Gesundheit 2017 (ÖSG) und sind im Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) Steiermark definiert.
Der Vorwurf einer ungleichen Versorgung im Bundesländer-Vergleich bzw. einer Unterversorgung in der Steiermark wird entschieden zurückgewiesen.
Das Versorgungsmodell setzt sich aus den Modulen stationärer sowie ambulanter Versorgung zusammen.
Stationär stehen, laut Regionalem Strukturplan Gesundheit - Steiermark 2025 (RSG-St 2025) in der Version 1.1., 59 vollstationäre Betten und 25 ambulante Betreuungsplätze für die Steiermark zur Verfügung.
Diese Planzahlen zeigen das dem ÖSG und RSG-St 2025 zugrundeliegende Paradigma „ambulant vor stationär“, indem die ambulanten Versorgungsstrukturen weiter forciert werden sollen, unter Aufrechterhaltung eines weiterhin fachlich effektiven, stationären Bereichs. Langfristig ist vorgesehen, die gesamte stationäre Versorgung im Raum Graz (Versorgungsregion 61) für Kinder und Jugendliche aus fachlichen Gründen unter einem Dach am LKH Univ.Klinikum Graz in Form eines Kinder- und Jugendmedizinischen Zentrums zusammenzuführen.
Die in der Anfrage genannten 122 Betten als kalkulatorische Größe für den stationären Bereich stammen aus einer Zeit, in welcher dem Gedanken einer integrierten Versorgung noch nicht Rechnung getragen wurde und in welcher der Stigma-Gedanke zu wenig berücksichtigt wurde, wonach jede stationäre Einweisung eines Kindes bzw. Jugendlichen in die stationäre Psychiatrie auch immer mit einem Labeling-Effekt verbunden ist. Das heißt, den Betroffenen als psychisch krank stigmatisiert, was im ambulanten Versorgungsprozess weitestgehend hintangehalten werden kann. Aus den genannten Gründen liegt der Fokus der Ausbauplanungen im ambulanten Bereich.
Für den Bereich der ambulanten psychiatrischen Versorgung verweist der RSG-St 2025 auf das „Konzept zur ambulanten sozialpsychiatrischen Versorgung der Steiermark“, welches im November 2014 in der Gesundheitsplattform beschlossen wurde und in welchem – in Kapitel 8 – die Strukturen der Versorgung samt personellen Festlegungen, auch für die KJP, beschrieben sind.
An insgesamt zehn Standorten für psychosozialen Beratungsstellen mit (beantragtem) Ambulatorium wird auch ein spezifisches Angebot für Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgehalten (mit 0,5 VZÄ Facharzt und 2,5 VZÄ nicht fachärztliches Personal). Zwei Standorte werden als Schwerpunkteinrichtungen (mit 1 VZÄ Facharzt und 4 VZÄ nicht fachärztliches Personal) personell dichter besetzt.
In Ergänzung dazu wird am LKH Hochsteiermark, Standort Leoben eine KJP-Ambulanz (inkl. Tagesklinik) als eine dislozierte Ambulanz des LKH Graz II, Standort Süd betrieben.
Im Interesse einer wohnortnahen, regionalen Versorgung werden die Standorte Liezen, Hartberg, Weiz, Feldbach, Leibnitz, Deutschlandsberg sowie Voitsberg und als Schwerpunkteinrichtung die Standorte Graz-Plüddemanngasse sowie Kapfenberg als Zentren betrieben.
Diese Zentren sind dabei so konzipiert, dass sie aus jeweils einem Ambulatorium für Kinder- und Jugendpsychiatrie und einer psychosozialen Beratungsstelle bestehen sollen, welche eng verzahnt arbeiten. Durch die Errichtung dieser regionalen Strukturen wird eine Versorgungslandschaft geschaffen, welche flächendeckend eine niederschwellige, wohnortnahe und für den Patienten bzw. die Patientin kostenfreie psychiatrische sowie psychotherapeutische Versorgung ermöglicht und mehr als eine §2-Kassenstelle bietet.
Seit 2018 sind die psychosozialen Beratungsstellen (in Ergänzung für die ebendort beantragten Ambulatorien) an allen Standorten in Betrieb. Die Einstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem nicht ärztlichen Bereich konnte zügig abgeschlossen werden, sodass die Beratungsstellen mit dem altersangepassten Angebot für Kinder und Jugendliche an allen Standorten ihren Betrieb zeitnah aufnehmen konnten. Die personelle Besetzung mit Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit insgesamt sieben Vollzeitäquivalenten stellt jedoch leider aufgrund des Mangels an eben diesen eine Herausforderung dar. Dies ist auch darin begründet, dass erst seit etwa 10 Jahren eine eigenständige Fachdisziplin besteht. Dies ist allerdings ein österreichweites Phänomen.
Bis Ende 2019 konnten noch immer nicht alle zehn Standorte mit Fachärztinnen und Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie besetzt werden, weshalb es seit März 2020 an drei Standorten alternative Besetzungsmodelle gibt, um eine gesamthafte Umsetzung wie geplant zu erreichen. Zwei KAGes-Fachärztinnen bzw. -Fachärzte versorgen ab sofort die Standorte Liezen, Judenburg und Kapfenberg.
Der weitere Auf- und Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Versorgung folgt somit einem auf bundesweiten Planzahlen zurückzuführenden Prozess.
2019 wurden zusätzliche fachärztlichen Ausbildungsstellen geschaffen, um die Besetzbarkeit der vorgesehenen Planstellen mit Fachärztinnen und Fachärzten in Zukunft sicherzustellen.
Als eine weitere Maßnahme wurde die Aufnahme des Faches Kinder- und Jugendpsychiatrie in die sogenannte „Mangelfachverordnung“ auf Bundesebene vorgenommen.
In einem gemeinsam von den Abteilungen Soziales, Arbeit und Integration sowie Gesundheit, Pflege und Wissenschaft zu erstellenden Bedarfs- und Entwicklungsplan Sozialpsychiatrie, zu welchem im Dezember 2018 der Auftrag erteilt wurde, gilt es, im Sinne eines Gesamtversorgungskonzeptes, den Bogen über die gesamte Kinder- und Jugend-(psychiatrische) Versorgungslandschaft zu ziehen und mit Bedarfsanhaltszahlen zu unterlegen. Die Vorlage der dahingehend erfolgten Erhebungen befinden sich in ihrer abschließenden Phase und Berichte an die ressortzuständigen Landesrätinnen sollten bald erfolgen.
Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass sich bei einem Vergleich der tatsächlich erforderlichen und der bereits verfügbaren Versorgungskapazitäten eine deutlich geringere Abweichung ergibt, welche primär durch das Fehlen von Fachärztinnen und Fachärzten erklärt werden kann.
Die Qualität der Versorgung ist nicht von fehlenden §2-Kassenstellen abhängig, sondern vom niederschwelligen Zugang zu den bestehenden Beratungsstellen zu bewerten. Die uns vorliegenden aktuellen Zahlen zeigen keinerlei lange Wartezeiten oder regionale Unterversorgung. Sollte zukünftig eine kapazitäre Aufstockung erforderlich sein, können auch §2-Kassenstellen ein zusätzliches Versorgungsangebot darstellen.
Landesrätin Dr.in Juliane Bogner-Strauß