EZ/OZ: 1945/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 26.01.2022, 00:50:28
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Mag. Stefan Hermann, MBL (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Regierungsmitglied(er): Landesrat Mag. Christopher Drexler
Frist: 28.03.2022
Betreff:
Internationale Blamage nach Ausschreibung – Zukunft des Kunsthauses Graz?
Der FPÖ-Landtagsklub beantragte im Jahr 2019 die Prüfung des Kunsthauses Graz durch den Landesrechnungshof. Ziel war es, die finanzpolitischen Fehlentscheidungen der Vergangenheit aufzuarbeiten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Zusätzlich sollte die Gelegenheit ergriffen werden, das Kunsthaus in seiner Gesamtheit zu prüfen, um angesichts der Neustrukturierung eine solide und von neutraler Seite erarbeitete Grundlage zu besitzen. Die im Rahmen des Berichts veröffentlichten Erkenntnisse waren teilweise politisch höchst brisant. So entstanden dem Land Steiermark zwischen den Jahren 2003 und 2020 exakt 61.703.828,29 Euro an Gesamtkosten für das Kunsthaus, zudem war der Bau um insgesamt ein Drittel kostenintensiver als veranschlagt, was den politischen Verantwortungsträgern zur Last zu legen ist. Ein weiterer massiver Kritikpunkt ist, dass im Jahr 2019 fast 50 Prozent der Eintrittskarten verschenkt wurden. Aus freiheitlicher Sicht war dies dem verzweifelten Bemühen geschuldet, das fehlende Interesse der steirischen Bevölkerung am Kunsthausbetrieb zu kaschieren. Auch der Rechnungshof zog in Betracht, dass damit das Erreichen der Planzahlen sichergestellt werden sollte.
Äußerst befremdlich mutet der Umstand an, dass die Personalkosten zwischen den Jahren 2004 und 2019 um unfassbare 41,61 Prozent anstiegen und das obwohl ein konstant niedriges Interesse am kulturellen Angebot des Kunsthauses bestand. Der Eigendeckungsgrad betrug in den Jahren von 2017 bis 2019 durchschnittlich gerade einmal 11,8 Prozent – ein Museumsbetrieb außerhalb des geschützten und massiv öffentlich subventionierten Bereichs wäre längst an der harten finanziellen Realität zerschellt. Eine weitere fatale Fehlentscheidung liegt darin, dass im Falle einer möglichen zukünftigen Verwertung des Kunsthauses die insgesamt seitens des Landes finanzierten 31 Prozent der erweiterten Errichtungskosten dem Land derzeit nicht wieder zufließen würden.
Wie die „Kronen Zeitung“ in ihrer Printausgabe vom 21. Jänner 2022 in einem Kommentar zu berichten wusste, gab es für die Leitung des Kunsthauses lediglich neun Bewerbungen, international gesehen ein beschämendes Zeichen, der Fehler wird in der verantwortlichen Kulturpolitik verortet: „Im Kunsthaus verlangt man von der neuen Leitung ‚internationale Strahlkraft‘
und stellt dafür mit einem jährlichen Ausstellungsbudget von knapp einer Million Euro eine eher provinzielle Summe zur Verfügung. Um dieses Geld bekommt man nämlich bestenfalls eine Schau mit wirklich großen Namen. Zudem hat man den verfrühten Abgang von Ex-Leiterin Barbara Steiner, die mit den vorhandenen Mitteln gut gearbeitet hat, alles andere als verhindert. […] In erster Linie beschädigt man so aber den Kulturstandort Graz und den Ruf der Steiermark, weil die besten Köpfe woanders bessere und fairere Chancen sehen – für sich und für die Kunst!“
Die allgemeinen Kritikpunkte am Kunsthaus und jene vom Landesrechnungshof aufgedeckten Missstände fasste die „Kronen Zeitung“ am 22. Jänner 2022 noch einmal wie folgt zusammen: „Das Kunsthaus war ein ‚Baby‘ des Landes Steiermark, die Regierung beschloss schon im Jahr 1999 den Standort ‚Eisernes Haus‘ unweit der Mur. Seine Errichtung schlug mit 38,43 Millionen Euro zu Buche - um ein Drittel mehr als geplant. Neben Land und Stadt Graz schoss der Bund auch 33 Prozent der Baukosten zu; der Landesrechnungshof ortete in seinem Kunsthaus-Prüfbericht vom September 2021 jedoch eine ‚Intransparenz‘ bei der Drittelbeteiligung aus Wien. Der Start des Architekturjuwels im Jahr 2003, als Graz Europas Kulturhauptstadt war, war fulminant: Die Steirer gingen ‚Kunsthaus schauen‘, die Besuchermarke von 100.000 wurde überschritten. Im Folgejahr lief es auch noch gut, danach ging es jedoch sukzessive bergab. Die Planzahlen mussten auf 60.000 Gäste jährlich hinuntergeschraubt werden - und nicht einmal diese wurden erreicht. Die clevere ‚Lösung‘ war die Vergabe von Freikarten, 2019 besuchten wieder 78.400 Menschen die Institution. Wermutstropfen: Nur die Hälfe zahlte, der Rest hatte Gratistickets. 2020 folgte Corona-bedingt ein dramatischer Einbruch, 2021 lag man bei einem Besucherwert von 44.600. […] Kunstfreunde wünschen sich also mehr Geld für ‚g’schmackige‘ Ausstellungen, die die Ticketverkäufe ankurbeln. Und dafür weniger Posten für Günstlinge der Politik, die über viele Jahre hinweg ins Universalmuseum Joanneum, zu dem das Kunsthaus ja gehört, gesetzt wurden. […] Der Eigendeckungsgrad im Kunsthaus lag zuletzt nur zwischen 10,6 und 13,4 Prozent - 88,2 Prozent der Aufwendungen mussten folglich durch Zuschüsse finanziert werden. Für den Betrieb zahlen Land und Stadt jährlich fünf Millionen Euro, mit dem Errichtungsbeitrag löhnte das Land in den Jahren bis 2020 61,7 Millionen.“ (Quelle: https://www.krone.at/2608891)
Obwohl jahrzehntelang Unsummen an steirischen Steuergeldern in das Prestigeprojekt gepumpt wurden, konnte das Kunsthaus nie einen nennenswerten Stellenwert in der Kulturszene einnehmen. Die „Krone“ berichtete am 23. Jänner 2022 über die Kritik der FPÖ: „Der steirische FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek kritisiert nun diese ‚hohen Zuschüsse der öffentlichen Hand‘ und fordert, ‚das künstlerische Angebot so weiterzuentwickeln, dass es endlich auch breite Teile der Bevölkerung und nicht nur einen elitären Zirkel‘ anspricht. ‚Wenn man schon derart viel Steuergeld investiert, so muss unterm Strich auch eine entsprechende Auslastung stehen.‘“ (Quelle: https://www.krone.at/2609720)
Nachdem die öffentliche und mediale Kritik am Kunsthaus nicht abreißt und daneben der Rechnungshof enorme Missstände aufdeckte, muss der zuständige ÖVP-Kulturlandesrat Christopher Drexler über die Zukunft ebenjener Einrichtung Rede und Antwort stehen, immerhin werden seit Jahrzehnten Millionen aus dem steirischen Landeshaushalt für ein Minderheitenprogramm aufgewandt. Die „Steirerkrone“ fasste wiederum das Vorhaben der steirischen FPÖ folgendermaßen zusammen: „Das Grazer Kunsthaus nahe der Mur, das eine neue Leitung sucht, ‚schwimmt‘ zusehends: Die vergangenen Ausstellungen waren keine Renner, Corona verschlimmerte die Lage, viele kamen in das Architekturjuwel nur, wenn sie Freikarten hatten. Folglich muss der Steuerzahler knapp 90 Prozent des Budgets berappen. Die Causa wird nun auch ein Fall für den Landtag. Im Rahmen einer schriftlichen Anfrage wird FPÖ-Kultursprecher Marco Triller Kulturlandesrat Christopher Drexler zur Problematik auf den Zahn fühlen. Der Tenor: Wie will das Land das Kunsthaus so positionieren, um künftig breitere Bevölkerungsteile anzusprechen?“ (Quelle: https://www.krone.at/2610279)
Darüber hinaus gilt es, den vagen Ankündigungen des Kulturlandesrats (Quelle: https://www.krone.at/2610297: „‚Herr Landesrat, was unternimmt das Land, um wieder mehr Besucher in das Grazer Kunsthaus zu locken?‘ ‚Ich glaube, man muss nicht nur das Kunsthaus, sondern alle Standorte des Universalmuseums Joanneum attraktivieren. Deshalb haben wir auch ein Paket auf die Reise geschickt: Ein Teil davon ist die Erweiterung der Öffnungszeiten der Grazer UMJ-Museen - mit Ausnahme des Zeughauses im Winter - bis 18 Uhr.‘“) auf den Grund zu gehen, da sie über Allgemeinplätze kaum hinausreichten und etwa die alleinige Ausweitung der Öffnungszeiten sicherlich nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung der mannigfaltigen Probleme des Grazer Kunsthauses beitragen wird können.
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Welchen konkreten Inhalt hat Ihr medial angekündigtes „Paket“, das „auf die Reise geschickt“ werden soll, um die Standorte des Universalmuseums Joanneum zu attraktivieren und welche konkreten Inhalte betreffen das Grazer Kunsthaus?
- Sehen Sie die medial angekündigte Ausweitung der Öffnungszeiten als Lösung für die mannigfaltigen Probleme des Grazer Kunsthauses an?
- Wenn ja, haben die bisherigen Öffnungszeiten Besucheranstürme beim Grazer Kunsthaus verhindert?
- Sehen Sie den medial angekündigten kostenlosen Eintritt für alle unter 19 Jahren als Lösung für die mannigfaltigen Probleme des Grazer Kunsthauses an?
- Wenn ja, haben die bisherigen Eintrittspreise für Personen unter 19 Jahren Besucheranstürme beim Grazer Kunsthaus verhindert?
- Da Ihrer Aussage nach „die Attraktivität“ des Kunsthauses nach dem Abgang von Peter Pakesch „gelitten hat“: Haben Sie jemals Gespräche mit Barbara Steiner geführt und ihr allfällige Kritikpunkte mitgeteilt?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wenn ja, welchen konkreten Inhalt hatten diese Gespräche, an welchen Tagen fanden diese genau statt und gab es „Arbeitsaufträge“ für die Leitung des Kunsthauses, deren Abarbeitung in weiterer Folge auch überprüft wurde?
- Wie soll das Grazer Kunsthaus positioniert werden, um zukünftig abseits des elitären Elfenbeinturms Besucher aus allen Bevölkerungsschichten anzusprechen?
- Gibt es Pläne, den Ausschreibungsprozess zu verbessern, um zukünftig eine internationale Blamage zu verhindern?
- Wenn ja, wie sehen diese Pläne konkret aus?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welche konkreten Aufträge abseits der Ausschreibung werden Sie als Eigentümervertreter der zukünftigen neuen Leitung des Grazer Kunsthauses erteilen?
- Werden Sie die finanziellen Zuwendungen für diese Einrichtung einer Evaluierung unterziehen?
- Welche externen Experten werden Sie bei der Weiterentwicklung des Kunsthauses einbinden?
- Werden Sie sämtlichen Empfehlungen des Landesrechnungshofs, die er in seinem Prüfbericht zum Grazer Kunsthaus (LRH-124844/2020-27) abgab, nachkommen?
- Wenn nein, warum nicht und welche Empfehlungen sollen nicht umgesetzt werden?
- Ist mit einem pünktlichen Erscheinen des Maßnahmenberichts zum Prüfbericht des Landesrechnungshofs zu rechnen?
- Wenn nein, warum nicht?
- Welche finanziellen Mittel flossen jeweils in den Jahren 2019, 2020 und 2021 seitens des Universalmuseums Joanneum an steirische Tageszeitungen, aufgeschlüsselt auf die Zeitung sowie auf entsprechende einzelne Kategorien (zum Beispiel Inserate, Medienkooperation usw.)?
- Welche finanziellen Mittel flossen jeweils in den Jahren 2019, 2020 und 2021 seitens des Kulturressorts an steirische Tageszeitungen, aufgeschlüsselt auf die Zeitung sowie auf entsprechende einzelne Kategorien (zum Beispiel Inserate, Medienkooperation usw.)?
Unterschrift(en):
LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Mag. Stefan Hermann, MBL (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ)