EZ/OZ: 1388/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 12.05.2021, 10:19:42
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Nikolaus Swatek, BSc (NEOS), LTAbg. Robert Reif (NEOS)
Fraktion(en): NEOS
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer
Frist: 12.07.2021
Betreff:
Verwendung der Gelder aus zu Unrecht verhängten Corona-Strafen
Im Zuge des Auftretens der COVID-Pandemie wurden im Frühjahr 2020 bekanntlich Ausgangsbeschränkungen im Verordnungsweg erlassen, die sich in weiterer Folge als juristisch fehlerhaft erwiesen haben und daher aufgehoben werden mussten. Bei der Bevölkerung entstand durch diese COVID-Verordnungen und die mediale Kommunikation der Eindruck, dass Privatbesuche verboten seien, die eigenen Wohnräumlichkeiten nur im Ausnahmefall verlassen werden dürfen und im öffentlichen Raum zwischen Personen grundsätzlich ein Meter Abstand gehalten werden müsse.
Die Landesverwaltungsgerichte in Wien und Niederösterreich sind bereits sehr früh zum Ergebnis gekommen, dass die damals geltenden COVID-Verordnungen gar nicht derart weitreichende Verbote vorgesehen haben. Dennoch wurden zahlreiche Strafen verhängt und in vielen Fällen dagegen kein Einspruch erhoben. Eine Dringliche Anfrage der NEOS (EZ 532/1) an Landeshauptmann Schützenhöfer, ob eine Rückzahlung dieser zu Unrecht verhängten Strafen erfolgen wird, wurde dahingehend beantwortet, dass man zunächst abwarte, ob das Höchstgericht die Entscheidung in Niederösterreich bestätigt (https://www.krone.at/2169443).
In weiterer Folge ist der Verfassungsgerichtshof mit der Entscheidung V 363/2020 vom 14.07.2020 sogar weiter gegangen und hat ausgesprochen, dass die zugrundeliegende Bestimmung § 2 der Verordnung (BGBl. II Nr. 98/2020 idF BGBl. II Nr. 108/2020) überhaupt ohne ausreichende gesetzliche Grundlage erfolgte und daher kein gesetzeskonformes Ausgangsverbot bestand. Jene Strafen, welche rechtzeitig bekämpft wurden, sind in weiterer Folge aufgehoben worden – jene Strafen, welche nicht bekämpft wurden, mussten von den Betroffenen jedoch bezahlt werden, obwohl diese Strafen gesetzwidrig waren.
Österreichweit wurden im Zeitraum bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof im Juli 2020 ca. 6 Millionen Euro an Corona-Strafen verhängt (siehe https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/5858210/Viele-Anfechtungen_Knapp-6-Millionen-Euro-CoronaStrafen-verhaengt). Aus der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der NEOS (2523/AB) im Sommer 2020 ergibt sich, dass von diesen Geldstrafen in der Steiermark mehr als € 350.000,00 ohne gesetzliche Grundlage verhängt wurden. Obwohl seit der Aufhebung durch den VfGH feststeht, dass diese Strafen ohne ausreichende gesetzliche Grundlage verhängt wurden, hat der Landeshauptmann bis zum heutigen Tag von einer Amnestie bzw. einer Rückzahlung abgesehen und die Auffassung vertreten, dass dies „Sache des Bundes“ sei (https://steiermark.orf.at/stories/3059132/).
Die zu Unrecht verhängten Geldstrafen fließen nach der Bestimmung des § 15 VStG jedoch grundsätzlich dem Land bzw. den Sozialhilfeverbänden zu (Ausnahme: Es wird ein Bundesgesetz im Wirkungsbereich einer Landespolizeidirektion vollzogen).
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Wie hoch ist der Geldbetrag, welcher dem Land Steiermark aus der Verhängung von Geldstrafen auf Grundlage des vom VfGH aufgehobenen § 2 der COVID-19-Maßnahmenverordnung-98 idF BGBl II 108/2020 (idF COVID-19-Maßnahmenverordnung) zugeflossen ist?
- Wie hoch ist der Geldbetrag, welcher den einzelnen Sozialhilfeverbänden aus der Verhängung von Geldstrafen auf Grundlage des § 2 der COVID-19-Maßnahmenverordnung zugeflossen ist? (aufgeschlüsselt nach den einzelnen Sozialhilfeverbänden)
- Welche Schritte werden Sie setzen, wenn keine bundeseinheitliche Lösung für eine Generalamnestie bzw. eine Rückzahlung von zu Unrecht verhängten Geldstrafen erzielt werden kann?
- Für den Fall, dass auf Bundesebene keine Generalamnestie bzw. keine Rückzahlung von zu Unrecht verhängten Geldstrafen erzielt werden kann,
- sehen Sie im Hinblick auf die Bestimmung des § 15 VStG die Verantwortung beim Land für die Rückzahlung jenes Geldbetrages, welcher dem Land Steiermark aus der Verhängung von Geldstrafen auf Grundlage der § 2 COVID-19-Maßnahmenverordnung zugeflossen ist?
- sehen Sie im Hinblick auf die Bestimmung des § 15 VStG die Verantwortung bei den Sozialhilfeverbänden für die Rückzahlung jenes Geldbetrages, welcher den einzelnen Sozialhilfeverbänden aus der Verhängung von Geldstrafen auf Grundlage der § 2 COVID-19-Maßnahmenverordnung zugeflossen ist?
- In welcher Form werden bei der Berechnung der Kostentragung der Sozialhilfeträger nach §§ 22,23 Sozialhilfegesetz jene Geldbeträge berücksichtigt, welche aus der Verhängung von Geldstrafen auf Grundlage der § 2 COVID-19-Maßnahmenverordnung zugeflossen sind?
- Wurden bzw. werden die Gelder aus den zu Unrecht verhängten Geldstrafen "eingefroren" für den Fall, dass es auf Bundesebene doch noch zu einer Einigung zur Generalamnestie bzw. zur Rückzahlung dieser Geldstrafen kommt?
Unterschrift(en):
LTAbg. Nikolaus Swatek, BSc (NEOS), LTAbg. Robert Reif (NEOS)