EZ/OZ: 1649/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 15.09.2021, 17:51:27
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann-Stv. Anton Lang
Frist: 15.11.2021
Betreff:
Zukunft der Graz-Köflacher-Bahn
Wie unlängst medial bekannt wurde, laufen derzeit Gespräche zwischen dem Verkehrsministerium und Vertretern des Landes Steiermark die Übernahme des Schienennetzes der Graz-Köflacher-Bahn (GKB) durch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) betreffend. Die ÖBB könnten somit das rund 90 Kilometer lange Streckennetz der GKB übernehmen. Seitens des grünen Verkehrsministeriums wird bestätigt, dass die „Eingliederung der GKB in die ÖBB-Infrastruktur“ ein Thema sei. Verständlicherweise bereiten derartige Neuigkeiten den überwiegend steirischen Beschäftigten der GKB Kopfzerbrechen. Betriebsratschef Helmut Koch fürchtet beispielsweise, dass bei einer Übernahme durch die ÖBB ein Personalabbau im Raum stünde. In der „Kleinen Zeitung“ heißt es online am 18. August 2021 dazu: „Für die Elektrifizierung der Bahn wurde das Personal um etwa 20 Mitarbeiter aufgestockt. Die werden dann wohl nicht mehr gebraucht werden, denn die Bundesbahnen haben dieses Personal ja schon.“ (Quelle: https://www.kleinezeitung.at/steiermark/suedsuedwest/6021325/Betriebsrat-warnt_OeBB-koennte-GKBStreckennetz-uebernehmen_Das)
Jedoch sind in der aktuellen Debatte nicht nur die Angestellten im Infrastrukturbereich betroffen, durch den möglichen Wegfall der GKB-Standorte Deutschlandsberg und Lieboch würden auch die Fahrdienstleiter, Mitarbeiter im Oberbau oder jene im Fahrverschub die Auswirkungen der Übernahme unmittelbar zu spüren bekommen. Betriebsrat Koch dazu: „Denn die Übernahme bedeutet wohl unter anderem das Ende für die Stützpunkte in Deutschlandsberg und Lieboch, wenn alles zentral am Knotenpunkt Graz-Süd/Werndorf stattfindet. Und die Fahrdienstleiter müssten dann wahrscheinlich nach Villach auspendeln.“ Darüber hinaus ist nicht geregelt, wie es nach dem Auslaufen der Konzession der GKB im Jahr 2025 aussieht. Sollte die ÖBB diese übernehmen – was angesichts der jetzigen Überlegungen eine logische Konsequenz darstellen würde – wäre die GKB wohl endgültig Geschichte.
Kein allzu großes Interesse an den Problemen der steirischen Regionalbahn dürfte das zuständige Regierungsmitglied Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang haben. So soll es bereits seit Oktober des vergangenen Jahres Gespräche zwischen dem Bund und der zuständigen Landesabteilung 16 geben, in welche die GKB bisher nicht eingebunden wurde. Dem nicht genug, hält sich Landesverkehrsreferent Lang in der Debatte auch noch „vornehm“ zurück. Die „Kleine Zeitung“ zitiert das Regierungsmitglied mit den Worten: „Das ist eine Sache zwischen der GKB und dem Ministerium und liegt nicht in unserem Einflussbereich.“
Dass der Erhalt von Regionalbahnen der Landesregierung nur ein minimales Anliegen zu sein scheint, ist spätestens seit den Aussagen des Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer zur Weiterführung der Murtalbahn klar. Diese stellen jedoch oftmals elementare Bestandteile des öffentlichen Personennahverkehrs dar und vom Schüler bis zum Pensionisten stehen eine Vielzahl von Bewohnern im ländlichen Raum in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Erhalt dieser Regionalbahnen, was den steirischen Regierenden gleichgültig zu sein scheint. Darüber hinaus legen der Landeshauptmann und sein Stellvertreter offenbar auch keinen Wert auf die damit verbundenen Arbeitsplätze.
Um einen besseren Überblick über den aktuellen Stand der Verhandlungen und die Zukunft der GKB sowie des Personennahverkehrs in der Region zu bekommen, ergeht nachstehende schriftliche Anfrage.
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Seit wann sind Ihnen als zuständigem Regierungsmitglied bzw. Ihren zugeordneten Dienststellen die Pläne zur Übernahme des GKB-Streckennetzes durch die ÖBB bekannt?
- Wie wurde das Land Steiermark in derartige Überlegungen miteinbezogen?
- Haben Sie sich als zuständiges Regierungsmitglied bzw. hat sich die zuständige Landesabteilung jemals klar gegen die Übernahme des GKB-Streckennetzes durch die ÖBB ausgesprochen?
- Wenn ja, in welcher Form und wann geschah dies genau?
- Wenn nein, warum nicht?
- Mit welcher Begründung wird eine Übernahme des GKB-Streckennetzes durch die ÖBB generell forciert?
- Gibt es Überlegungen, die bis 2025 laufende Konzession der GKB nach deren Auslaufen auf die ÖBB zu übertragen?
- Wenn ja, wie gestalten sich diese Überlegungen konkret und welche Begründung liegt ihnen zugrunde?
- Ergeben sich für das Land Steiermark Vorteile bei der beabsichtigten Überführung der GKB-Infrastruktur in die ÖBB? Wenn ja, welche?
- Ergeben sich für das Land Steiermark Nachteile, wenn eine Überführung der GKB-Infrastruktur in die ÖBB nicht erfolgt? Wenn ja, welche?
- Wie gedenken Sie als zuständiges Regierungsmitglied der eventuellen Schließung der Standorte Deutschlandsberg, Lieboch und allenfalls Graz entgegenzuwirken?
- Hat sich das Land Steiermark um die kurzfristig rund 70, mittelfristig rund 200 und langfristig rund 480 Mitarbeiter der GKB bemüht und dafür eingesetzt, dass deren Arbeitsplätze als steirische Arbeitsplätze erhalten bleiben (Dies wäre insbesondere für Fahrdienstleiter zu beantworten, welche vermutlich nach Villach auspendeln müssten)?
- Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um präventive Konzepte für die von einer Kündigung bedrohten Mitarbeiter auszuarbeiten?
- Wie viele steirische Arbeitsplätze würden kurz- bis mittelfristig im Falle der Zerlegung der GKB in ein anderes Bundesland verlagert oder überhaupt aufgelassen werden?
- Wird es seitens des Landes Steiermark Unterstützung für jene Bediensteten geben, die ihren unmittelbaren Arbeitsplatz verlieren?
- Wenn ja, wie stellt sich diese konkret dar?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wurde die GKB im Rahmen der im Juli verfassten Absichtserklärung über ein 1,4 Milliarden Euro schweres „Steiermark-Paket“ berücksichtigt?
- Gibt es eine Verknüpfung zwischen der Anerkennung des Klimatickets und der beabsichtigten Übernahme der GKB durch die ÖBB, insbesondere da dies offensichtlich in einer gemeinsamen Absichtserklärung behandelt wird?
- Wenn ja, wie genau stellt sich dies dar?
- Wenn nein, warum nicht?
- Worin liegt der Mehrwert, wenn die Infrastruktur der GKB an die ÖBB geht
- für die GKB als Unternehmen der West- und Südweststeirer für die West- und Südweststeirer?
- für die Region West- und Südweststeiermark?
- für die Kommunen der Region, welche mit der GKB aktuell einen unkomplizierten und flexiblen Partner haben?
- für die erwartete Verkehrsfunktion in der Region, und zwar für die gesamte Verkehrsfunktion – das bedeutet auch Bus und Mikro ÖV einschließend?
- für die Dienstnehmer der GKB, welche allesamt Steirer sind und in ihrem Bundesland ihren Arbeitsplatz haben?
- Warum lassen Sie außer Acht, wenn ein sich seit 20 Jahren vorbildhaft entwickelndes Unternehmen, wie es die GKB zweifelsohne ist, durch diesen beabsichtigten Ausverkauf massiv geschwächt wird?
Unterschrift(en):
LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ)