EZ/OZ: 1331/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 19.04.2021, 15:58:52
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Mag. Stefan Hermann, MBL (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Ewald Schalk (FPÖ)
Fraktion(en): FPÖ
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Dr. Juliane Bogner-Strauß
Frist: 21.06.2021
Betreff:
Stationäre Versorgung von Gefängnisinsassen in den Jahren 2019 und 2020
Seit 1. Jänner 2017 beträgt der Pauschalbetrag, den die Länder jährlich an den Bund als Beitrag für die stationäre Behandlung sowie Betreuung von Insassen von Justizanstalten durch öffentliche Krankenanstalten einschließlich der Pflegeabteilungen bezahlen, 12.749.430,46 Euro. Der Anteil des Landes Steiermark an diesen Kosten beläuft sich auf rund 1,76 Millionen Euro pro Jahr.
Die 15a-Vereinbarung, aus der sich die Zahlungsverpflichtung ergibt, wurde abgeschlossen, da die meisten Gefängnisinsassen bzw. elektronisch überwachten Straftäter nicht krankenversichert sind und somit das Justizministerium für deren Spitalsaufenthalte aufkommen muss. Für die Inanspruchnahme medizinischer Krankenhausleistungen wird den Justizanstalten dabei von den Krankenanstalten der Tarif unversicherter Privatpatienten verrechnet. Dieser liegt deutlich über den von den Sozialversicherungsträgern eingehobenen Beiträgen.
Es verwundert folglich wenig, dass die medizinische Versorgung von Häftlingen den steirischen Justizanstalten enorme Kosten beschert. Konkrete Zahlen ergaben sich aus den Beantwortungen von Schriftlichen Anfragen der FPÖ an den ehemaligen ÖVP-Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (EZ/OZ: 1532/2, EZ/OZ: 2366/2 und EZ/OZ: 3412/3, XVII. Gesetzgebungsperiode). Demnach verrechnete die KAGes den Justizanstalten Graz Karlau, Graz Jakomini und Leoben allein im Jahr 2018 rund 7,8 Millionen Euro für 1.014 Fälle stationärer Versorgung von Gefängnisinsassen. Die Ausgaben des Justizministeriums pro behandeltem Fall bzw. Häftling beliefen sich damit im Jahr 2018 durchschnittlich auf rund 7.747 Euro.
Angesichts der hohen Kosten stellt sich seit Jahren die Frage, ob eine zumindest teilweise Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung effizienter und vor allem sparsamer wäre. Für die ehemalige türkis-blaue Bundesregierung war die Beantwortung jedenfalls eindeutig, weswegen sie sich die „Einbeziehung der Insassen in die gesetzliche Krankenversicherung ohne Einbeziehung der Angehörigen (Standardleistungen)“ in ihrem Regierungsprogramm zum Ziel setzte (Quelle: Zusammen. Für unser Österreich. Regierungsprogramm 2017 – 2022, Seite 45). Bedauerlicherweise konnte das Vorhaben infolge der vorzeitigen Aufkündigung der Koalition durch Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht mehr zur Umsetzung gelangen.
Tatsächlich findet sich das gleichlautende Ziel (natürlich in gegenderter Ausformulierung) auch im Regierungsprogramm der aktuellen Bundesregierung (Quelle: Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020–2024, Seite 36). Inwiefern das Projekt von ÖVP und Grünen nun im Sinne der Steuerzahler umgesetzt wird, werden die kommenden Monate zeigen.
Im Zuge der gegenständlichen Anfrage soll jedenfalls zunächst geklärt werden, welche konkreten Kosten in den Jahren 2019 und 2020 bzw. im Jahr 2021 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage aufgrund der stationären Versorgung von Insassen von Justizanstalten erwachsen sind.
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Wie viele Häftlinge wurden in den Jahren 2019 und 2020 in einer steirischen Krankenanstalt medizinisch behandelt (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, nach der Krankenanstalt, den Fallzahlen bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger)?
- Wie hoch war der finanzielle Aufwand für derartige medizinische Leistungen insgesamt sowie pro Kopf bzw. Fall in den Jahren 2019 und 2020 (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, den Kostenstellen, nach der Krankenanstalt bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger)?
- Wie viele Häftlinge wurden im Jahr 2021 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage in einer steirischen Krankenanstalt medizinisch behandelt (Aufschlüsselung nach der Krankenanstalt, den Fallzahlen bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger)?
- Wie hoch war der finanzielle Aufwand für derartige medizinische Leistungen insgesamt sowie pro Kopf bzw. Fall im Jahr 2021 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage (Aufschlüsselung nach den Kostenstellen, nach der Krankenanstalt bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger)?
- Falls über den Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger nach wie vor keine Informationen vorliegen, inwiefern werden Sie sich dafür einsetzen, dass eine entsprechende Dokumentation dieser personenbezogenen Daten ermöglicht wird?
- Haben Sie sich – wie Ihr Vorgänger Landesrat Christopher Drexler (vgl. EZ/OZ: 3412/3, XVII. GP) – hinsichtlich der Jahre 2019 und 2020 um die Erhebung von Vergleichszahlen aus anderen Bundesländern bemüht?
- Falls ja, wie stellten sich Ihre diesbezüglichen Bemühungen konkret dar?
- Falls ja, wie stellten sich die Zahlen (Durchschnittskosten, Behandlungsfälle etc.) in den anderen Bundesländern insbesondere im Vergleich zur Steiermark hinsichtlich der Jahre 2019 und 2020 dar?
- Falls nein, warum sehen Sie im Unterschied zu Ihrem Vorgänger dafür keine Notwendigkeit, insbesondere hinsichtlich der Schaffung von mehr Transparenz?
- Inwiefern werden Sie sich bei der derzeitigen Bundesregierung dafür einsetzen, dass Insassen endlich in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen werden und die schwarz-grüne Bundesregierung ihrem eigenen Ziel damit schnellstmöglich nachkommt?
Unterschrift(en):
LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Mag. Stefan Hermann, MBL (FPÖ), LTAbg. Helga Kügerl (FPÖ), LTAbg. Ewald Schalk (FPÖ)