EZ/OZ: 1326/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 15.04.2021, 18:31:35
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Ursula Lackner
Frist: 15.06.2021
Betreff:
Fernwärme-Verfehlungen
Nah- und Fernwärmeanschlüsse werden – soweit so gut – seitens der Landesregierung gefördert. Problematisch ist daran jedoch, dass Nah- und Fernwärmenetzte nicht zwangsläufig mit Wärme aus erneuerbaren Energieträgern gespeist werden. Ein sehr plakatives Beispiel dafür ist das Gas-Heizkraftwerk Puchstraße, das eigentlich als Ausfallsreserve konzipiert wurde. Unübersehbar wird dieses aber über seine eigentliche Funktion hinaus eingesetzt und führt nun dazu, dass das Grazer Fernwärmenetz nicht mehr in ausreichendem Maß aus erneuerbaren Quellen gespeist wird.
Wie nun auch durch die Kleine Zeitung publik gemacht wurde, wird das Puchstraße-Heizkraftwerk bereits zur Deckung der Fernwärme-Grundlast herangezogen, obwohl dieser Anteil sicherlich auch auf andere Weise erreicht werden könnte. Mit anderen Worten: das Gastkraftwerk Puchstraße ist bilanziell unnötig und stellt eine zusätzliche Umweltbelastung dar (vgl Kleine Zeitung vom 03.02.2021, Wenig Effizienz – Gasverbrauch für Grazer Fernwärme bereitet Land Sorgen, https://www.kleinezeitung.at/steiermark/5931867/Wenig-Effizienz_Gasverbrauch-fuer-Grazer-Fernwaerme-bereitet-Land).
Das ist aufgrund der Mehrheitsbeteiligung (75 %) des Landes Steiermark an der Energie Steiermark AG, welche das Heizkraftwerk betreibt, besonders brisant. Außerdem ist naheliegend, dass es sich hierbei nicht um einen Einzelfall handelt, sondern es immer noch nicht-nachhaltige weitere Nah- und Fernwärmenetze in der Steiermark gibt.
Zusätzlich dazu, dass die Umwelt durch dieses Verhalten geschädigt wird, bricht der Anteil an nicht-erneuerbaren Energieträgern in der Nah- und Fernwärme auch eine 15a-Verbindung mit dem Bund. Im Sinne der „Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Maßnahmen im Gebäudesektor zum Zweck der Reduktion des Ausstoßes an Treibhausgasen“ (BGBl II 2009/251 idF BGBl II 2017/213) sind ua Maßnahmen im Bereich der Wohnbauförderungen der Länder festgelegt. Demnach zählt beim Wohnungsneubau der Einsatz „hocheffizienter alternativer Systeme“ bei der erstmaligen Errichtung von Heizungssystemen zu einer Mindestanforderung für die Förderbarkeit (Art 3 Abs 2 leg cit). Auch bei der nachträglichen Anbindung an ein Fernwärmenetz wird die Förderbarkeit auf „hocheffiziente alternative Energiesysteme“ beschränkt (Art 8 Abs 1 leg cit).
Als „hocheffizientes alternatives Energiesystem“ gilt dabei etwa Fern-/Nahwärme, die zumindest zu 80 % auf Energie aus erneuerbaren Quellen beruht oder auch Fern-/Nahwärme aus hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (Art 2 Abs 1 Z 6 lit b, c leg cit). Das bedeutet, dass Nach- und Fernwärme nur dann der 15a-Vereinbarung mit dem Bund entspricht, wenn jener Teil, der nicht aus KWK stammt, zu 80 % aus erneuerbaren Quellen generiert wird.
Im Sinne des Klima- und Umweltschutzes muss die Zusammensetzung der Nah- und Fernwärme in der Steiermark offen gelegt und der Anteil der erneuerbaren Quellen erhöht werden. Nur so kann außerdem eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Steiermark verhindert werden.
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Wieviele Nah- und Fernwärmeanbieter*innen gab es in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 in der Steiermark (bitte um Auflistung nach Leistung)?
- Wie hoch war der Anteil an hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Nah- und Fernwärmenetz steiermarkweit?
- Wie hoch war der Anteil an hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen nach einzelnen Anbieter*innen?
- Wie hoch war der Anteil an erneuerbaren Quellen im Nah-/Fernwärmenetz steiermarkweit?
- Wie hoch war der Anteil an erneuerbaren Quellen nach einzelnen Anbieter*innen?
- Wie hoch war der Anteil an erneuerbaren Quellen bei Anbieter*innen mit öffentlicher Beteiligung?
- Wie soll einer Verfehlung der Verpflichtung im Sinne der 15a-Vereinbarung BGBl II 2009/251 idgF für die Zukunft vorgebeugt werden?
- Mit welchen finanziellen Belastungen rechnet die Landesregierung aufgrund der Verfehlung der 15a-Vereinbarung BGBl II 2009/251 idgF?
- Welche Kosten wurden für die Verfehlung der 15a-Vereinbarung BGBl II 2009/251 idgF vorsorglich budgetiert?
- Wie entwickelten sich die CO2 Emissionen der Fernwärmeerzeugung für den Großraum Graz (Graz und Graz-Umgebung) in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 (bitte um Auflistung nach Tonnen pro Jahr)?
- Aktuell wird in großem Ausmaß Erdgas zur Wärmeversorgung eingesetzt. Welche Vorkehrungen und Maßnahmen gibt es, um im Falle von temporären Engpässen oder Ausfällen der Gasimporte die Wärmeversorgung – insbesondere im Großraum Graz (Graz und Graz-Umgebung) – ausreichend sicherzustellen?
Unterschrift(en):
LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne)