EZ/OZ: 1250/2
Schriftliche Anfragebeantwortung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 18.05.2021, 21:50:57
Zu:
1250/1 Pumpspeicherkraftwerk Koralpe
(Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT))
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Ursula Lackner
Betreff:
Pumpspeicherkraftwerk Koralpe
Die Anfrage vom 18.03.2021, Einl.Zahl 1250/1 der Abgeordneten LTAbg. Sandra Krautwaschl, LTAbg. Lambert Schönleitner, LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck, LTAbg. Georg Schwarzl, LTAbg. Veronika Nitsche, MBA und LTAbg. Mag. Alexander Pinter betreffend "Pumpspeicherkraftwerk Koralpe" beantworte ich wie folgt:
Ad 1:
Im August 2016 wurde der Genehmigungsantrag bei der Steiermärkischen Landesregierung als UVP-Behörde gestellt, seither läuft das Ermittlungsverfahren. Im Oktober 2018 und im September 2020 fand die Mündliche Verhandlung laut UVP-G statt. Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen und mit einer Entscheidung ist bis voraussichtlich Herbst 2021 zu rechnen.
Ad 2:
Ja, das Gutachten wurde durch den von der Behörde beigezogenen Amtssachverständigen für Naturschutz geprüft. Sein Ergebnis lautet zusammengefasst im Wesentlichen:
Derzeit ist nicht klar, wie groß die lokalen Populationen auf der Koralm sind, wieweit ein genetischer Austausch zwischen diesen stattfinden kann und wo genau sich (tatsächliche und potenzielle) Lebensräume für die Alpensalamander im Beeinflussungsbereich des Vorhabens befinden. Es müssen also weitere Daten zu den lokalen Vorkommen des Alpensalamanders auf der Koralm erhoben werden und erst dann können allfällige Maßnahmen beurteilt werden.
Ad 3:
Siehe Antwort zu Frage 2.
Ad 4:
Das gemeldete Natura 2000 Gebiet Nr. 47 „Koralpe“ unterliegt seit der Bekanntmachung einem vorläufigen Schutz gemäß § 15 Steiermärkisches Naturschutzgesetz 2017 (StNSchG 2017). Damit sind bis zur Verordnung als Europaschutzgebiet gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. alle Handlungen verboten, die zu erheblichen Beeinträchtigungen der für den Schutzzweck maßgeblichen Schutzgüter führen können. Das Gebiet wurde mittlerweile in die Liste mit Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen, womit ein Außerkrafttreten des vorläufigen Schutzes nach § 22 StNSchG 2017 nicht mehr in Frage kommt.
Mit Abschluss des Vertragsverletzungsverfahrens waren 18 gemeldete Gebiete noch nicht verordnet. Diese werden sukzessive abgearbeitet, wobei darauf geachtet wird, Synergien zu nutzen und gleichartige Gebiete zusammenzufassen. Das Gebiet „Koralpe“ gehört zu den nächsten zu verordnenden Gebieten und soll noch 2021 verordnet werden.
Ad 5:
Das gemeldete Natura 2000-Gebiet „Koralpe“ umfasst gut 405 ha des Lebensraumtyps 6230* Borstgrasrasen in einem günstigen Erhaltungszustand. Damit wurden 52% der von Kammerer et.al. (2014) erhobenen Bestände in das Schutzgebiet aufgenommen. Schlüsselfaktor für die Erhaltung des Lebensraumtyps im Gebiet ist die Sicherstellung der Beweidung. Als Einflussfaktor mit dem größten Gefährdungspotential wurde die Aufgabe von Weidesystemen identifiziert, gefolgt vom umgekehrten Phänomen, der zu intensiven Beweidung. Bei der Auswahl der Bestände wurde daher darauf geachtet, möglichst große, zusammenhängende Weidegebiete in das Schutzgebiet zu integrieren, um im Rahmen des zukünftigen Weidemanagements durch Lenkungsmaßnahmen der Weidetiere eine Unter- bzw. Überweidung weitestgehend vermeiden zu können.
Ad 6:
Ja, der Alpensalamander wurde bereits im mittlerweile fertiggestellten Teil 1 berücksichtigt. Für die gesamte Steiermark ist er in der Kategorie NT = „nahezu gefährdet“ eingestuft. Die Gefährdung in seinem Hauptverbreitungsgebiet in der Obersteiermark wird als gering angesehen, während die isolierten Vorkommen im Steirischen Randgebirge (vom Wechsel über die Gleinalm bis zur Koralm) ein höheres Aussterbe-Risiko besitzen.
Ad 7:
Wesentliche Ergebnisse aus Teil 1: Die Roten Listen bewerten das Aussterberisiko von Arten innerhalb eines definierten Gebietes; im Falle der Roten Listen Steiermark wird dieses somit bezogen auf das gesamte Bundesland Steiermark beurteilt. Im Mittel gelten 38% der heimischen Arten als ungefährdet, ein Fünftel (19%) als nahezu gefährdet, 14% sind gefährdet, 9% stark gefährdet und weitere 11% gelten als vom Aussterben bedroht. Bereits 1,5% der heimischen Tierarten (bezogen auf die bislang bearbeiteten Tiergruppen) gelten als in der Steiermark ausgestorben, einzelne werden sogar als global ausgestorben angesehen.
Die Veränderung der Bewirtschaftungsweisen in der Landwirtschaft (Industrialisierung der Landwirtschaft, Strukturverlust/Monotonisierung der Landschaft, Verlust der Vielfalt an verschiedenen Anbauformen etc.) stellt hierbei die Hauptursache für die Gefährdung der Artenvielfalt dar. Als weitere Gefährdungsursachen lassen sich wasserbauliche Maßnahmen (Kraftwerksbau etc.), die industrialisierte Forstwirtschaft (Pflanzung von nicht heimischen und nicht standortgerechten Baumarten, Altersklassenforste, fehlendes Totholz), der Flächenverbrauch für Verkehr, Gewerbe usw., sowie in geringerem Maß auch Freizeit- und Erholungsnutzungen in der Landschaft anführen.
Im Bericht zu den Roten Listen werden auch kurz- und langfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vorgeschlagen.
Ad 8:
Die Neuauflage der Roten Listen wurde in zwei Tranchen beauftragt. Die Ergebnisse des Teil 1 mit den beinhalteten Tiergruppen Reptilien, Amphibien, Heuschrecken, Schmetterlinge, Laufkäfer und weitere Käfer, Skorpione, Wanzen, Zikaden, Muscheln und Schnecken liegen bereits vor.
Der Teil 2 mit den Tiergruppen Säugetiere, Fische, Libellen, Köcherfliegen, Steinfliegen, Spinnen und Weberknechte wird voraussichtlich bis Jahresende 2021 fertiggestellt werden.
Ad 9:
Siehe Antwort zu Frage 8.
Ad 10:
Für die in der Steiermark vorkommenden Tierarten werden die aktuellen Roten Listen als maßgeblich für die Einschätzung der Gefährdung betrachtet.
Ad 11:
Das Steiermärkische Naturschutzgesetz 2017 sieht einen Schutz vor direkter Verfolgung und dem Schutz der Fortpflanzungs- und Ruhestätten nach § 17 und § 18 vor. Bei naturschutzrechtlichen Verfahren sind gefährdete Arten zu berücksichtigen und über Naturschutzgebiete und Vertragsnaturschutz werden Lebensräume hochgradig gefährdeter Arten erhalten. Gezielte Artenschutz-Maßnahmen finden in Form von Projekten statt, insbesondere in Europaschutzgebieten.
Ad 12:
Als maßgeblich für den Gefährdungsgrad der heimischen Arten wird das Projekt „Geschützte Pflanzen in der Steiermark“ (Universalmuseum Joanneum, 2014) angesehen.
Ad 13:
Das Steiermärkische Naturschutzgesetz 2017 sieht einen Schutz vor Entnahmen aus der Natur nach § 19 vor. Bei naturschutzrechtlichen Verfahren sind gefährdete Arten zu berücksichtigen und über Naturschutzgebiete und Vertragsnaturschutz werden Lebensräume hochgradig gefährdeter Arten erhalten. Gezielte Artenschutz-Maßnahmen finden in Form von Projekten statt, insbesondere in Europaschutzgebieten.