EZ/OZ: 1280/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 31.03.2021, 11:50:18
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Landeshauptmann-Stv. Anton Lang
Frist: 31.05.2021
Betreff:
Altaussee darf nicht Hallstatt werden – Umweltverträglichkeit der angekündigten Loser-Investitionen prüfen
„Loser bekommt neue Ganzjahresseilbahn“, titelte der ORF Steiermark einen Beitrag vom 17. Februar 2021. Eine Investmentgruppe rund um den Unternehmer Dr. Hannes Androsch plant, den bestehenden Sechser-Sessellift durch eine leistungsfähige neue Zehner-Gondelbahn auf den Loser zu ersetzen. Die neue Panoramagondelbahn soll von der Talstation des bisherigen Sessellifts bis zum Parkplatz der Bergstation geführt werden. Der Loser soll damit für die touristische Nutzung im Sommer massiv aufgewertet werden. Die Projektwerber sind seit dem Bekanntwerden der Pläne nahezu aufdringlich bemüht, die ökologische Ausrichtung der Investition zu betonen und die deutlich zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen der Bevölkerung im Ausseerland zu zerstreuen – wonach die Talstation der Gondelbahn zu einem negativen „Verkehrs-Magnet“ in Altaussee werden könnte. Die Investmentgruppe und in ihrem Schlepptau der Bürgermeister der Gemeinde Altaussee argumentieren damit, dass die positiven ökologischen Auswirkungen schon deshalb überwiegen würden, weil damit die rund 35.000 bisherigen PKW-Bergfahrten auf den Loser in einer Sommersaison deutlich reduziert werden könnten.
Bei genauem Hinschauen wird jedoch sichtbar, welche Dimension dieses Projekt aufgrund seiner Transportkapazität real hat und dass das damit neben dem entstehenden Verkehrsproblem in der Gemeinde Altaussee wohl auch eine Kette an problematischen Neuinvestitionen am Loser selbst die Folge sein könnten. Eine naturräumlich und qualitätstouristisch verträgliche Nutzung des Losers könnte dadurch bald Geschichte sein.
In einem offenen Brief der Initiative „Dialog Lebenswertes Altaussee“ an Dr. Hannes Androsch vom 17. Februar 2021 wurden zahlreiche sachliche Fragen über die grundsätzliche Ausrichtung des Projekts auf die Gemeinde Altaussee und den Naturraum gestellt. Die Bürgerinnen und Bürger stellten sich in diesem Brief nicht grundsätzlich gegen das Gondelprojekt, sie wollen aber volle Transparenz und eine seriöse, umfassende Prüfung der Umweltverträglichkeit – unter Berücksichtigung der dadurch entstehenden Gesamtverkehrsströme – sicherstellen.
Weiter wird in besagtem Brief der Bevölkerung eindrucksvoll die Personenkapazität der Gondelbahn beleuchtet. So wird unter anderem auf Folgendes hingewiesen:
Die geplante Panoramagondelbahn soll 1.800 Personen pro Stunde befördern. Zur Illustration: Startet man den Betrieb um 8:00 Uhr, könnten bis 9:02 Uhr alle Bewohner*innen Altaussees auf den Loser befördert werden. Der Loser hat momentan im Sommerhalbjahr in 6 Monaten ca. 100.000 Besucher. Voll ausgelastet könnte die neue Gondelbahn diese Besucheranzahl innerhalb von rund 7 Betriebstagen hinauf befördern. Eine deutliche Steigerung der Besucher*innenzahlen scheint also aufgelegt und wird wohl auch Voraussetzung sein, um die Investition betriebswirtschaftlich abbilden zu können.
Der inländische Ausflugs- und Tagestourismus erlebt gegenwärtig einen Boom. Besonders beliebt sind schöne Naturlandschaften (z. B. Gebirgsseen) und spektakuläre Attraktionen (z. B. Panoramagondelbahnen). Expert*innen sagen für die kommenden Jahre weitere massive Steigerungen voraus. Zusätzlich steuern Internationale Reise- und Busunternehmen derartige Attraktionen gerne an. Ein Beispiel für die Gefahren einer solchen Entwicklung ist Hallstatt im oberösterreichischen Teil des Salzkammerguts. Der historische und international bekannte Tourismus-Hotspot führt ab 2022 Beschränkungen für die Einfahrt von Reisebussen ein. Statt rund 20.000 Reisebussen (2019) dürfen zukünftig nur mehr 14.000 Busse einfahren. 6.000 Reisebusse mit 180.000 Personen brauchen dann ein neues Ziel. „Könnte Altaussee und das Ausseerland auch ein Ersatz für ausgesperrte Hallstattfans sein?“, fragt sich die Bevölkerung berechtigterweise.
Dass Altaussee aufgrund seiner naturräumlichen Einzigartigkeit mit Loser, Altausseer See und seiner besonderen Alpin-Architektur ein magischer Anziehungspunkt – vergleichbar mit Hallstatt – ist, ist offensichtlich.
Es ist daher von besonderer Wichtigkeit, dass die angekündigten Investitionen am Loser – insbesondere die Errichtung einer Pananramagondelbahn – tiefgehend auf ihre ökologische Verträglichkeit geprüft werden. Dabei ist vor allem auch auf die drohende Dynamisierung des Individualverkehrs in der Gemeinde Altaussee und im gesamten Ausseerland hinzuweisen.
Das aktuelle Vorhaben wäre nicht das erste UVP-pflichtige Projekt vor Ort: Mit Bescheid vom 21.10.2004 (GZ: FA13A-11.10-30/2004-65) wurde die Errichtung der Hagen Lodge mit 62 Hütten, Arena als Mittelpunkt der Loser Elebniswelt, Tiefgarage, Erweiterung von bestehenden Pisten, Neubau einer Piste am Sandling genehmigt. Projektgegenstand waren ua auch eine Schibrücke, eine Beschneiungsanlage und ein Speicherteich. Im Rahmen einer Projektänderung wurde schließlich mit Bescheid vom 13.04.2010 (FA13A-11.10-127/2009-41) die „Loser-Erlebniswelt, Pistenerweiterung Sandling, Verbindungsschiweg“ im UVP-Verfahren genehmigt.
Eine umfassende und ganzjährige Beurteilung der Gesamt-Verkehrssituation wurde bis dato nicht angestellt, denn die bestehenden Liftanlagen dienten bisher ausschließlich dem Wintertourismus. Die geplante Loser-Gondel wäre demnach wesensändernd in Bezug auf den bestehenden Sechser-Sessellift.
Viele Menschen im Ausseerland fragen sich zudem, wie die aus ihrer Sicht im Raum stehenden massiven Erweiterungen der tagestouristischen Infrastruktur mit den beiden Hauptprogrammlinien der Kulturhauptstadt 2024 „Durst auf Rückzug“ und „Auswirkungen des (Hyper-)Tourismus“ eigentlich zusammenpassen.
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Wurde Ihnen das Projekt „Panoramagondelbahn Loser“ von den Investor*innen oder der Standortgemeinde offiziell vorgestellt und präsentiert? Wenn ja, wie bewerten Sie dieses Projekt aus naturschutzfachlicher Sicht?
- Wurde bereits ein Projektantrag nach einem einschlägigen Materiengesetz oder/und dem UVP-Gesetz gestellt?
- Wurde für das Projekt „Panoramagondelbahn Loser“ ein UVP-Feststellungsverfahren durchgeführt bzw. beantragt? Werden Sie als Behörde die Einleitung eines solchen beantragen?
- Ist geplant, die Errichtung einer Panoramagondelbahn als (lediglich) Änderung einem UVP-Verfahren zu unterziehen?
- Ist geplant, die Errichtung einer Panoramagondelbahn (lediglich) einem vereinfachten Verfahren zu unterziehen?
- Soll der Kreis der in § 19 Abs 1 UVP-G aufgelisteten Parteien (insbesondere Bürgerinitiativen, anerkannte Umweltorganisationen, Nachbar*innen) durch sonstige Formalitäten (z. B. Wahl der Verfahrensart, Salami Slice-Taktik) eingeschränkt werden?
- Teile der geplanten Seilbahn werden innerhalb des Naturschutzgebietes XVI sowie im Landschaftsschutzgebiet LS14b errichtet. Erachten Sie ein derartiges Gondelprojekt, das in einer Stunde bis zu 1.800 Personen auf den Loser transportieren kann, grundsätzlich als genehmigungsfähig?
- Laut ÖEK 5.0 Seite 40 der Gemeinde Altaussee ist für die Umsetzung von konkreten Projekten im Bereich „Loseralm“ die Verpflichtung zur Erstellung eines Bebauungsplanes jedenfalls erforderlich (Strategische Umweltprüfung). Werden Sie sicherstellen, dass für das Projekt „Panoramagondelbahn Loser“ eine Strategische Umweltprüfung durchgeführt wird?
- Die Errichtung einer Hochleistungsgondelbahn am Ende einer 6 km langen Sackgasse hat umfangreiche Auswirkungen auf das Verkehrsgeschehen im gesamten Ortsgebiet von Altaussee und weit darüber hinaus. Wie wird sichergestellt, dass die aus dem Projekt resultierenden Verkehrsbewegungen in Altaussee und die damit verbundenen Umweltauswirkungen in einem Genehmigungsverfahren umfassend fachlich bewertet werden; dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass der touristische Mehrnutzen vor allem in der bereits jetzt sehr starken Sommersaison liegen soll? Wie ist dieses Projekt mit den sehr hohen Verkehrszahlen an der Ortseinfahrt von Altaussee (bis zu einem DTV von 6.666 Fahrten im August gemäß amtlicher Messung des Landes Steiermark) vereinbar?
- Laut Projekt soll die Panoramagondelbahn die Erreichbarkeit des Losers von „mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereisten Personen“ gewährleisten. Derzeit fährt der Linienbus unter der Woche dreimal pro Tag. Die Gondelbahn wird in Spitzenzeiten jedoch 1.800 Personen pro Stunde befördern. Werden Sie als Verkehrslandesrat dafür Sorge tragen, dass im Falle einer Projektrealisierung das öffentliche Verkehrsangebot massiv ausgebaut wird?
- Im Bereich Graskogel/Sechserfleck soll im bzw. direkt am Rand des Naturschutzgebietes XVI eine hohe 3fach-Stütze als Kuppengerüst gebaut werden. Diese wird von nahezu jedem Punkt in Altaussee sichtbar sein und die Horizontwahrnehmung des Losers nachhaltig verändern. Ist dieses massive Bauwerk mit den Grundsätzen des Natur- und Landschaftschutzes aus Ihrer Sicht vereinbar?
- Es ist geplant, die Seilbahnstützen in der Nacht zu beleuchten. Sind diese geplanten Licht-Emissionen (Stichwort: „Lichtverschmutzung“) in hochsensiblen Alpinzonen aus Ihrer Sicht zweckmäßig und umweltverträglich?
Unterschrift(en):
LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne)