EZ/OZ: 2791/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 26.01.2023, 10:05:05
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Nikolaus Swatek, BSc (NEOS), LTAbg. Robert Reif (NEOS)
Fraktion(en): NEOS
Regierungsmitglied(er): Landesrat Werner Amon, MBA
Betreff:
Überstunden explodieren - Lehrer:innenmangel nimmt besorgniserregendes Ausmaß an
Den Lehrer:innen kommt eine der wichtigsten Aufgaben unseres Landes zu: die Förderung und Bildung unserer Kinder. Dieser anspruchsvollen Aufgabe können Lehrer:innen nur unter passenden Rahmenbedingungen gerecht werden - genau diese werden in steirischen Schulen aber durchwegs prekär, denn der Lehrkräftemangel ist längst im Schulalltag angekommen. Der Mangel an Bildungspersonal ist keiner spontanen Entwicklung der letzten Jahre geschuldet, er war vielmehr seit Jahrzehnten absehbar. Aber anstatt den Fokus auf Nachwuchslehrer:innen zu legen und bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, haben die Regierungsparteien viel zu lange weggeschaut und sich darauf verlassen, dass die Probleme sich von alleine lösen werden.
Nun führen die entstandenen Personalengpässe dazu, dass die Überstunden steirischer Lehrkräfte in Pflichtschulen seit 2017 um 80% angestiegen sind und sich Lehrer:innen überlastet und von der Politik im Stich gelassen fühlen. Dabei haben Bundesländer die Möglichkeit, über die geplanten Planstellen hinaus, Lehrpersonal einzustellen. Die Kosten werden dann teils von den Ländern, teils vom Bund getragen. Im österreichweiten Vergleich belegt die Steiermark hinsichtlich solcherart zusätzlich eingestellten Lehrkräften abgeschlagen den letzten Platz. Die traurige Bilanz ist also, das kein anderes Bundesland so wenige zusätzliche Lehrer:innen einstellt, wie die Steiermark. Aus einer Anfragebeantwortung durch Bildungsminister Polaschek geht hervor, dass in der Steiermark nur 26 zusätzliche Stellen besetzt wurden, in allen anderen Bundesländern waren das deutlich mehr – in Vorarlberg etwa 287, in Niederösterreich fast 200.
Anstatt zusätzliche Lehrkräfte einzustellen, setzt man in der Steiermark wohl darauf, dass der Mangel durch Mehrarbeit des vorhandenen Lehrpersonals ausgeglichen wird. Diesen Personalmangel mit Überstunden zu kompensieren, kann jedoch nicht die Lösung sein. Wenn Lehrkräfte ausbrennen, wirkt sich das nicht zuletzt negativ auf den Schulalltag unserer Schülerinnen und Schüler aus. Überforderte Lehrkräfte können den Unterricht nicht mehr mit dem Standard und der Hingabe gestalten, wie sie es gerne möchten. Vor allem dann, wenn Lehrkräfte fachfremd unterrichten müssen, leidet die Qualität des Unterrichts enorm.
Darüber hinaus müssen Lehrer:innen zunehmend administrative Aufgaben übernehmen und mentale Unterstützung für Schüler:innen leisten, da es auch hier an zusätzlichem Personal fehlt.
Die Probleme werden sich angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle der Baby-Boomer noch dramatisch zuspitzen. Zwischen 2020 und 2035 werden bundesweit über ein Drittel der Lehrpersonen ihren Beruf verlassen. In der Steiermark werden zwischen den Jahren 2023 und 2027 1705 Landeslehrer:innen in Pension gehen (Anfragebeantwortung durch Bildungsminister Polaschek zur schriftlichen Anfrage 11897/J). Hinzu kommt, dass der sinkenden Zahl an Lehrkräften in den nächsten Jahren eine steigende Schüler:innenzahl gegenüber steht (https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bildung/bildungsprognosen/schulbesuchsprognosen ).
Der Mangel an Lehrkräften geht aber nicht nur auf Pensionierungen zurück, auch das Image des Berufes hat in den letzten Jahrzehnten stark gelitten. Das wirkt sich auf die Berufswahl junger Menschen aus - immer weniger Schüler:innen können sich eine Karriere als Lehrer:in vorstellen. Insbesondere in den MINT-Fächern kommt zu wenig Nachwuchs nach. Das führt neben der hohen Belastung für Lehrkräfte zu einem großen Qualitätsverlust, der zu Lasten unserer jungen Generation geht. Gute Rahmenbedingungen für Lehrer:innen gehen daher auch immer mit besseren Chancen für unsere Kinder einher.
Um dem Lehrkräftemangel entgegen zu wirken, muss die Landesregierung jetzt Maßnahmen setzen und eine Attraktivierungsoffensive starten.
Es wird daher folgende
Dringliche Anfrage
gestellt:
- Wie viele Planstellen für steirische Pflichtschulen sind im Moment ausgeschrieben?
- Wie viele davon entfallen jeweils auf die Schultypen Volksschule, Mittelschule, Sonderschule, Polytechnische Schule und Berufsschule?
- Wie viele dieser Stellen wurden mehrmals ausgeschrieben? Bitte wiederum um Aufgliederung nach den genannten Schultypen.
- Welche 3 Stellen davon wurden am öftesten bzw. am längsten ausgeschrieben? Wie oft wurden diese ausgeschrieben bzw. seit wann sind diese Stellen unbesetzt?
- Wie viele zusätzliche, also die Planstellen überschreitende Stellen, sind in der Steiermark im Moment ausgeschrieben?
- Wie viele davon wurden mehrmals ausgeschrieben? Bitte wiederum um Aufgliederung nach den genannten Schultypen.
- Planen Sie, die Anzahl dieser zusätzlichen Stellen in den nächsten Jahren zu erhöhen?
- Wenn ja, um wie viele?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wie viele Schulleiter:innenstellen sind im Moment in steirischen Pflichtschulen ausgeschrieben?
- Wie viele dieser Stellen wurden mehrmals ausgeschrieben?
- Wie viele davon entfallen jeweils auf die Schultypen Volksschule, Mittelschule, Sonderschule, Polytechnische Schule und Berufsschule?
- Wie viele Administrationskräfte sind bzw. waren an steirischen Pflichtschulen innerhalb der letzten 5 Jahre jeweils beschäftigt? Bitte um Aufgliederung nach Anzahl und Jahr.
- Wie viele Stellen für Administrationskräfte sind derzeit ausgeschrieben?
- Wie viele Lehramtsstudent:innen sind im Schuljahr 2022/2023 als Lehrer:innen an steirischen Pflichtschulen beschäftigt?
- Wie viele davon entfallen jeweils auf die Schultypen Volksschule, Mittelschule, Sonderschule, Polytechnische Schule und Berufsschule?
- Wie viele pensionierte Lehrer:innen sind im Schuljahr 2022/2023 als Lehrer:innen an steirischen Pflichtschulen beschäftigt?
- Wie viele davon entfallen jeweils auf die Schultypen Volksschule, Mittelschule, Sonderschule, Polytechnische Schule und Berufsschule?
- Wie viele Lehrer:innen müssen im Schuljahr 2022/2023 an steirischen Pflichtschulen in fachfremden Fächern unterrichten?
- Wie viele davon entfallen jeweils auf die Schultypen Mittelschule, Sonderschule, Polytechnische Schule und Berufsschule?
- Wie erklären sie sich den starken Anstieg an Überstunden von fast 80% in den letzten fünf Jahren im Pflichtschulbereich?
- Wieso leisten die steirischen Pflichtschullehrer:innen durchschnittlich so viel mehr Überstunden als die in anderen Bundesländern?
- Welche Maßnahmen gedenken Sie zu setzen, um die anfallenden Überstunden von Pflichtsschullehrer:Innen zu reduzieren und zu gewährleisten, dass diese in Zukunft nicht noch weiter ansteigen?
- Werden sie eine Intiative setzte um mehr sich für mehr Planstellen für Landesleher:innen einzusetzen?
- Werden sie sich für mehr Pflichtschullehrer:innenstellen in der Steiermark einsetzten?
- Wie erklären sie sich, dass die Steiermark bei den Planstellen überschreitenden Stellen abgeschlagen den letzten Platz in Österreich hat?
- Welche Maßnehmen werden sie setzten um mehr Stellen in diesen Bereich zu gewährleisten?
- Planen Sie, Maßnahmen zu setzen, um Lehrer:innen bürokratisch zu entlasten, sodass sie sich in ihrem Beruf auf die Wissensvermittlung konzentrieren können?Wenn ja, welche?
- Wurden in Vergangenheit Maßnahmen gesetzt, um den Lehrer:innenberuf für junge Menschen zu attraktivieren?
- Wenn ja, welche?
- Welche Maßnahmen gedenken Sie zukünftig zu setzen, um den Lehrer:innenberuf für junge Menschen zu attraktivieren?
- Wie viele Landeslehrer:innen haben in den letzten 5 Jahren ihre Lehrtätigkeit vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters zurückgelegt? Bitte um Aufschlüsselung nach Anzahl und Jahr.
- Wurde von Ihrer Seite erhoben, was die Gründe für eine Beendigung der Lehrtätigkeit von Landeslehrer:innen vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters sind?
- Wenn ja, welche 3 Gründe wurden am häufigsten genannt?
- Plant die Landesregierung, die durch die Pensionierungen der nächsten Jahre wegfallenden Lehrkräfte zu kompensieren?
- Wenn ja, durch welche Maßnahmen?
- Können Sie garantieren, dass es durch den Mangel an Lehrkräften in den nächsten Jahren zu keinen Schulschließungen kommen wird?
- Wenn nein, welche Schultypen sind besonders von möglichen Schließungen gefährdet?
- Gehen Sie davon aus, dass es aufgrund fehlender Lehrkräfte in den nächsten Jahren zu Zusammenlegungen von Klassen kommen wird?
- Wenn ja, welche Schultypen sind besonders von möglichen Klassenzusammenlegungen gefährdet?
- Gehen Sie davon aus, dass es aufgrund fehlender Lehrkräfte in den nächsten Jahren zu einer Erhöhung der durchschnittlichen Schüler:innenanzahl pro Klasse kommen wird?
- Wenn ja, welche durchschnittliche Klassengröße ist dabei zu erwarten?
- Wenn ja, welche Schultypen sind davon besonders gefährdet?
Unterschrift(en):
LTAbg. Nikolaus Swatek, BSc (NEOS), LTAbg. Robert Reif (NEOS)