EZ/OZ: 576/1
Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 15.06.2020, 08:52:34
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Nikolaus Swatek, BSc (NEOS), LTAbg. Robert Reif (NEOS)
Fraktion(en): NEOS
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Dr. Juliane Bogner-Strauß
Frist: 17.08.2020
Betreff:
Abrechnungsschwierigkeiten bei der Ersatzleistung der Elternbeiträge
Im Zuge der Corona-Krise wurden Mitte März auch die Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen geschlossen beziehungsweise auf Notbetrieb heruntergefahren. Auf die Zeit der Schließung folgte eine Phase der Wiederaufnahme des Betriebes, in der die Gruppengrößen möglichst klein gehalten wurden und nur ein Teil der Kinder die Einrichtungen tatsächlich besuchte. Obwohl die Landesregierung bereits kurz nach der Schließung der Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen die Kostenübernahme der Elternbeiträge verkündete, gestaltet sich die Abrechnung und Auszahlung nun langwieriger als erwartet.
Während die Kosten der Elternbeiträge für den Zeitraum von 18.03.2020 - 17.04.2020 seitens der Landesregierung pauschal für alle Eltern übernommen werden, gibt es für den Zeitraum von 18.04.2020 - 17.05. 2020 keine generelle Auszahlung. Einer Ausgleichszahlung für diesen späteren Zeitraum geht zuerst eine Datenerhebung voraus, welche Kinder in dieser Zeit in welchem Ausmaß betreut wurden.
Diese Ermittlung führt nicht nur zu einem Mehraufwand aller Beteiligten, sondern auch zu weiteren Kosten des Landes: Denn um diese Erhebung durchzuführen, wird zuerst ein neues, eigens angefertigtes Datenverarbeitungsprogramm entwickelt.
Aber damit nicht genug: Anstatt die Kosten pauschal für beide Monate zu übernehmen und damit Zeit und personelle Ressourcen zu sparen, lässt die Landesregierung nicht nur eine Software entwickeln, vielmehr müssen die Eltern erst ein Formular ausfüllen, das bei den Trägern abzugeben ist. Diese wiederum haben die Formulare dann im Postweg an die zuständige Abteilung des Landes weiterzuleiten, wo die Daten in der Datenbank erfasst werden. Das bedeutet für Träger_innen, Pädagog_innen und das restliche Personal einen erheblichen Aufwand. Pädagog_innen berichten davon, dass sie in der Früh mit Formularen vor den Einrichtungen warten und dafür Sorge zu tragen haben, dass alle Eltern ein Formular ausfüllen und anschließend wieder bei den Träger_innen bzw. den anderen dafür zuständigen Personen abgeben. Für die Pädagog_innen, deren Arbeitsalltag durch Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen ohnehin bereits erschwert wird, bedeutet das eine zusätzliche Belastung.
Unklar ist, welche Geldersparnis sich das Land durch diesen Aufwand im Vergleich zu einer pauschalen Auszahlung für beide Monate erwartet, ob sich die Entwicklung eines speziellen Datenverarbeitungsprogrammes rentiert oder ob die fehlende Software vielmehr als Ausrede dient, um den langwierigen Auszahlungsprozess zu rechtfertigen. Bereits bei erstmaliger Ankündigung der Übernahme der Elternbeiträge hätte die Landesregierung vorausschauend agieren und ein Konzept ausarbeiten müssen, wie die Kostenübernahme zeitnah stattfinden kann - das war aber offensichtlich nicht der Fall.
Es wird daher folgende
Schriftliche Anfrage
gestellt:
- Gab es für die Vergabe der Entwicklung des Datenverarbeitungsprogrammes eine Ausschreibung?
a. Wenn ja, an welchem Datum wurde der Auftrag für die Entwicklung des Datenverarbeitungsprogrammes vergeben?
b. Wenn ja, wie viele Unternehmen haben sich an der Ausschreibung beteiligt?
c. Wenn ja, welche Voraussetzungen mussten Unternehmen für eine Teilnahme an der Ausschreibung erfüllen?
d. Nach welchen Kriterien wurde das beauftragte Unternehmen ausgewählt?
e. Wenn es keine Ausschreibung gab, wieso nicht?
- Wie hoch sind die Kosten des Landes für das neu entwickelte elektronische Datenverarbeitungsprogramm?
- Wie hoch ist die Summe der Kosten des Landes für die Ersatzleistungen für die ausgesetzten Elternbeiträge für den Zeitraum von 18.3.2020 - 17.4.2020?
- Wie hoch ist der durchschnittlich übernommene Elternbeitrag für den 1. Zeitraum (18.03.2020 -17.04.2020) pro Kind?
- Welche Kostenersparnis erwartet sich die steirische Landesregierung durch die Erfassung der Daten durch das Datenverarbeitungsprogrammes verglichen mit einer pauschalen Auszahlung für den gesamten Zeitraum von 18.03.2020 - 17.05.2020?
- Gab es Gespräche zwischen der steirischen Landesregierung und anderen Bundesländern bezüglich des Einsatzes eines Datenverarbeitungsprogrammes und mögliche Alternativen zur Entwicklung dieses Programmes?
a. Wenn ja, welche anderen Möglichkeiten der Rückzahlung (pauschale Auszahlung etc.) wurden dabei diskutiert?
b. Wenn nein, wieso hat die Landesregierung keine Gespräche mit anderen Bundesländern gesucht?
- Wird das Datenverarbeitungsprogramm speziell für die Steiermark entwickelt oder teilt sich die Steiermark die Nutzung und Entwicklungskosten dieses Programms mit anderen Bundesländern?
a. Wenn ja, mit welchen?
b. Wenn ja, wie hoch sind die auf das jeweilige Bundesland entfallenden Kosten?
c. Wenn nein, wieso nicht?
d. Wenn nein, stand die Landesregierung in Gesprächen mit anderen Bundesländern, sich die Lizenz des Programmes zu teilen?
- Plant die Steirische Landesregierung, diese Software in Zukunft auch für andere Bereiche, in denen Datenerfassung notwendig ist, zu benutzen?
a. Wenn ja, in welchen?
b. Wenn nein, wieso nicht?
- Handelt es sich bei dem Datenverarbeitungsprogramm um eine Open-Source-Software?
- Wie wird seitens des Landes sichergestellt, dass die Geheimhaltung der persönlichen und schutzwürdigen Daten der Steirer_innen durch dieses Programm sichergestellt wird?
- In Kindergärten und anderen Kinderbetreuungseinrichtungen verfolgt die Landesregierung keine spezielle Teststrategie. Bietet die Landesregierung Eltern von Kindern, in deren Kindergärten Infektionen mit dem Coronavirus nachgewiesen wurden, und deren Kinder daraufhin die Betreuungseinrichtung nicht mehr besuchen können, Unterstützung?
a. Wenn ja, wie?
b. Wenn nein, wieso nicht?
- Bietet die Landesregierung finanzielle Unterstützung für diesen Fall?
a. Wenn ja, wie hoch ist diese Unterstützung?
b. Wenn nein, wieso nicht?
- Im Zuge der Wiedereröffnung der Kinderbildungs-und Betreuungseinrichtungen gab es seitens der Landesregierung eine Empfehlung, welche Kinder bei einer verkleinerten Gruppengröße vorrangig betreut werden sollen. In einem Rundschreiben der Landesregierung vom 04.05.2020 heißt es :”Dabei sollte für die Betreuung folgende Reihung Berücksichtigung finden: 1. Kinder von berufstätigen Eltern – keine Einschränkung der Art der Berufstätigkeit (auch Homeoffice) 2. Kinder, bei denen eine Kindeswohlgefährdung in der Familie besteht bzw. droht oder nach Einschätzung der Leiterin / des Leiters eine familiäre Überlastungssituation besteht bzw. zu erwarten ist. “
Wieso hat die Landesregierung in diesem Schreiben vorrangig die Betreuung von Kindern berufstätiger Eltern, und erst an zweiter Stelle die Betreuung von Kindern, deren Kindeswohl in der Familie gefährdet war, empfohlen?
- Würde die Landesregierung im Zuge einer erneuten Einschränkung des Betriebes und einer damit einhergehenden Verkleinerung der Grupppengrößen die Empfehlung dieser Reihung wiederholen?
a. Wenn ja, wieso sehen Sie Kinder berufstätiger Eltern als betreuungswürdiger an als Kinder, deren Kindeswohl zuhause gefährdet ist?
b. Wenn nein, wie würden Sie die Empfehlung der Reihung umformulieren?
Unterschrift(en):
LTAbg. Nikolaus Swatek, BSc (NEOS), LTAbg. Robert Reif (NEOS)