EZ/OZ: 397/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 12.03.2020, 17:27:59
Zu:
165/12 Novellierungen des Stmk. Raumordnungs- und des Stmk. Baugesetzes
(Bericht (§ 36 GeoLT))
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Klimaschutz
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Mag. Ursula Lackner
Betreff:
Grundstücke für den geförderten Wohnbau insbesondere in der Stadt Graz sichern
Seit Beginn der 2000er Jahre steigt die Bevölkerungszahl in der Stadt Graz kontinuierlich an. Betrug die Zahl der Wohnbevölkerung (Hauptwohnsitze) in Graz im Jahr 2000 rund 240.000 Personen, so ist diese Zahl bis Anfang 2020 auf 294.630 Hauptwohnsitze plus 36.408 Nebenwohnsitze gestiegen. Die jährliche Bevölkerungszunahme der letzten Jahre lag zwischen 3.000 und 4.000 Personen, dieser Trend dürfte den Prognosen zufolge auch in den nächsten 10 Jahren weiter anhalten.
In Graz gibt es rund 186.000 Wohnungen, wobei in den letzten Jahren pro Jahr zwischen 1.700 und 2.700 Wohneinheiten neu errichtet wurden. Neben den großen Entwicklungsgebieten Reininghaus und Smart City wurden und werden derzeit zahlreiche Baulücken geschlossen. Für rund 11.000 Wohnungen hat die Stadt Graz ein Zuweisungsrecht (rund 4.300 Gemeindewohnungen und 6.700 Übertragungswohnungen). Seit 2010 gibt es auch im sozialen Wohnbau wieder leichte Zuwächse, pro Jahr werden rund 100 Wohnungen in diesem Segment neu gebaut.
Zwischen 2008 und 2018 haben sich die Hauptmieten in Österreich um durchschnittlich 40% erhöht, die Einkommen jedoch nur um 30%. Der Anteil der Wohnkosten am Haushaltseinkommen beträgt daher inzwischen 35%, allerdings mit großen regionalen Unterschieden.
Laut städtischem Wohnungsbericht stiegen die Mieten in Graz zwischen 2006 und 2015 um 11%, allerdings mit großen Unterschieden je nach Lage (Miete pro m2 zw. 6,90 € und 9,40 €). Deutliche Unterschiede gibt es natürlich auch zwischen Gemeindewohnungen, Genossenschaftswohnungen und sonstige Mietverhältnisse.
Der Grazer Wohnungsmarktbericht nennt aktuelle Mietpreise von 7 bis 13 €/m2 (je nach Lage). Bei den Eigentumswohnungen werden Kaufpreise von 2.650-3.170 € (Wetzelsdorf, Gries) bis 4.000 – 4.500 € (Andritz, Geidorf) genannt.
Bei den Grundstückspreisen liegt Graz im Vergleich zu anderen Landeshauptstädten noch immer im unteren Bereich (Preise Baugrundstücke 2018: Wien zw. 645 € und 1.400 €, Salzburg 940 €, Innsbruck 940 €, Linz 404 €, Bregenz 326 €, Graz 273 €, Eisenstadt 221 €, Klagenfurt 142 €, St. Pölten 121 €.
Die Preisentwicklung ist aber alarmierend.
Die Grundstückspreise stiegen in Graz laut Angaben der Statistik Austria von 2017 (233 €) auf 2018 um 17 %, der Immobilienpreisspiegel des Fachverbandes der Immobilientreuhänder weist für Graz eine Steigerung von 7,8% aus.
Das rasche Bevölkerungswachstum stellt eine große Herausforderung für die Wohnversorgung in Graz dar. Jährlich müssen rund 4.000 Menschen zusätzlich mit Wohnraum versorgt werden. Dementsprechend ist die Bautätigkeit in Graz seit Jahren hoch. Damit einher geht auch eine hohe Nachfrage nach Grundstücken und damit wiederum ein Anstieg der Preise.
Aber nicht nur der Zuzug nach Graz und die damit steigende Nachfrage nach Wohnraum treibt die Bautätigkeit an, sondern auch Finanzkrise und Nullzinspolitik. Mangels sicherer und ertragreicher AnlegerInnen-Alternativen wird immer mehr Geld in Immobilien investiert, was wiederum die Nachfrage an Grundstücken und Baudienstleistungen sowie die Preise befeuert. Man spricht hier von Anlegerwohnungen. Das bedeutet, dass private Bauträger Wohnungen errichten, die nicht für den eigenen Wohnungsbedarf, sondern als Kapitalanlage erworben werden. AnlegerInnen kaufen Wohnungen teils mit Eigenmitteln, teils fremdfinanziert und vermieten sie, um so die Kreditraten zu finanzieren bzw. ein zusätzliches Einkommen zu lukrieren. Anlegerwohnungen sind auch aufgrund der steuerlichen Vorteile lukrativ. Die AnlegerInnen können ihre Steuerbemessungsgrundlage für die Lohn- und Einkommenssteuer um die Kreditzinsen und die Abschreibung reduzieren. Hinzu kommt die Rückerstattung der Mehrwertsteuer. Ein Teil der gekauften Wohnungen kommt jedoch überhaupt nicht auf den Markt, sondern wird als Kapitalanlage erworben oder für einen eventuellen späteren Eigenbedarf gehalten wird. Auch Investmentfonds legen ihr Kapital nicht mehr nur in Metropolen sondern auch zunehmen in "kleineren" Städten wie Graz an. Im Bauquartier Puntigam wurde z.B. ein ganzer Bauabschnitt von einem Pensionsfonds gekauft.
Es wird aufgrund all dieser Entwicklungen im Ballungsraum Graz immer schwieriger, leistbaren Wohnraum durch geförderte Wohnbauprojekte zu schaffen, da die Baulandreserven begrenzt sind und die Grundstückpreise dramatisch ansteigen. Dass gemäß den Förderbedingungen des Landes Steiermark die Grundkosten maximal ein Drittel der Gesamtprojektkosten betragen dürfen, ist grundsätzlich zwar nachvollziehbar, macht die Situation aber nicht einfacher. Kostengünstigste Bauprojekte werden durch Grundstückspreise massiv verteuert oder mangels Förderbarkeit gleich unrealisierbar.
Zwar können über den Flächenwidmungsplan Vorbehaltsflächen für den kommunalen bzw. geförderten Wohnbau ausgewiesen werden, dieses Instrument hat sich jedoch in der Praxis in der Stadt Graz nicht bewährt und keine spürbare Auswirkung auf die Grundstückspreise.
In Wien ist man einen anderen Weg gegangen und hat für Widmungs- und Bebauungspläne die Kategorie "Geförderter Wohnbau" eingeführt. Auf Flächen, die diese Widmung erhalten, dürfen nur Wohnbauten mit einem überwiegenden Anteil an geförderten Wohnungen (in Wien 2/3) errichtet werden. Ziel dieser Maßnahme ist es, Grundstücksreserven für den geförderten Wohnbau zu sichern und Aufwertungsspekulationen entgegenzuwirken. Zum Zuge kommen kann diese Kategorie nur bei neuen Ansuchen um Umwidmung zu Bauland.
Mit einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss hat der Gemeinderat der Stadt Graz im September 2018 eine Petition an den Landtag Steiermark gerichtet: "Die Stadt Graz ersucht das Land Steiermark, gemäß Motivenbericht die Kategorie `Geförderter Wohnbau/förderbarer Wohnraum`, so wie dies seitens Wien erfolgen wird, ehestmöglich in einer Novelle auch in den einschlägigen landesgesetzlichen Materien im Wege der Planzeichenverordnung, etwa im Steiermärkischen Raumordnungs- bzw. Bauordnungsgesetz, mit den entsprechenden Kriterien/Bedingungen zu berücksichtigen."
Das Land Steiermark soll dem Wiener Beispiel folgen und mit dieser Widmungskategorie Grundstücke für den geförderten Wohnbau insbesondere in der Stadt Graz sichern.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert, nach dem Vorbild der Stadt Wien auch für die Stadt Graz Grundstücke für den geförderten Wohnbau zu sichern, indem eine eigene Flächenwidmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ in einer Novelle zum Stmk. Raumordnungsgesetz eingeführt wird.
Unterschrift(en):
LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)