EZ/OZ: 1639/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 09.09.2021, 21:16:33
Zu:
167/8 Gesetz vom […] mit dem das Gesetz über die Erhebung von Abgaben auf Zweitwohnsitze und Wohnungen ohne Wohnsitz (Steiermärkisches Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz – StZWAG) erlassen und das Steiermärkische Nächtigungs- und Ferienwohnungsabgabegesetz sowie das Gesetz über den Tourismus in Steiermark (Steiermärkisches Tourismusgesetz 1992) geändert werden
(Bericht (§ 36 GeoLT))
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Klimaschutz
Regierungsmitglied(er): Landesrat Johann Seitinger, Landesrätin Mag. Ursula Lackner
Betreff:
Gesetzliche Verankerung eines Leerstandsberichts als Basis für sinnvolles Flächenmanagement
Die Steiermark zerstört ihre Lebensgrundlage. Sie verschwendet wertvollen Grünraum im urbanen Raum (siehe Landeshauptstadt Graz) und ist beim Zubetonieren wertvoller Böden im ländlichen Raum negative Spitzenreiterin. Allein im Jahr 2020 lag der Wert bei 10,2 km2. Das ist selbst für die europaweit berüchtigten österreichischen Verhältnisse eklatant. Zur Verdeutlichung: In der Steiermark werden täglich (!) ca 3,9 ha Boden verbaut, was einer Fläche von mehr als fünf Fußballfeldern entspricht. Eine derart massive Boden-Verschwendung hat natürlich katastrophale Auswirkungen auf die Artenvielfalt und das Klima (s https://www.umweltbundesamt.at/umweltthemen/boden/flaecheninanspruchnahme; auch die Steirischen Medien berichten darüber – zB Kronen Zeitung vom 14.02.2021, Verbauung: Wird die Steiermark zur Beton-Wüste? https://www.krone.at/2342227).
Daneben steigen die Preise für Wohnungs-Kauf und -Miete in prosperierenden Zentralräumen, aber auch in touristischen Topregionen stetig. Einen wesentlichen Grund stellen Vorsorgewohnungen bzw. Anlagewohnungen im urbanen Bereich einerseits und Zweitwohnsitze in Toptourismusdestinationen andererseits dar. Angesichts der Entwicklungen der Weltwirtschaft greifen Investmentfonds nur allzu gerne auf „Betongold“ zurück. Die Qualität des Wohnraums orientiert sich dabei häufig an den Mindeststandards: je billiger die Investition desto größer die Gewinnspanne. Die Folge: völlig überteuerte Quadratmeterpreise in Toplagen, die sich viele Menschen nicht leisten können oder wollen; dies insbesondere, da Bodenpreise an Ortsrändern wesentlich günstiger sind. Die Folge ist ein oft jahrelang andauernder Leerstand.
Neben leerstehendem Wohnraum stellen auch stillgelegte Gewerbe- und Industriebauten ein massives Problem im Flächenmanagement dar. Immer noch ist es günstiger, bestehende Betriebsbauten zu verlassen und auf vormals unbebauten Flächen neu zu errichten, als bauliche Aufstockungen vorzunehmen. Diese Vorgangsweise ist zwar monetär nachvollziehbar, in Hinblick auf das Problem der Flächenverschwendung aber absurd.
Während also an Ortsrändern immer mehr saftiges Ackerland durch Bebauung zerstört wird, sterben Ortskerne Stück für Stück aus. Das hat auch Auswirkungen auf die Kosten für Errichtung und Erhaltung der öffentlichen Infrastruktur, die großteils die Gemeinden zu tragen haben und führt zusätzlich zu einem massiven Verkehrsproblem durch erhöhten Individualverkehr sowie fehlender ÖV-Anbindung. So kämpfen aktuell viele Gemeinden einen mitunter chancenlosen, zumindest aber sehr zähen Kampf gegen diese desaströse Entwicklung (vgl dazu etwa https://www.vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-zersiedelung-ist-wesentlicher-verursacher-heutiger-verkehrsprobleme und Kleine Zeitung-Reihe „Sind unsere Ortskerne noch zu retten?“ ab 06.05.2021)
Ein gewisses Problembewusstsein äußerten Mitglieder der Landesregierung im Frühjahr 2021. Man müsse die Fehler der Vergangenheit zurücknehmen und Ortskerne stärken. Das kann – gemeinsam mit einer ernst gemeinten Novellierung des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes – nur durch ein konsequentes Leerstands-Management gelingen. Selbst der Landeshauptmann brachte nun – wohl durch die aktuelle Situation in der Steiermark unter Druck geraten – die lang geforderte Leerstandsabgabe ins Gespräch (Kleine Zeitung vom 09.09.2021, „Ich bin für eine Abgabe auf leere Wohnungen“). Wirkungsvolle Maßnahmen brauchen als Grundlage eine seriöse Kenntnis über vorhandene Leerstände, weshalb eine gesetzlich verpflichtete standardisierte Erhebung unentbehrlich ist.
Dass dies auch möglich ist, zeigen beispielsweise Städte und Gebiete/Kantone wie Basel-Stadt und Basel-Landschaft, Zürich, Kopenhagen und Amsterdam.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
1. jährlich bis zum 31.03. einen Leerstandsbericht, jeweils für das vorangegangene Kalenderjahr (Stichtag 30.06.), dem Landtag vorzulegen, der mindestens folgende Daten beinhaltet:
a.) Anzahl und Wohnfläche der bewohnbaren Wohnungen gesamt;
b.) Anzahl und Wohnfläche der Wohnungen, die zum Stichtag bezogen werden könnten, aber nicht bewohnt sind (Leerwohnungen);
c.) das Verhältnis zwischen Wohnungen gesamt und Leerwohnungen, jeweils für Anzahl und Wohnfläche;
d.) Anzahl und Grundfläche von Bauten, die nicht dem Wohnen dienen (Betriebsbauten) gesamt
e.) Anzahl und Grundfläche von Betriebsbauten, die zum Stichtag nicht genutzt werden (Leerbetriebsbauten);
f.) das Verhältnis zwischen Betriebsbauten gesamt und Leerbetriebsbauten, jeweils für Anzahl und Wohnfläche;
ausgewiesen und berechnet nach Gemeinden und Bezirken.
2. allenfalls zur Umsetzung von Pkt 1. notwendige gesetzliche Grundlagen dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen.
Unterschrift(en):
LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)