EZ/OZ: 1570/1
Selbstständiger Antrag von Abgeordneten (§ 21 GeoLT)
eingebracht am 20.07.2021, 08:41:50
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Zuständiger Ausschuss: Bildung, Gesellschaft und Gesundheit
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Dr. Juliane Bogner-Strauß, Landesrätin Mag. Doris Kampus
Betreff:
Angehörigenentlastung durch Ausbau der Kurzzeitpflegebetten stärken - Fehlunterbringung psychisch kranker Menschen beenden
Mit deutlichen Worten fordert die Volksanwaltschaft im Bericht der Volksanwaltschaft 2020 - Band "Präventive Menschenrechtskontrolle" ein Ende sowohl der „Fehlplatzierung“ chronisch psychisch Kranker in Pflegeheimen als auch der „Finanzierung derartiger Strukturen über den sogenannten Psychiatriezuschlag“ ein (Seite 50 f). „Den häufig über Jahre bzw. Jahrzehnte in den jeweiligen Einrichtungen lebenden Patientinnen und Patienten werden keinerlei adäquate bzw. störungsspezifische Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten. Im Wesentlichen werden die Tage durch die Essenszeiten bestimmt, ansonsten gibt es wenig Abwechslung.“ Bei ihren Besuchen stellte die Volksanwaltschaft fest, „dass ein Großteil der (überwiegend jungen) Patientinnen und Patienten stark übergewichtig ist und an Diabetes mellitus leidet, was den Eindruck einer bloßen ‚Verwahrung‘ verstärkt.“
Nunmehr verabsäumt es die Landesregierung nicht nur seit Jahren, diese wiederkehrende Kritik der Volksanwaltschaft endlich ernst zu nehmen und die Fehlunterbringung von chronisch psychisch kranken Menschen zu beenden. Vielmehr drohen aktuelle – grundsätzlich zu begrüßende – Entwicklungen dazu zu führen, dass dieses gänzlich fehlgeleitete und menschenunwürdige System weiter gefördert wird. Ende Mai dieses Jahres ging jene lang erwartete Verordnung in Begutachtung, mit der die Landesregierung zukünftig die Zahl der anzuerkennenden Pflegeheimbetten je Region begrenzt. Auf den ersten Blick folgt die Landesregierung bei der Festlegung der konkreten Zahl den gesetzlichen Vorgaben und damit dem Bedarfs- und Entwicklungsplan für pflegebedürftige Personen 2025 (BEP 2025). Als Folge dessen wird es in absehbarer Zukunft einen deutlichen Überschuss an Pflegeheimbetten geben, deren Errichtung zwar bewilligt wurde, deren Belegung jedoch mangels Anerkennung nicht über die Sozialhilfe verrechnet werden kann. Laut einem Bericht der Kleinen Zeitung sei nunmehr angedacht, diese überschüssigen Betten als Plätze „für Psychiatrie“ zu nutzen (kleinezeitung.at, Neue Obergrenze - 731 Pflegebetten müssten wegfallen, 15.06.2021).
Derartigen Plänen ist angesichts der überdeutlichen Kritik der Volksanwaltschaft an der bereits vorherrschenden Fehlplatzierung schnellstmöglich der Riegel vorzuschieben. Ganz im Gegenteil sind die bestehenden Unterbringungen chronisch psychisch kranker Menschen zu beenden und den Betroffenen sind – wie von der Volksanwaltschaft vorgeschlagen – adäquate, kleinteilige Wohnformen bzw. Betreuungsstrukturen (inklusive störungsspezifischer Beschäftigungskonzepte) anzubieten.
Betreffend die weitere Verwendung der überzähligen Pflegebetten ist auf den durch § 13a StSHG zur Verordnungsgrundlage erklärten BEP 2025 zu verweisen, der einen massiven Ausbau der Kurzzeitpflegebetten bzw einen Umbau und eine Umwidmung bestehender Langzeitpflegebetten in Kurzzeitpflegebetten vorsieht (Seite 47 f). Diese neu entstehenden Kurzzeitpflegebetten können laut BEP 2025 dazu genutzt werden, informell pflegende Angehörige zu entlasten, wobei ein immenses Potential von 36.572 Personen ausgemacht wird. Dabei darf zudem keineswegs unter den Tisch fallen, dass in Umsetzung des BEP 2025 auch hinsichtlich des zukünftig am Verordnungsweg verbindlich zu erlassenden Pflegebettenbedarfs zwischen Lang- und Kurzzeitpflegebetten zu unterscheiden ist. Gerade angesichts des enormen Anteils, den Angehörige bei der Pflege übernehmen, muss es eines der obersten Ziele in der Pflegepolitik sein, diese bestmöglich zu unterstützen und auch zu entlasten.
Es wird daher der
Antrag
gestellt:
Der Landtag wolle beschließen:
Die Landesregierung wird aufgefordert,
- die nicht von der Pflegeheimbetten-Bedarfs-Verordnung umfassten Pflegeheimbetten als Grundlage für den raschen Ausbau der Kurzzeitpflegebettenstruktur zu verwenden,
- wie im BEP 2025 vorgesehen den Bedarf an Lang- und Kurzzeitpflegebetten in der Pflegeheimbetten-Bedarfs-Verordnung gesondert auszuweisen,
- die nicht von der Pflegeheimbetten-Bedarfs-Verordnung umfassten Pflegeheimbetten nicht zur Forcierung der Fehlplatzierung psychisch kranker Menschen zu verwenden und
- zeitnah ausreichende Angebote an kleinen, regionalen, betreuten Wohneinheiten nach den Qualitätskriterien der LEVO des StBHG für Menschen mit sozialpsychiatrischen Diagnosen zu schaffen, damit diese nicht mehr in Altenheimen untergebracht werden müssen.
Unterschrift(en):
LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Dipl.-Ing.(FH) Lara Köck (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne), LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne)