EZ/OZ: 1046/1
Dringliche Anfrage (§ 68 GeoLT)
eingebracht am 13.01.2021, 08:53:32
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne)
Fraktion(en): Grüne
Regierungsmitglied(er): Landesrat Johann Seitinger
Betreff:
Für eine nachhaltige, klima- und umweltfreundliche Landwirtschaft
Der Landwirtschaftssektor ist eng im Ursache-Wirkungsgeflecht der globalen Klima- und Biodiversitätskrise eingebettet. Einerseits werden in der landwirtschaftlichen Produktion relevante Mengen an klimaaktivem C02 (und CO2-Äquivalenten) emittiert (ca. 19 % der steirischen Treibhausgasemissionen im Non-ETS-Bereich) und, v.a. im Bereich der intensiven Bodennutzung, wertvolle Naturlebensräume zunehmend degradiert und artenärmer gemacht. Andererseits stellen die forstwirtschaftlich genutzten Wälder wichtige CO2-Senken (Klimaregulatoren) dar und extensiv bewirtschaftete Grünflächen, wie magere Kulturgraslandtypen (also beispielsweise Magerwiesen und -weiden), gehören gerade aufgrund der spezifischen Bewirtschaftung zu den artenreichsten Lebensräumen überhaupt.
Die große Herausforderung im heimischen Landwirtschaftssektor wird also sein, den prognostizierten steigenden Lebensmittelbedarf zukünftig bestmöglich zu decken, aber gleichzeitig den notwendigen Beitrag zu den nationalen Klima- und Energiezielen zu leisten sowie den rasanten Artenverlust auf Agrar-Flächen entgegenzuwirken. Das alles kann nur dann gelingen, wenn die BewirtschafterInnen für ihre Arbeit fair entlohnt und die richtigen Anreize für klima- und umweltfreundliche Nutzungsformen geschaffen werden. Immer mehr LandwirtInnen, v.a. jene die kleinstrukturiert und nach hohen ökologischen Standards wirtschaften, werfen aufgrund von wirtschaftlichen Engpässen das Handtuch. Die Aufgabe landwirtschaftlicher Betriebe zwischen 1995 und 2016 war in Österreich ganz klar mit der Betriebsgröße korreliert, wobei der Rückgang bei Kleinstbetrieben zwischen 5 und 10 ha bei 50-70 % lag (Statistik Austria; 2018). In der Steiermark nahm die Fläche der Almen und Bergmähder (das sind artenreiche Flächen, die zudem eine tierwohlgerechte Haltung erlauben) zwischen 1999 und 2018 von 114.000 ha auf 40.000 ha ab (siehe „Die steirische Landwirtschaft in Zahlen 2019“, Landwirtschaftskammer). Da der landwirtschaftliche Sektor am stärksten von der Klimakrise betroffen ist, wird sich die Situation der BewirtschafterInnen zukünftig weiter verschärfen.
Um eine nachhaltige, klima- und umweltfreundliche Landwirtschaft zu erhalten und auszubauen, braucht es ein Maßnahmenpaket, das eine entsprechende Bewirtschaftung wieder honoriert und zwar sowohl monetär als auch in der öffentlichen Wahrnehmung!
Ein wesentlicher Schritt hierfür ist die Ökologisierung der Förderpolitik. Die Förderprämien für ökologische/extensive/klimafreundliche/tierwohlgerechte Bewirtschaftungsformen müssen deutlich erhöht werden. Darunter fallen beispielsweise Biodiversitätsprämien, Ausgleichszahlungen für benachteiligte Betriebe, Förderungen von regionalen Vermarkungswegen, Förderungen für klimafitte Waldbewirtschaftung etc., etc. Andererseits müssen Ausgleichszahlungen für Ernteausfälle und Kalamitäten, welche klimabedingt häufiger auftreten, angehoben werden, um ein wirtschaftliches Auskommen der BewirtschafterInnen zu gewährleisten. Aktuell fließen EU-weit etwa 80% der Flächenprämien an ca. 20% der Betriebe. Durch ein „Capping“ (Obergrenze für Fördergelder) würden heimische Betriebe beispielsweise mehr Geld erhalten.
Als weiterer Schritt muss das Bewusstsein der KonsumentInnen hinsichtlich der Auswirkungen einer intensiven nationalen Landwirtschaft (auf Klima, Biodiversität, Boden) geschärft werden, sodass die Bereitschaft, für ökologische Produkte einen Mehrwert zu zahlen, sukzessive steigt. Was die LandwirtInnen betrifft, muss die bewusstseinsbildende Arbeit bereits auf den landwirtschaftlichen Fachschulen beginnen, wo Vermittlung von Klima- und Naturschutzthemen eine hohe Priorität genießen sollte.
Gerade diese landwirtschaftlichen Fachhochschulen waren übrigens unlängst in anderer Sache medial präsent, nachdem sich sechs Direktoren in der Fachschule Kirchberg am Walde (Bezirk Hartberg-Fürstenfeld) vor Weihnachten zum Schnapsbrennen getroffen haben, wonach drei der Direktoren anschließend positiv auf Corona getestet wurden.
Es wird daher folgende
Dringliche Anfrage
gestellt:
1.) Wie beurteilt die Landesregierung den Trend, dass immer mehr kleine landwirtschaftliche Betriebe schließen, während die Zahl an Großbetrieben steigt? Was unternimmt die Landesregierung gegen den Verlust von Kleinbetrieben und warum greifen diese Maßnahmen offensichtlich nicht?
2.) Wie hat sich die wirtschaftliche Lage der landwirtschaftlichen Groß- (über 30 ha) und Kleinbetriebe (bis 30 ha) in den letzten 20 Jahren steiermarkweit entwickelt (durchschnittliches Jahreseinkommen)? Wie wurden die verfügbaren Fördergelder (aus nationalen und europäischen Fördertöpfen) auf diese zwei Betriebskategorien in den letzten 10 Jahren verteilt?
3.) Welche konkreten Maßnahmen werden Sie künftig setzen, um die landwirtschaftlichen Förder- und Ausgleichszahlungsmodelle in der Steiermark zu verbessern und damit die wirtschaftliche Situation von landwirtschaftlichen Betrieben, v.a. kleinstrukturierter Ökobetriebe, zu verbessern?
4.) Das Capping auf 60.000 Euro würde bedeuten, dass heimischen Betrieben etwa 19 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen. Umgerechnet könnte man so z.B. 1.900 heimischen kleinstrukturierten Betrieben eine Förderung von 10.000 Euro zukommen lassen oder aber jeden österreichischen Bio-Betrieb mit 700 Euro jährlich unterstützen. Werden sie sich für diese Maßnahme einsetzen?
5.) Laut Einschätzungen von ExpertInnen wird sich der Holzpreis in den kommenden 5 Jahren nicht verbessern – im Idealfall auf dem ohnehin prekären Stand bleiben bzw. sich möglicherweise weiter verschlechtern, während die Sägewerke Rekordergebnisse melden. Wie sieht Ihre Strategie aus, die Situation für ForstwirtInnen zu verbessern?
6.) Der Schneebruch vom Dezember 2020 hat für die Forstwirtschaft wieder zu Kalamitäten geführt – ist diesbezüglich eine Sonderhilfe geplant?
7.) Werden Sie sich insbesondere für höhere Förderung für Holzbau, Holz als Dämmstoff und Vorrang für Holzbau im öffentlichen Bau aus regionaler Waldwirtschaft stark machen?
8.) Die Bauern und Bäuerinnen im alpinen Raum haben seit 10 Jahren mit geringerem Ertrag zu kämpfen – inwiefern werden Sie diese Gruppe im speziellen unterstützen?
9.) Von Ihrem Büro wurde medial angekündigt, die Causa um die schnapsbrennenden Fachschuldirektoren „einer genauen Prüfung“ zu unterziehen. Wie lautet das Ergebnis dieser Prüfung? Haben weitere Personen an diesem Treffen teilgenommen?
Unterschrift(en):
LTAbg. Mag. Alexander Pinter (Grüne), LTAbg. Sandra Krautwaschl (Grüne), LTAbg. Lambert Schönleitner (Grüne), LTAbg. Georg Schwarzl (Grüne), LTAbg. Veronika Nitsche, MBA (Grüne)