EZ/OZ: 950/2
Schriftliche Anfragebeantwortung (§ 66 GeoLT)
eingebracht am 18.01.2021, 15:58:35
Zu:
950/1 Religionsbekenntnisse von Kindern an steirischen Pflichtschulen und Kindergärten
(Schriftliche Anfrage an ein Mitglied der Landesregierung (§ 66 GeoLT))
Landtagsabgeordnete(r): LTAbg. Patrick Derler (FPÖ), LTAbg. Marco Triller, BA MSc (FPÖ), LTAbg. Ewald Schalk (FPÖ)
Regierungsmitglied(er): Landesrätin Dr. Juliane Bogner-Strauß
Beilagen: Beilage1.xlsx, Beilage2.xlsx, 18_950_2_Beantwortung.pdf
Betreff:
Religionsbekenntnisse von Kindern an steirischen Pflichtschulen und Kindergärten
Die Anfrage vom 18.11.2020, Einl.Zahl 950/1 der Abgeordneten LTAbg. Patrick Derler, LTAbg. Ewald Schalk und LTAbg. Marco Triller, BA MSc betreffend "Religionsbekenntnisse von Kindern an steirischen Pflichtschulen und Kindergärten" beantworte ich wie folgt:
Frage 1
Wie hoch ist der Anteil (absolut und prozentuell) der jeweiligen Religionsbekenntnisse von Kindern
in steirischen Pflichtschulen im Schuljahr 2020/2021 (insgesamt und gegliedert nach Schulart bzw.
Standorten)?
In Zusammenhang mit der Religionsausübung im Schulbereich ist lediglich bekannt, wie viele Schüler/innen am jeweiligen Religionsunterricht teilnehmen. Vgl. dazu auch Beilage 1.
Es wird explizit darauf hingewiesen, dass dies keine verlässliche Aussage betreffend die Religionsbekenntnisse ist, weil beispielsweise Schüler/innen, die einer Religionsgemeinschaft angehören, sich dennoch vom Besuch des Religionsunterrichts abmelden können.
Frage 2
Wie hoch war der Anteil (absolut und prozentuell) der jeweiligen Religionsbekenntnisse von
Kindern in steirischen Pflichtschulen im Schuljahr 2019/2020 (insgesamt und gegliedert nach
Schulart bzw. Standorten)?
Siehe Beantwortung Frage 1 bzw. Beilage 2.
Frage 3
Werden die Religionsbekenntnisse von Kindern an öffentlichen Kindergärten in der Steiermark
bereits zentral und standortspezifisch erhoben?
Das neue Steiermärkische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz 2019 (StKBBG 2019), LGBl. Nr. 95/2019, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 77/2020, sieht in § 6 vor, dass in öffentlichen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, in denen die Mehrzahl der Kinder einem christlichen Religionsbekenntnis angehört, ein leicht sichtbares Kreuz anzubringen ist. Diese Änderung in Bezug auf die „religiöse und ethische Bildung“ ist mit Beginn des Kinderbetreuungsjahres 2020/2021 in Kraft getreten und wurde, wie in der Anfrage richtig ausgeführt, zur Angleichung an § 49 Abs. 2 Satz 2 Steiermärkisches Pflichtschulerhaltungsgesetz 2004 vorgenommen.
Wie bereits in der Beantwortung zu EZ 3311/1 betreffend „Religionsbekenntnisse von Kindern an steirischen Pflichtschulen und Kindergärten im Schul- bzw. Kinderbetreuungsjahr 2018/19“ ausgeführt, ergibt sich daraus, dass die Erhalterin/der Erhalter der Einrichtung die Anzahl der betreuten Kinder mit christlichem Religionsbekenntnis, nicht aber jene mit anderen Religionsbekenntnissen verpflichtend zu erheben hat. Im Gegensatz zu den Schulen, wo nach dem Religionsunterrichtsgesetz für alle Schülerinnen/Schüler, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören, der Religionsunterricht ihres Bekenntnisses Pflichtgegenstand ist, trifft dies für die Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen nicht zu.
Alle öffentlichen und privaten Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen erheben einerseits die Kinder mit christlichem Religionsbekenntnis und ermitteln andererseits, ob ein leicht sichtbares Kreuz in diesen Einrichtungen angebracht ist. In 80% der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen in der Steiermark, nämlich in 862 von 1.078, ist demnach ein Kreuz angebracht. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen, wonach in öffentlichen Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtungen, in denen die Mehrzahl der Kinder einem christlichen Religionsbekenntnis angehört, ein Kreuz anzubringen ist, müsste dies lediglich in 399 öffentlichen Einrichtungen erfolgen. Tatsächlich sind in weitaus mehr öffentlichen Einrichtungen, nämlich in 588, Kreuze zu finden. Darüber hinaus sind in 274 privaten Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen Kreuze angebracht, obwohl diesbezüglich keine gesetzliche Verpflichtung besteht.
Träger von Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen erheben zwar das Religionsbekenntnis der Kinder, um die Bestimmungen des § 6 leg. cit. erfüllen zu können, denn nur wenn bekannt ist, welches Bekenntnis die eingeschriebenen Kinder haben, kann mit den jeweiligen gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaften zusammengearbeitet bzw. können religiöse Feste dementsprechend gestaltet werden. Eine Verpflichtung zur Weitergabe der von den Trägern erhobenen Daten an das Land Steiermark betreffend die Anzahl der Kinder mit christlichem Religionsbekenntnis besteht allerdings nicht.
Durch die Bestätigung, dass ein Kreuz in einer öffentlichen Kinderbildungs- und ‑betreuungseinrichtung angebracht ist, auch wenn kein Kind mit christlichem Religionsbekenntnis eingeschrieben ist, wird die gesetzlich normierte Kreuzpflicht erfüllt.
Frage 4
Wenn ja, wie hoch war bzw. ist der Anteil (absolut und prozentuell) der jeweiligen
Religionsbekenntnisse von Kindern in öffentlichen Kindergärten in der Steiermark jeweils im
Kinderbetreuungsjahr 2019/20 und 2020/21 (insgesamt und gegliedert nach Standorten)?
Die Daten über die Religionsbekenntnisse der in den steirischen Kindergärten betreuten Kinder werden nicht zentral erhoben.
Frage 5
Wenn nein, warum nicht?
Wie oben ausgeführt, hat die Erhalterin/der Erhalter der Einrichtung auf Grund § 6 StKBBG 2019 die Anzahl der betreuten Kinder mit christlichem Religionsbekenntnis, nicht aber jene mit anderen Religionsbekenntnissen verpflichtend zu erheben. Es gibt daher auch auf Grund des neuen § 6 StKBBG 2019 keine gesetzliche Ermächtigung dazu, die Religionsbekenntnisse von allen Kindern an öffentlichen Kindergärten in der Steiermark zentral und standortspezifisch zu erheben.
Frage 6
Wie beurteilen Sie aus fachlicher Sicht den Umstand, dass – der Anfragebeantwortung mit der
EinlagezahlErhalter nur die Anzahl der betreuten Kinder mit christlichem Religionsbekenntnis, nicht
aber jene mit anderen Religionsbekenntnissen verpflichtend erheben sollen?
Da die Religionsbekenntnisse von Kindern an öffentlichen Kindergärten in der Steiermark weder für die Vollziehung des Steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes noch für die Gewährung von Förderungen nach dem Steiermärkischen Kinderbetreuungsförderungsgesetz relevant sind, spielt dieser Umstand diesbezüglich keine Rolle. Diese Angaben werden von den Erhalterinnen/Erhaltern meist im Zuge der Einschreibung im Kindergarten ohnehin auf freiwilliger Basis von den Eltern abgefragt und dienen dem Kindergartenpersonal zur Vorbereitung der pädagogischen Arbeit (Ausgestaltung der religiösen und ethischen Bildung gemäß § 4 iVm § 6 StKBBG 2019). Damit ergeben sich auch aus fachlicher Sicht keine Bedenken.
Frage 7
Wäre es Ihrer fachlichen Ansicht nach nicht zielführender, die Religionsbekenntnisse sämtlicher
Kindergartenkinder zu erheben?
Es ist zwar für Pädagoginnen/Pädagogen wichtig, über die Lebensumwelt der Kinder Bescheid zu wissen, eine zentrale Erhebung der Religionsbekenntnisse ist aufgrund des klaren Bildungsauftrages aus fachlicher Sicht jedoch nicht erforderlich.
Frage 8
Wenn ja, werden Sie sich dafür einsetzen, dass künftig sämtliche Religionsbekenntnisse in
steirischen Kinderbetreuungseinrichtungen erhoben werden?
Siehe Beantwortung Frage 7.
Frage 9
Wenn nein, warum nicht?
Eine kultur- und religionssensible Bildung ist wesentlicher Bestandteil und gesetzlicher Auftrag in der elementaren Bildungsarbeit. In § 6 StKBBG 2019 ist geregelt, dass in den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen eine altersangemessene und nach ethischen und religiösen Werten orientierte Erziehung erfolgen muss. Detailliert ausgeführt werden diese Erziehungsziele in den pädagogischen Grundlagendokumenten. In allen öffentlichen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen werden demnach christliche Bräuche und Feste, wie Ostern oder Weihnachten, gefeiert. Um unter anderem den handlungsleitenden Prinzipien in den pädagogischen Grundlagendokumenten wie „Lebensweltorientierung und Individualisierung“ und den umzusetzenden Werten wie „Toleranz und Offenheit“ zu entsprechen, werden von der Gruppenkonstellation ausgehend in einigen Einrichtungen aber auch andere religiös geprägte Feste kennengelernt bzw. zusätzlich zu den christlich geprägten Festen und Bräuchen beachtet. Das Wissen um die individuelle Lebenswelt der Kinder ist für Pädagoginnen/Pädagogen hierbei relevant, da sie an die Vorerfahrungen der Kinder anknüpfen und als Basis für ein respektvolles Miteinander in einer Gruppe die unterschiedlichen weltanschaulichen und religiösen Traditionen nutzen und Kinder entwicklungsangemessen beteiligen. Eine zentrale Erhebung der Religionsbekenntnisse ist aufgrund des klaren Bildungsauftrages daher aus fachlicher Sicht nicht erforderlich.
Frage 10
An wie vielen Berufsschulstandorten in der Steiermark wird im Schuljahr 2020/21
Religionsunterricht angeboten (bekanntlich ist dieser an Berufsschulen in der Steiermark nicht
verpflichtend vorgesehen) und wie viele Schüler besuchen diesen aktuell (insgesamt und gegliedert
nach Standorten)?
Für das Schuljahr 2020/21 können die geforderten Daten erst Ende Mai übermittelt werden – nach Beginn des letzten Jahrganges. Mit dem 2. Lehrgang wurde erst am 19. November 2020 gestartet.
Im ersten Lehrgang wurde mit 3. November 2020 der Religionsunterricht gemäß Verordnung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung der Religionsunterricht ausgesetzt, da Religion im Berufsschulbereich ein Freigegenstand ist.
Frage 11
Wie hoch ist der Anteil (absolut und prozentuell) der jeweiligen Religionsbekenntnisse von Schülern
in den steirischen Landesberufsschulen im Schuljahr 2020/2021 (insgesamt und gegliedert nach
Schulart bzw. Standorten)?
Siehe Beantwortung Frage 10.
Frage 12
An wie vielen Berufsschulstandorten in der Steiermark wird im Schuljahr 2020/21 Ethikunterricht
angeboten und wie viele Schüler besuchen diesen aktuell (insgesamt und gegliedert nach
Standorten)?
In den Berufsschulen findet kein Ethikunterricht statt.
Frage 13
In wie vielen steirischen Pflichtschulen wird im Schuljahr 2020/21 Ethikunterricht angeboten und
wie viele Schüler besuchen diesen aktuell (insgesamt und gegliedert nach Schulart bzw.
Standorten)?
In den Pflichtschulen findet kein Ethikunterricht statt.
Landesrätin Dr.in Juliane Bogner-Strauß